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Urteil: Erfolg gegen Versicherer - gestohlener Laptop muss ersetzt werden

Im Auftrag des BMASK übernahm der VKI die Ausfallhaftung in einem Rechtsstreit gegen einen Sachversicherer. Es ging um die Frage des Versicherungsschutzes infolge Diebstahls eines Laptops in einem frei zugänglichen Computerraum der Technischen Universität Wien. Der Versicherer lehnte den Versicherungsschutz mit lebensfremder Begründung ab.

Der Kläger bezahlte für seinen Laptop der Marke Sony den Kaufpreis von € 1.199,-. Er schloss mit dem gegnerischen Versicherer (mit Sitz in Deutschland) eine Sachversicherung für den Laptop ab. In den Versicherungsbedingungen für den Notebook-Schutzbrief  war unter dem Titel " versicherte Gefahren" zu lesen, dass während der gesamten Vertragszeit Versicherungsschutz bei Abhandenkommen des Gerätes durch Diebstahl bestünde; dies falls würde der Selbstbehalt jedoch 25% betragen. Weiters stand in der Polizze, dass alle den Vertrag betreffenden Erklärungen schriftlich gegenüber dem Vermittler dieses Schutzbriefes abzugeben sind.

Am 3.10.2006 hielt sich der Kläger im Rahmen einer Projektarbeit mit zwei Bekannten in einem Computerraum der Technischen Universität Wien auf. Der Raum war für alle Personen frei zugänglich. Der Eingangsbereich der technischen Universität wird grundsätzlich videoüberwacht. Der Kläger saß an einem Computerarbeitsplatz in der dritten Reihe mit dem Rücken zum Ausgang. Als sich der Kläger dort aufhielt, waren nur wenige Personen anwesend; es war aber ein Kommen und Gehen. Rechts vom Kläger saß sein Bekannter, mit dem er immer wieder Gespräche führte bzw. Sachen auf dessen PC ansah. Diese sporadischen Kontakte zu seinem Bekannten waren aber nur von kurzer Dauer, das heißt nicht länger als fünf Minuten.

Die schwarze Tasche mit dem später entwendeten Laptop platzierte der Kläger etwa 10-15cm von ihm entfernt am Boden beim linken Tischbein auf seiner Seite des Tisches. Während der Kläger ein Gespräch mit seinem Sitznachbarn führte, kam es zum Diebstahl der Laptoptasche samt Computer. Niemand unter den Anwesenden bemerkte den Diebstahl. Der Eingangsbereich wurde zu diesem Zeitpunkt nicht videoüberwacht, da die Kameras defekt waren.   In weiterer Folge erstattete der Kläger eine Diebstahlsanzeige.

Der Kläger schickte die polizeiliche Anzeigenbestätigung, einen detaillierten Schadensbericht sowie eine Kopie des Kaufbelegs an den Vermittler der Sachversicherung, der den Schadensfall als nicht ersatzfähig ablehnte.
Ein Versicherungsschutz bestehe gemäß der dem Vertrag zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen nur dann - so der Vermittler - wenn das Gerät in persönlichem Gewahrsam mitgeführt werde; dabei würde es nicht ausreichen, dass sich das Notebook neben dem Kläger befunden habe, während dieser am PC arbeitete. Weiters ließ der Vermittler den Kläger wissen, dass unter dem sicheren Mitführen von Wertgegenständen in persönlichem Gewahrsam die sofortige Zugriffsmöglichkeit auf das Gerät verstanden werde. Dabei müsste die Wertsache so nah beim Versicherten sein, dass der Zugriff durch einen unbefugten Dritten entweder verhindert werden könnte oder unter gewöhnlichen Umständen sofort entdeckt werden würde. Da der Kläger den Diebstahl nicht bemerkt habe, könne von einer ausreichenden Sicherung im vorliegenden Fall objektiv nicht ausgegangen werden. Außerdem wurde dem Kläger grob fahrlässiges Verhalten (der Kläger habe sich an einem öffentlichen Ort aufgehalten und hätte daher besondere Sicherheitsvorkehrungen beim Transport bzw. der Aufbewahrung von Wertgegenständen treffen müssen ) vorgeworfen; auch in diesem Fall wäre der  Versicherer leistungsfrei gewesen.

Das Erstgericht kam zum Ergebnis, dass dem Kläger nichts vorzuwerfen war. Unter Verweis auf die vergleichbar formulierte Bestimmung der allgemeinen Bedingungen für die Versicherung von Reisegepäck (AVBR 1992) ging das Erstgericht davon aus, dass persönliche Gewahrsam weder ständigen Körperkontakt noch ständigen bewussten Blickkontakt voraussetzt.

Im vorliegenden Fall sei der Platz links vom Kläger die ganze Zeit über nicht besetzt gewesen, rechts vom Kläger sei sein Bekannter gesessen. Der Kläger habe seine Laptoptasche auch nicht auf den Tisch stellen können, weil nicht ausreichend Platz vorhanden war. Würde man nun in vergleichbaren Fällen den Verlust des persönlichen  Gewahrsams unterstellen, so würde der Versicherungsschutz lediglich dann in Frage kommen, wenn der Versicherte den Diebstahl beobachten und  verhindern würde. Das Erstgericht konnte auch kein grob fahrlässiges Verhalten des Klägers feststellen. Nach allgemeiner Lebenserfahrung bedeute das Abstellen einer Tasche auf dem Boden unmittelbar links neben dem linken Bein keine Gefährdung des Objekts durch Diebstahl, wenn der Platz links neben dem Kläger nicht besetzt ist. In solchen Fällen sei auch kein direkter Körperkontakt zum Gegenstand erforderlich.

Strittig war auch die Schadenshöhe. Nach den einschlägigen Versicherungsbedingungen (§ 4 Z 2 ) ist die Ersatzleistung bei objektiver Unmöglichkeit der Reparatur auf die Freistellung von den Kosten der Gestellung eines gleichartigen Ersatzgerätes beschränkt. Für die Ermittlung dieser Kosten wäre die Beiziehung eines Sachverständigen notwendig gewesen; dieser wurde von den Parteien allerdings nicht beantragt, sodass das Erstgericht nach richterlichem Ermessen den eingeklagten Kaufpreis entsprechend kürzte. Das Erstgericht erachtete Kosten von 75% des ursprünglichen Kaufpreises - vermindert um den Selbstbehalt von 25% - für angemessen.

Der Kläger hat gegen den klagsabweisenden Teil Berufung erhoben.

Das Berufungsgericht gab aber ebenfalls dem Kläger Recht und sprach ihm den Ersatz des Kaufpreises abzüglich 25% Selbstbehalt zu, weil § 4 Z 2 der Versicherungsbedingungen schon nach dem Wortlaut auf den Fall eines Diebstahles nicht anzuwenden war.

BG Leopoldstadt 3.7.2008, 31 C 590/07w-12
LG ZRS Wien 19.12.2008, 35 R 399/08y
Klagevertreter: Dr. Alexander Klauser, RA in Wien

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