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Urteil: BAWAG P.S.K.: Unzulässige Klauseln zu Mahnkosten und Verzugszinsen

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) führt im Auftrag der AK Oberösterreich eine Verbandsklage gegen die BAWAG P.S.K. und bekam vor dem Oberlandesgericht Wien (OLG Wien) Recht. Die Klauseln über die Mahnkosten und die Verzugszinsen entsprechen nicht den gesetzlichen Vorgaben.

Folgende Klauseln, die die BAWAG P.S.K. Bank für Arbeit und Wirtschaft und Österreichische Postsparkasse AG im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern verwendet, hat das OLG Wien für unzulässig erklärt:

Klausel 1: "Bei Zahlungsverzug wird Ihnen ein Verzugszinssatz in Höhe 5,0% p.A. zusätzlich zu den jeweiligen Sollzinssätzen und Mahnkosten berechnet."

Nach dem OLG Wien enthält Klausel 1 nicht nur die Bestimmung der Höhe des Verzugszinssatzes, sondern sieht vor, dass der Verbraucher im Fall des Zahlungsverzugs sowohl Verzugszinsen als auch (zusätzlich) Mahnkosten zu zahlen hat. Bei der Vereinbarung von Verzugszinsen - wie hier - mit einem die üblichen Zinsen übersteigenden Zinssatz handelt es sich - wie das OLG Wien ausführt - um eine Vertragsstrafe (vgl. 6 Ob 120/15p), die dem vereinfachten Ausgleich der dem Gläubiger aus einer trotzdem erfolgten Vertragsverletzung erwachsenden Nachteile durch Pauschalierung seines Schadenersatzanspruchs dient (pauschalierter Schadenersatz; RIS-Justiz RS0032013 [T7]).  Nach Klausel 1 wird der Verbraucher daher laut OLG Wien dazu verpflichtet, der BAWAG P.S.K. in jedem Verzugsfall Schadenersatz in Form von Verzugszinsen und von Mahnkosten zu leisten. Da ein Verschulden des Kreditnehmers am Zahlungsverzug in der Klausel für den Eintritt der Verzugsfolgen nicht als Voraussetzung genannt ist, genügt dafür bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung, die das OLG Wien vornimmt, ein objektiver (unverschuldeter) Verzug. Es entspricht - wie das OLG Wien ausführt - der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass eine Klausel in einem Vertragsformblatt, die den Verbraucher zur Zahlung von Schadenersatz verpflichtet, auch wenn ihn am Verzug kein Verschulden trifft, zu einer gröblichen Benachteiligung nach § 879 Abs 3 ABGB führt, (vgl. 1 Ob 105/14v zu Klausel 5 mwN). Schon deshalb (und weil im Verbandsprozess eine geltungserhaltende Reduktion ausscheidet) kann die Klausel 1 laut OLG Wien - wie das Erstgericht zu Recht erkannt hat - keinen Bestand haben.

Darüber hinaus erkennt das OLG Wien, dass die Klausel § 1333 Abs 2 ABGB widerspricht, weil die Ersatzpflicht des Verbrauchers nicht voraussetzt, dass es sich bei den in Rechnung gestellten Mahnkosten um die notwendigen Kosten zweckentsprechender Betreibungs- und Einbringungsmaßnahmen der BAWAG P.S.K. handelt, die in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen.

Die beanstandete Verzugszinsenregelung verstößt außerdem laut OLG Wien gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG, das eine durchschaubare, möglichst klare und verständliche Formulierung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen verlangt, um sicherzustellen, dass der für die jeweilige Vertragsart typische Verbraucher zuverlässig über seine Rechte und Pflichten bei der Vertragsabwicklung informiert wird. Es soll verhindert werden, dass er von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird oder ihm unberechtigt Pflichten abverlangt werden (2 Ob 20/15b mwN). Diesen Anforderungen wird die Verzugszinsenregelung in der Klausel laut OLG Wien nicht gerecht. Für den durchschnittlichen Verbraucher bleibt nämlich - wie das OLG Wien ausführt - unverständlich, mit welchen Verzugszinsen er zu rechnen hat und wie diese abgerechnet werden sollen. Die Bestimmung der Höhe des Verzugszinssatzes mit "5 % p.a. zusätzlich zu den jeweiligen Sollzinssätzen" lässt ihn laut OLG Wien nicht erkennen, ob damit der Verzugszinssatz in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Sollzinssatz festgesetzt wird oder ob lediglich zuzüglich zu den jeweiligen Kreditzinsen Verzugszinsen von 5 % per anno vom überzogenen Betrag zur Verrechnung gelangen sollen. Hinzu kommt nach dem OLG Wien, dass der durchschnittliche Kreditnehmer auch keine Klarheit über die Frage einer Kapitalisierung der Verzugszinsen erhält. 

