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Urteil: AK gewinnt gegen FLAGA

Der OGH hat die Vertragsbindungen und eine Preisgleitklausel für gesetzwidrig erklärt.

Die BAK hat FLAGA wegen zahlreicher gesetzes- und sittenwidriger Klauseln (Vertragsformblätter bis Juni/Juli 2002) geklagt. FLAGA hat im Verfahren erster Instanz bezüglich der meisten Klausel einen Unterlassungsvergleich abgeschlossen. Bezüglich der bis in die dritte Instanz strittig gebliebenen drei Klauseln bestätigte der OGH die Rechtsansicht der BAK.

Zwei Klauseln betreffen einen vertraglich vereinbarten Kündigungsverzicht auf fünf Jahre .

Dieser ist nach der OGH-Entscheidung sowohl bei Neuabschluss eines Flüssiggasliefer- und Bestandsvertrages als auch bei einer Zusatzvereinbarung zu einem bereits bestehenden Vertrag unwirksam.

Während die Klausel, bei der der Kündigungsverzicht auf fünf Jahre bei Vertragsabschluss vereinbart wurde, von allen drei Instanzen für unzulässig angesehen wurde, so sahen das LG Korneuburg und das OLG Wien den Kündigungsverzicht auf fünf Jahre bei der Vertragsverlängerung als zulässig an, erst der OGH bestätigte die Unzulässigkeit dieser Klausel. Er führte aus, dass der Verbraucher bei Abschluss der Zusatzvereinbarung ebenso schutzbedürftig ist, als beim Eingehen einer fünfjährigen Bindung im Rahmen eines Neuabschlusses. Die beiden Untergerichte hatten ihre Rechtsansicht damit begründet, dass es sich bei der Klausel in der Zusatzvereinbarung um eine bloße Entgeltabrede zu einem bestehenden Vertrag handle, und dass sich der Regelungszweck des § 15 KSchG lediglich darauf beziehe, Verbraucher vor unangemessenen langen Vertragsbindungen beim erstmaligen Vertragsabschluss zu bewahren. Als unerheblich erachtete der OGH auch den Einwand der beklagten Partei, dass der "Durchschnittsverbraucher" die Kalkulation eines Unternehmers ohnedies nicht verstehe, und sich daher eine Bekanntgabe der Aufwendungen erübrige. Es sei Sache des Unternehmers, der Verträge nach § 15 Abs 1 KSchG abschließt, eine Formulierung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu finden, die dem Verbraucher in verständlicher Form erkennen lässt, welche besonderen Mehraufwendungen das Unternehmen treffen, wenn es mit einem bestimmten Verbraucher (oder mit einer bestimmten Verbrauchergruppe) abschließt. Ist ihm dieser Formulierungsaufwand zu hoch oder gelingt ihm die Formulierung nicht, stehen ihm die Dispositionsmöglichkeiten nach § 15 Abs 3 KSchG nicht zu.

FLAGA Kunden haben somit die Möglichkeit den Liefervertrag bereits zum Ende des ersten Vertragsjahres, und danach halbjährlich unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist von zwei Monaten zu kündigen. Die Vereinbarung einer ein Jahr übersteigenden Laufzeit, die der Gesetzgeber unter bestimmten Voraussetzung als zulässig ansieht, sah der OGH im konkreten Fall als unzulässig an, da FLAGA in den klagsgegenständlichen Klauseln seinen Kunden die konkreten erheblichen Aufwendungen, die mit dem Vertrag verbunden sind, und eine längere Laufzeit rechtfertigen könnten, nicht bekannt gibt. Der OGH stellt in seiner Entscheidung klar, dass die konkreten erheblichen Aufwendungen selbst bekanntzugeben sind, und ein bloßer Hinweis auf den Umstand, dass mit der Vertragserfüllung erhebliche Aufwendungen verbunden sind, nicht ausreicht. Diese habe "eine reine Alibifunktion, da sie dem Verbraucher keine Beurteilung der für seine Kalkulation maßgeblichen Umstände vor Vertragsabschluß erlaubt. Daher wird sie dem beabsichtigten Schutzzweck des § 15 KSchG nicht gerecht."

