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Urteil: Erhaltungspflichten - Genossenschaft muss neue Therme zahlen

Der Vermieter muss auch im Vollanwendungsbereich des MRG die Kosten für eine defekte (mitvermietete) Therme übernehmen und darf diese Verpflichtung nicht vertraglich auf den Mieter überwälzen.

Der VKI führte im Auftrag des BMSK einen Musterprozess zur Frage, ob der Vermieter auch im Vollanwendungsbereich des MRG zum Austausch einer defekten Gastherme verpflichtet ist bzw. ob er diese Verpflichtung vertraglich auf den Mieter abwälzen kann.

Im Lichte der dazu ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidungen (7 0b 78/06f und 1 Ob 241/06g) handelt es sich bei der den Vermieter gemäß § 1096 Abs 1 ABGB treffenden Erhaltungspflicht um eine Gewährleistungspflicht, die gemäß § 9 KSchG nicht abbedungen werden darf. Unklar ist allerdings geblieben, ob den Vermieter im Vollanwendungsbereich des MRG (bzw. im Anwendungsbereich des WGG) überhaupt eine über § 3 MRG hinausgehende Erhaltungspflicht trifft.  Gemäß § 3 MRG ist der Vermieter nur verpflichtet, solche Schäden im Mietobjekt zu beheben, die als ernste Schäden des Hauses oder als erhebliche Gesundheitsgefährdung zu qualifizieren sind. Das trifft auf defekte Gasthermen nicht zu, sodass der Vermieter nicht zur Reparatur gemäß § 3 MRG verpflichtet ist.

Das BG Liesing hat nunmehr entschieden, dass der Vermieter auch im Vollanwendungsbereich des MRG aufgrund seiner Erhaltungspflicht gemäß § 1096 ABGB die Kosten für eine defekte Therme übernehmen muss.  Diese Verpflichtung darf er vertraglich auch nicht auf den Mieter überwälzen. Eine entsprechende Klausel im Mietvertrag wäre nämlich unwirksam. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Ein Konsument mietete am 1.8.2005 von der gegnerischen Siedlungsgenossenschaft eine Wohnung zu Wohnzwecken an. Im Zeitpunkt der Übergabe der Wohnung war in dieser eine Kombigastherme vorhanden. Anlässlich der Übernahme wurde ein Kurztest dieser Therme durch einen Vertreter der Gegenseite insofern durchgeführt, als bei aufdrehen der Wasserhähne heißes Wasser vorhanden war und bei einer Betätigung der Heizthermostate sich alle Radiatoren erwärmten. Im Übergabeprotokoll wurde festgehalten , dass die "Funktion ok" sei, jedoch Wartungshinweise und eine Prüfplakette nicht vorhanden wären.

In weiterer Folge wurde die Therme am 10.10.2005 über Auftrag der Gegenseite gewartet und die Prüfplakette vergeben. Diese Wartung umfasste eine Prüfung der Funktion und Dichtheit; auch eine Abgasmessung wurde vorgenommen, wobei keine überhöhten Abgaswerte festgestellt wurden.

Im Dezember 2005 wollte der Mieter erstmals die Wohnung beheizen, was aber nicht möglich war, da die Radiatoren nicht ausreichend warm wurden. Der Mieter beauftragte einen Installateur mit der Überprüfung. Es stellte sich heraus, dass die Pumpe defekt war.  Im Zeitpunkt der Übergabe war die Therme 33 Jahre alt. Die Nutzungsdauer einer Therme beträgt 15 Jahre. Aufgrund des veralteten Modells war der Austausch der Kombitherme somit zwingend notwendig. Da die Gegenseite den Austausch der Therme verweigerte, ließ der Mieter in weiter Folge auf eigene Kosten eine neue Therme installieren, wofür er einen Betrag von € 2.903,27,- zahlen musste.

Der Anspruch des Konsumenten wurde an den VKI abgetreten und die Gegenseite im Auftrag des BMSK auf Rückzahlung geklagt. Der Rückzahlungsanspruch wurde auf § 1096 Abs 1 Z 1 ABGB gestützt.  

Das Erstgericht folgte dem Sachverständigengutachten, wonach mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Ursache für die fehlende Funktionsfähigkeit der Therme die nicht funktionierende Weiche war und dieser Mangel aller Wahrscheinlichkeit nach bereits im Übergabezeitpunkt vorhanden war.

Der gegenständliche Mietvertrag war als Vertragsformblatt einer Geltungs- sowie Inhaltskontrolle zugänglich. Unter Verweis auf die zum Vollanwendungsbereich des MRG ergangene Entscheidung 1 Ob 241/06g erklärte das Gericht § 8 des Mietvertrages (diese Klausel versucht die Erhaltungspflicht auf den Mieter zu überwälzen) für unwirksam, da die inkriminierte Klausel gegen zwingendes Recht (§ 9 KSchG)verstößt. In der Bestimmung des § 1096 ABGB sei nach ständiger Rechtsprechung eine dem Wesen des Bestandverhältnisses angepasste Gewährleistungsbestimmung besonderer Art zu sehen. Diese Bestimmung sei nach Ansicht des Erstgerichtes auch im Vollanwendungsbereich des MRG bzw. im Anwendungsbereich des WGG subsidiär anzuwenden. Bei dieser Bestimmung handle es sich um zwingendes Recht, das durch eine Klausel im Mietvertrag (§ 8) nicht abdingbar sei.

Die Gewährleistungspflicht des Vermieters gelte sowohl für Mängel, die bei Übergabe der Wohnung an den Mieter vorhanden waren, als auch für solche, die erst im Laufe der Dauer des Bestandverhältnisses auftreten. Im vorliegenden Fall war die Therme bereits bei Übergabe schadhaft. Diesbezüglich gilt laut der vorliegenden Entscheidung die Beweislastregel des § 924 ABGB, wonach bis zum Beweis des Gegenteils vermutet wird, dass ein Mangel bereits bei Übergabe vorhanden war, falls der Mangel innerhalb von 6 Monaten nach Übergabe hervorkommt. Der beklagten Genossenschaft ist der Beweis nicht gelungen, dass der Mangel im Übergabezeitpunkt nicht vorlag.

Es bleibt abzuwarten, ob die Gegenseite gegen das Urteil berufen wird.

BG Liesing  7.2.2008 ,6C 1139/06g-24
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Klagevertreter: Dr. Walter Reichholf

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