Das OLG Wien beurteilt die Verzugszinsenregelung in Klausel 1 somit jedenfalls als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB sowie intransparent im Sinne des § 6 Abs 3 KSchG und daher als unzulässig.

Klausel 2: "Die Mahnkosten sind abhängig von der Dauer des Verzugs und werden pro Kreditbeteiligtem belastet."

Das OLG Wien beurteilte die Klausel nach der zu Klausel 1 zitierten oberstgerichtlichen Rechtsprechung schon deswegen als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB, weil die Klausel 2 - ebenso wie Klausel 1 - nur auf einen objektiven Zahlungsverzug abstellt und damit kein Verschulden des Verbrauchers voraussetzt.

Weiters ist laut OLG Wien der Hinweis, die Höhe der Mahnkosten sei von der Dauer des Verzugs abhängig, intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, weil gerade das Preisblatt, auf das zur Erläuterung der Mahnkosten verwiesen wird, deren Höhe nicht von der Dauer des Verzugs, sondern von der Art bzw. der Reihenfolge der Betreibungsschritte der BAWAG P.S.K. abhängig macht.

Klausel 3: "[Preisblatt bezüglich der Entgelte und gesetzlichen Gebühren für Verbraucher- und Kommerzkredite (Stand 1.1.2016):]

Mahnungen

Zahlungserinnerung pro Kreditbeteiligte EUR 22,00

Mahnung pro Kreditbeteiligte EUR 33,00

letzte Mahnung pro Kreditbeteiligte EUR 55,00

Versicherungsprämienmahnung (ab der 2. Urgenz) EUR 50,00

Verzugszinsen vom überzogenen Betrag:

Privatkredit 5,00% p.a."

Der Oberste Gerichtshof hat bereits zu 1 Ob 105/14v (dort Klausel 5) und zu 9 Ob 31/15x (dort Klausel 31) vergleichbare Klauseln, die eine Staffelung der Mahnkosten mit pauschalen Beträgen von EUR 20,-- bis EUR 60,-- vorsahen, für unzulässig erklärt, weil damit entgegen § 1333 Abs 2 ABGB auf ein angemessenes Verhältnis zur betriebenen Forderung nicht Bedacht genommen wurde und nicht nachvollziehbar war, weshalb die Kosten für die einzelnen Mahnstufen unterschiedlich sind. 

Das OLG Wien gab daher dem Erstgericht Recht, das in Anwendung dieser OGH-Rechtsprechung, die Klausel als gesetzwidrig beurteilt hat.

Da bereits die Verzugszinsenregelung selbst, wie sie in Klausel 1 enthalten ist und vom OLG Wien ausgeführt wurde, gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB und intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG ist und der Verbraucher allein aus der Festsetzung der Höhe des Verzugszinssatzes mit 5 % p.a. vom überzogenen Betrag nicht erkennen kann, an welche weiteren Voraussetzungen die Verrechnung von Verzugszinsen anknüpft und wie deren Abrechnung genau erfolgen soll, untersagte das OLG Wien der BAWAG P.S.K. auch die Festsetzung eines Verzugszinssatzes von 5 % p.a. in Klausel 3.

Der Berufung der BAWAG P.S.K. wurde somit nicht Folge gegeben.

Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen.

Die Entscheidung ist rechtskräftig. (15.3.2017)

OLG Wien 26.01.2017, 5 R 149/16t
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

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