Die dritte Klausel betraf einen Preisänderungsvorbehalt für einen Zuschlag (Transportkostenbeitrag von "derzeit" ...........), der verrechnet wird, wenn nur geringe Flüssiggasmengen bestellt werden. Der OGH stellte unmissverständlich fest, dass diese Klausel dem Regime von § 6 Abs 1 Z 5 KSchG unterliegt, und verwarf die Argumentation von FLAGA, dass es sich bei dieser Klausel um keine Preisgleitklausel handle, da niemals ein Festpreis vereinbart, sondern ein veränderlicher Preis vereinbart worden sei, der nicht unter das KSchG zu subsumieren sei. Der OGH pflichtete FLAGA zwar bei, dass der Hinweis "derzeit" darauf hin deutet, dass es sich um einen veränderbaren Preis handle, stellte dazu aber unmissverständlich fest, dass "der Schutzzweck ........... allerdings gleich bleibe, unabhängig davon, ob der ursprünglich vereinbarte Preis für kürzere oder längere Zeit "fest" bleibt, bevor er seine erste Veränderung (regelmäßig: Erhöhung) erfährt."

OGH 9 Ob 241/02k
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Klagevertreter: Dr. Walter Reichholf

Eine vierte Klausel , wonach der Bestandnehmer verpflichtet ist, auftretende Mängel am Bestandgegenstand unverzüglich dem Bestandgeber in dessen nächstgelegener Betriebsstätte zu der deren Behebung zu melden, wurde in den beiden Unterinstanzen verloren, und war nicht mehr Gegenstand der Revision. Sowohl das LG Korneuburg als auch das OLG Wien sahen in dieser Klausel keine Einschränkung der Gewährleistungsrechte des Verbrauchers, da keinerlei Rechtsverlust des Verbrauchers für die unverzügliche Meldung vorgesehen ist. Es handle sich gerade nicht um eine Rügepflicht , die zu einem Gewährleistungsausschluss führen würde, sondern um eine Obliegenheit des Kunden, die dieser im Hinblick auf die durch Flüssiggas mögliche Gefährdung von Menschen und Umwelt sowie des Tanks, hätte. Ein Verstoß gegen § 9 KSchG liege daher nicht vor.

FLAGA Kunden haben mit dem OGH-Urteil endlich die Möglichkeit auch vor Ablauf der Vertragszeit den Vertrag zu beenden. Interessant ist dies vor allem für Kunden, die die Möglichkeit haben an das Erdgas angeschlossen zu werden. Denn selbst diese kamen bisher in der Regel nur bei Bezahlung einer Pönale vorzeitig aus dem Vertrag. Aber auch der günstigere Preis eines anderen Lieferanten mag für den einen oder anderen Kunden eine Vertragsbeendigung überlegenswert machen. Zu beachten ist dabei allerdings, dass die meisten Kunden die Flüssiggastanks nur gemietet haben, und verpflichtet sind, die Tanks bei Auflösung des Vertrags an FLAGA zurückzustellen. Ist absehbar, dass Flüssiggas auf Dauer gebraucht wird, ist auch der Kauf eines Flüssiggastanks ökonomisch überlegenswert. Denn in diesem Fall sind wohl keine erheblichen Mehraufwendungen des Flüssiggasbieters denkbar, die bei Vertragsabschluss bekanntgegebenen, eine ein Jahr übersteigende Bindungsdauer überhaupt rechtfertigen könnten.

Auch Flüssiggasbezieher anderer Anbieter sind von dem Urteil betroffen, da auch in diesen Verträgen den Kunden die konkreten erheblichen Mehraufwendungen, die Laufzeiten über ein Jahr rechtfertigen würden, ebenso nicht bekanntgegeben werden.

Die BAK bezweifelt generell, ob den Flüssiggasunternehmen bei der Lieferung von Flüssiggas selbst für den üblichen Fall, dass gleichzeitig ein Flüssiggastank gemietet wird, erhebliche Aufwendungen entstehen, da anders wie bei anderen Energieversorgungsunternehmen keine Netzinvestitionen notwendig sind, und die von FLAGA in den Neuverträgen angeführten Aufwendungen wie Anlieferung und Installation des Tanks, Wartung und Rücktransport ohnedies vom Kunden bezahlt werden.

Die von der Bundesarbeitskammer geführte Verbandsklage (abgegebene Unterlassungsvergleich vom 23.01.2002 und das OGH-Urteil) haben zu Gunsten der FLAGA Kunden wesentliche Erfolge gebracht:

Beendigung des Bezugsvertrag ist bereits nach einer Laufzeit von einem Jahr möglich, danach halbjährlich. Davon profitieren in erster Linie Konsumenten, die die Möglichkeit haben an Erdgas angeschlossen zu werden.

  • Flaga ist nicht nur zu Preiserhöhungen berechtigt, sondern muss auch Preissenkungen an Kunden weitergeben
  • Kosten für die Rückstellung des Tanks sowie der Demontage dürfen nicht gefordert werden
  • Aliquote Kosten für behördliche Prüfungen, die anlässlich der Beendigung von Flüssiggasverträgen in Rechnung gestellt wurden, dürfen ebenso nicht mehr verlangt werden

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