Zum Inhalt

Urteil: HG Wien: Rückkaufswerte-Vereinbarung bei Allianz gesetzwidrig

Das HG Wien erachtet fünf Klauseln zur Frage der Kostenverrechnung und zum Rückkaufswert bei Lebensversicherungen der Allianz als gesetzwidrig.

Der VKI hatte im Auftrag des BMSK unter anderem die Allianz Elementar Lebensversicherungs AG  wegen intransparenter Bestimmungen in Lebensversicherungsverträgen geklagt. Nach Einschätzung des VKI bleibt nämlich unklar, mit welchen Rückkaufswerten Konsumenten im Fall einer vorzeitigen Auflösung rechnen können.

Das Handelsgericht Wien (HG Wien) gibt dem VKI in seinem aktuellen Urteil Recht. Das Urteil bezieht sich auf folgende Klauseln:

Aus den "Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Lebensversicherung mit Kapitalzahlung":

1. Nach Kündigung, frühestens nach einem Zehntel der Prämienzahlungsdauer, erhalten Sie - soweit vorhanden - den Rückkaufswert. Er wird nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik als Zeitwert Ihrer Versicherung mit Berücksichtigung eines Rückkaufabschlages berechnet.

2. In diesem Fall setzen wir die Versicherungssumme nach den anerkannten Reglen der Versicherungsmathematik herab. Der aus Ihrer Versicherung für die Bildung der prämienfreien Versicherungssumme zur Verfügung stehende Betrag wird dabei um einen als angemessen angesehenen Abzug sowie um rückständige Prämien gekürzt.

Aus der 1. Klausel ist es nach Einschätzung des HG Wien dem Versicherungsnehmer nicht möglich, die Folgen eines Rückkauffes auch nur annähernd zu überblicken. Es wird im Wesentlichen nur der Gesetzestext des § 176 Abs 3 VersVG abgeschrieben. Dies stellt keine ausreichende Aufklärung im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG dar. Auch der Rückkaufsabschlag wird weder mittels eines bestimmten Betrages noch mit einer bestimmten Berechnungsformel und auch nicht mit einem bestimmten Prozentsatz angegeben.

Die 2. Klausel verstößt aus desnelben Gründen wie die 1. Klausel gegen das Transparenzgebot des 3 6 Abs 3 KSchG.

Aus den "Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Rentenversicherung mit Fondsveranlagung":

3. Die sich bei Vereinbarung der Prämienanpassungsklausel ergebende Mehrprämie führen wir nach Abzug der geschäftsplanmäßigen Kosten den Investmentfonds im vereinbarten Aufteilungsverhältnis zu und rechnen sie in Fondsanteile um.

4. Nach Kündigung erhalten Sie - soweit vorhanden - den Rückkaufswert, höchstens jedoch die für den Todesfall versicherte Kapitalleistung. Der Rückkaufswert wird nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik als Zeitwert Ihrer Versicherung mit Berücksichtigung eines Rückkaufabschlages berechnet. Dieser Abschlag beträgt 3 %.

In der 3. Klausel ist nach Einschätzung des HG Wien nicht ersichtlich, was die geschäftsplanmäßigen Kosten sein sollen und vor allem, wie hoch diese sein sollen. Im Hinblick auf die Judikatur des OGH verstößt diese Klausel gegen das aus dem Transparenzgebot abgeleitete Gebot der Rechts- und Preisklarheit. Der Vrbraucher kann nämlich zum einen nicht erkenen, welcher Anteil der Prämie als Kosten verloren geht. Zum anderen hat der Verbaucher keine Möglichkeit zu prüfen, ob der Versicherer seine vertraglich geschuldete Leistung korrekt erbringt.

Auch die 4. Klausel verstößt mangels ausreichender Aufklärung über die Folgen einer vorzeitigen Auflösung gegen das Transparenzgebot. Der Abzug wird zwar der Höhe nach angegeben, allerdings ist keine Grundlage für die Berechnung des 3%igen Abschlages ersichtlich. Im ergebnis ist daher die tatsächliche Höhe des Abschlages nicht erennbar. Auch in diesem Punkt verstößt die Klausel daher gegen 3 6 Abs 3 KSchG.

Aus den "Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die fondsgebundene prämienbegüsntigte Zukunftsvorsorge":

5. Ihre Prämie führen wir dem (n) Investmentfonds zu, der (die) den gesetzlichen Anforderungen für die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge (§ 108h Einkommensteuergesetz 1988) entspricht (entsprechen) und rechnen sie in Fondsanteile um, soweit sie nicht zur Deckung der geschäftsplanmäßigen Kosten und der Risikoprämie bestimmt ist.

Diese Klausel verstößt nach Einschätzung des HG Wien aus den bei der 3. Klausel genannten Gründen gegen das Transparenzgebot.

Das HG Wien hält außerdem fest, dass sich in den Klauseln kein Hinweis auf eine Rückkaufswerttabelle findet. Im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung des OGH (etwa 7 Ob 173/06a, 7 Ob 140/06y) ist eine Rückkaufswerte-Klausel mangels Verweis auf eine Rückkaufswerttabelle intransparent

Kunden der Allianz dürfen auf höhere Rückkaufswerte hoffen, denn im Fall der Rechtskraft des Urteiles dürfen Kosten nicht mehr in dieser Weise verrechnet werden. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) bereits für die Situation in Deutschland festgehalten. Bei Rückkäufen innerhalb der letzten drei Jahre besteht somit unter Umständen ein Anspruch auf Nachforderung gegen die Versicherung.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Zu folgenden Klauseln in Lebensversicherungsverträgen hatte die Allianz bereits im Juni 2006 eine Unterlassungserklärung abgegeben. Es wurde eine Aufbrauchsfrist bis 31.12.2006 vereinbart:

6. Überweisungen der Leistungen an den Bezugsberechtigten erfolgen auf seine Gefahr und Kosten.
7. Alle Erklärungen, die wir abgeben, sind ebenfalls nur dann gültig, wenn sie schriftlich erfolgen.
8. Ihnen gegenüber abgegebene Erklärungen werden wirksam, wenn sie an Ihrer uns bekanntgegebenen Adresse bei Ihrer Anwesenheit zugegangen wären.
9. Wir können daher im Falle von für Sie ungünstigen Wertentwicklungen Ihrer Investmentfonds nicht in Anspruch genommen werden.

Auf diese Klauseln darf sich die Allianz - unabhängig von der Rechtskraft des nunmehrigen Urteiles -  nicht mehr berufen bzw. dürfen diese ab dem 1.1.2007 nicht mehr verwendet werden.

HG Wien 20.4.2007, 18 Cg 98/06h
Volltextservice
Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail
unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang