Die AK ist mit Verbandsklage gegen die Rechtsschutzbedingungen der Generali Versicherung AG vorgegangen. Das Handelsgericht Wien als Gericht erster Instanz gibt der AK jetzt in 4 von 5 Punkten Recht . Außerdem beurteilte das HG Wien die Einhebung von Zahlscheingebühren erneut für unzulässig. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die AK wird bezüglich der abgewiesenen Klausel Berufung einlegen.
HG Wien vom 26.07.2011, 19 Cg 49/11v
Die Ergebnisse:
+ Nachhaftung - Kürzere Ausschlussfristen als die in § 12 VersVG normierte Verjährungsfrist sind dann nach § 879 Abs 3 ABGB unzulässig, wenn den Versicherungsnehmer an der verspäteten Meldung kein Verschulden trifft oder er unverschuldet erst nach Ablauf der Ausschlussfrist Kenntnis vom Versicherungsfall erlangt und unverzüglich eine Schadensmeldung an den Versicherer erstattet.
In der Klausel wurde die Frist zur Geltendmachung eines Deckungsanspruchs auf 2 Jahre nach Beendigung des Versicherungsvertrags beschränkt, und zwar unabhängig davon, wann der Versicherungsnehmer Kenntnis vom Eintritt des Versicherungsfalls erlangt.
+ Beschränkung des Versicherungsschutzes auf Kosten, die bis zu 6 Wochen vor Bestätigung des Versicherungsschutzes durch den Versicherer entstanden sind, ist gröblich benachteiligend nach § 879 Abs 3 ABGB, weil der Bestätigungszeitpunkt des Versicherungsschutzes allein vom Versicherer bestimmt werden kann. Weiters ist die Klausel intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, weil die Klausel impliziert, dass Kosten, die länger als 6 Wochen vor Bestätigung des Versicherungsschutzes angefallen sind, keinesfalls vom Versicherer gedeckt werden.
+ Frist von 14 Tagen zur Einleitung eines Schiedsgutachterverfahrens unter gleichzeitiger Nennung eines Rechtsanwaltes nach (Teil-) Ablehnung der Deckung durch den Versicherer ist für den Versicherungsnehmer zu kurz bemessen, um einen Rechtsanwalt auszuwählen und diesen mit der Vertretung und der Prüfung der Sach- und Rechtslage zu beauftragen. Die Klausel ist daher gröblich benachteiligend gemäß § 879 Abs 3 ABGB. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die dem Versicherer eingeräumte Frist ebenfalls nur 14 Tage beträgt, da der Versicherer weitaus rascher die Situation bewerten und einen Rechtsanwalt beauftragen kann.
+ Schadensfallkündigung - Eine nur dem Versicherer nach Bestätigung des Versicherungsschutzes bzw. nach Erbringung der Versicherungsleistung eingeräumte einseitige Kündigungsmöglichkeit ist gröblich benachteiligend gemäß § 879 Abs 3 ABGB, weil sie dem Erfordernis der "paritätischen Kündigungsmöglichkeit" widerspricht. Da die Klausel dem Versicherungsnehmer seine Rechte verschleiert, ist sie auch intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG.
+ Eine Klausel, wonach der Versicherer im Falle der vorzeitigen Vertragsbeendigung wegen Wegfalls des versicherten Interesses berechtigt ist, die für die längere Vertragsdauer eingeräumten Prämiennachlässe (Dauerrabatt) nachzuverrechnen, wurde für gerechtfertig erkannt. Nach dem HG Wien verstoße die Klausel nicht gegen § 879 Abs 3 ABGB, da die Prämie von der tatsächlichen Laufzeit der Versicherung abhänge. Es liege auch kein Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG vor, da die Berechnung der Prämie nach der tatsächlichen Laufzeit objektiv feststellbar sei.
Mit unserer Argumentation, wonach die Klausel gegen § 68 VersVG verstoße und mangels Regelung, wie die Nachverrechnung des Dauerrabatts erfolgt, intransparent sei und zu überhöhten Rückforderungen führen könne, setzte sich das HG Wien nicht auseinander.
+ Die Einhebung einer Zahlscheingebühr bei der Vorschreibung von Versicherungsprämien wurde ebenfalls als unzulässig beurteilt.
Die Zahlscheingebühr ist nicht vertraglich vereinbart, sondern wird bei Zahlscheinzahlung in Rechnung gestellt, worauf man die Kunden hinweist. Die AK ist gegen die Klausel nach § 28a KSchG vorgegangen. Das HG Wien hat bestätigt, dass ein Unterlassungsanspruch nach § 28a KSchG vorliegt und dass § 27 Abs 6 ZaDiG dem § 41 b VersVG als lex specialis vorgeht.
Das Urteil ist im Volltext nachfolgend im PDF Format zu finden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
HG Wien, 26.07.2011, 19 Cg 49/11v
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Klagevertreter: Kanzlei Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt