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Urteil: EuGH - Irreführende Gewinnzusagen

Gewinnzusagen ausländischer Unternehmer können grundsätzlich im Wohnsitzstaat des Verbrauchers eingeklagt werden. Dabei ist österreichische Recht und somit § 5j KSchG anzuwenden.

Anlassfall für den Musterprozess des VKI war eine irreführende Gewinnzusage einer Firma mit Sitz in Deutschland. Ein Konsument hatte eine persönlich adressierte Zuschrift erhalten, die den Eindruck erweckte, er hätte einen Bargeldbetrag von € 3.611,84 gewonnen. Das Geld würde für ihn bereitstehen und müsste allerdings noch gemeinsam mit einer "Testbestellung" von diversen Waren angefordert werden. Erst in den blass gedruckten, schwer lesbaren Teilnahmebedingungen auf der Rückseite des Bestellscheins war erkennbar, dass es sich um keine verbindliche Gewinnzusage handelte.

Vorabentscheidungsverfahren

Im konkreten Fall musste aufgrund eines Ordinationsansuchens beim OGH (Ansuchen ein Gericht zur Prozessführung zu bestimmen) in einem Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH geklärt werden, ob ein Gewinn im Zusammenhang mit Warenbestellungen überhaupt in Österreich eingeklagt werden kann.

Wohnsitz ist entscheidend

Der EuGH hielt fest, dass es sich bei dem geltendgemachten Anspruch um einen Anspruch aus einem Verbrauchervertrag im Sinn des Art. 13 Abs 1 Nr. 3 EuGVÜ (Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen) handelt. Daher kann die Klage in dem Staat eingebracht werden, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat. Nach dem Europäischen Vertragsrechtsübereinkommen (EVÜ) ist - geht man von der Beurteilung des EuGH aus - auch österreichisches Recht anzuwenden.

Seit 1.10.1999 kann der Empfänger einer Gewinnzusage nach § 5j Konsumentenschutzgesetz (KSchG) den Gewinn gerichtlich einfordern.

Eine Flucht ins Ausland schützt ein Unternehmen, das sich solcher unseriöser Praktiken bedient, in Zukunft also grundsätzlich nicht davor, trotzdem in Österreich auf Grundlage österreichischen Rechts geklagt zu werden.

VKI führt Musterprozesse

Der VKI führt - im Auftrag des BMJ - eine Reihe von Musterprozessen zur Problematik der irreführenden Gewinnzusagen. Es sei aber davor gewarnt, dass Konsumenten in Eigenregie - ohne Deckung durch eine Rechtsschutzversicherung - irreführende Gewinnzusagen einklagen, da man (etwa bei Insolvenz des Unternehmens) auch auf den Kosten "sitzen bleiben" kann.

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass heute die Zuständigkeit nach der Brüssel I VO (Verordnung Nr. 44/2001 des Rates vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen) zu beurteilen ist. Man kann im Lichte der Entscheidung des EuGH davon ausgehen, dass auch nach Art 15 Brüssel I VO der Verbraucher in Österreich Klage führen kann. Doch im Gegensatz zur Zeit der Geltung des EuGVÜ bedarf es keines Ordinationsantrages an den OGH, weil nunmehr klargestellt ist, dass das Gericht am Wohnsitz des Verbrauchers zuständig ist (und nicht wie früher - irgendein Gericht in Österreich, das vom OGH zu bestimmen war).

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