Eine Konsumentin schloss im Jahr 1998 über einen Versicherungsmakler eine Lebensversicherung bei einer österreichischen Versicherung ab. Sie erhielt in der Folge eine Polizze mit einer Auflistung der prämienfreien Werte und der Rückkaufswerte bis Vertragsende. Nach vier Jahren Laufzeit kündigte die Konsumentin die Lebensversicherung. Die Versicherung bezahlte nur rund 68 % der bis dahin einbezahlten Prämien als Rückkaufswert aus, der Rückkaufswert wurde dabei nach dem Geschäftsplan berechnet.
In den der Versicherung zu Grunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Kapitalversicherung auf den Todesfall war zum Rückkaufswert folgende Regelung enthalten:
§ 6 Abs 4: "Der Rückkaufswert entspricht nicht der Summe der bezahlten Prämien. Er errechnet sich wegen des gebotenen Versicherungsschutzes und der angefallenen Kosten nach den hiefür geltenden Vorschriften und tariflichen Grundlagen."
Derartige Rückkaufswerte-Regelungen wurden kürzlich bereits vom OGH in den Urteilen vom 17.1.2007 als gesetzwidrig beurteilt (vgl. etwa: 7 Ob 131/06z - VR-Info 3-2007). Dabei ließ der OGH die Folgen einer derartigen gesetzwidrigen Regelung offen. Es blieb somit unklar, ob ein höherer Rückkaufswert jedenfalls argumentierbar ist.
Die Versicherung hatte im konkreten Verfahren unter anderem damit argumentiert, dass die Rückkaufswerte durch die Tabelle in der Polizze vereinbart worden seien. Auch der Tarif (Geschäftsplan) als Basis der Abrechnung wäre Vertragsinhalt geworden. Die Abrechnung sei daher vertragskonform.
Das BGHS weist darauf hin, dass sich die Rückkaufswerttabelle weder im Versicherungsantrag befindet noch darin erwähnt wird. Daher ist die Tabelle nur als Wissenserklärung anzusehen, da jeder Hinweis, dass diese Rückkaufswerte dem Vertrag zugrunde liegend vereinbart worden sein soll, fehlt. Das Anführen der Rückkaufswerte in der Polizze stellt auch keine selbständige Vereinbarung der Rückkaufswerte dar, da sie jedenfalls vom Erklärungswillen des Versicherungsnehmers bei Vertragsabschluss schon mangels Verweis nicht umfasst sein kann.
Auch in den Versicherungsbedingungen findet sich kein Verweis auf die Tabelle. Die Versicherungsbedingungen selbst enthalten nur einen allgemeinen Verweis auf die für die Berechnung geltenden Kosten und tariflichen Grundsätze, was als vollkommen intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG zu beurteilen ist.
Da § 6 Abs 4 der Versicherungsbedingungen gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG verstößt, steht der Konsumentin nach dem BGHS ein Schadenersatzanspruch zu. Das Gericht spricht daher den (der Höhe nach unstrittigen) Betrag von € 913,-- zu, welcher sich aus der Verteilung der Abschlusskosten auf die ersten fünf Jahre der Laufzeit ergibt.
Mit dem vorliegenden Urteil wird erstmals gerichtlich klargestellt, welche Folgen sich aus der Gesetzwidrigkeit einer Rückkaufswertklausel ergeben. Das Gericht geht dabei davon aus, dass dem Versicherungsnehmer ein Schadenersatzanspruch zusteht. Eine Verteilung der Abschlusskosten auf die ersten fünf Jahre im Sinn des VersRÄG 2006 ist angezeigt.
Damit liegt auch eine erfreuliche Klarstellung für die im Auftrag des BMSK geführte Sammelaktion des VKI zur Unterstützung bei rückgekauften Lebensversicherungen vor. Der VKI schätzt dabei die Schäden nach einem Rückkauf von Lebensversicherungen ab und macht diese gegenüber den Versicherungen geltend.
Urteil: BGHS Wien 28.03.2007, 12C 1937/05y
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien