Zum Inhalt

Urteil: HG Wien: Rückkaufswerte-Vereinbarung bei Raiffeisen Versicherung gesetzwidrig

Das HG Wien erachtet sechs Klauseln bei Lebensversicherungen der Raiffeisen Versicherung als gesetzwidrig

Der VKI hatte im Auftrag des BMSK unter anderem die Raiffeisen Versicherung AG wegen intransparenter Bestimmungen in Lebensversicherungsverträgen geklagt. Nach Einschätzung des VKI bleibt nämlich unklar, mit welchen Rückkaufswerten Konsumenten im Fall einer vorzeitigen Auflösung rechnen können.

Das Handelsgericht Wien (HG Wien) gibt dem VKI in seinem aktuellen Urteil Recht. Das Urteil bezieht sich vor allem auf folgende Klausel:

Der Rückkaufswert entspricht nicht der Summe der bezahlten Prämien. Er errechnet sich wegen des gebotenen Versicherungsschutzes und der angefallenen Kosten und nach Berücksichtigung eines Abschlages nach den tariflichen Grundsätzen.

Das HG Wien hält zunächst fest, dass Versicherungsnehmer auf Grund der Verrechnung der Kosten mittels der Methode der "Zillmerung" bei einer Kündigung in den ersten Jahren nach Vertragsabschluss entweder keinen oder nur einen im Verhältnis zu den einbezahlten Prämien sehr geringen Rückkaufswert erhalten. Eine transparente Aufklärung über diese sich bei einem Rückkauf ergebenden wirtschaftlichen Nachteile wäre durchaus möglich.

In seiner rechtlichen Beurteilung verweist das HG Wien auf die bestehende Judikatur des OGH (etwa 7 Ob 173/06a, 7 Ob 140/06y) zu derartigen (teils wortgleichen) Klauseln. Da die Klausel dem Verbraucher nicht klar und unmissverständlich das volle Ausmaß der im Fall einer Kündigung möglichen Nachteile vor Augen führt, verstößt sie gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG. Auch die Übergabe einer Rückkaufswerttabelle an den Konsumenten in den Anbotsphase ändert nichts an der Intransparenz der Klausel, weil die Klausel auf eine solche Tabelle keinen Bezug nimmt.

Neben dieser Rückkaufswertklausel beurteilt das HG Wien fünf weitere Klauseln, von denen vier vom OGH mittlerweile in ständiger Judikatur als gesetzwidrig beurteilt wurden. Es geht dabei um Gefahr- und Kostentragungsregeln bei Überweisung der Versicherungsleistung und um Regelungen zur Wirksamkeit von Erklärungen der Konsumenten oder der Versicherung.

Schließlich wurde auch folgende Klausel vom HG Wien als gesetzwidirg beurteilt: Rückkaufs- und Prämienfreistellungswerte zur Kapitalversicherung wurden mir bei der Antragstellung ausgehändigt.

Das HG Wien sieht darin eine unzulässige Beweislastverschiebung im Sinn des § 6 Abs 1 Z 11 KschG. Die Wirkung einer Beweislastverschiebung soll oft über den Umweg einer vom Verbraucher abgegebenen Tatsachenbestätigung erzielt werden. Durch die Bestätigung, Rückkaufs- und Prämienfreistellungswerte bei Antragstellung erhalten zu haben, würde sich für den Verbraucher die Pflicht ergeben, in der Folge zu behaupten und zu beweisen, dass tatsächlich keine Gelegenheit zur Kenntnisnahme bestanden habe. Eine derartige Bestätigung des Verbrauchers kann den Unternehmer nicht von einer bestehenden Beweispflicht (Ausfolgung der Urkunde) entbinden. Die Rechtsposition des Verbauichers wird durch die Klausel verschlechtert, dies stellt eine gröbliche Benachteiligung dar und erschwert die Rechtsdurchsetzung des Verbrauchers.

Kunden der Raiffeisen Versicherung dürfen auf höhere Rückkaufswerte hoffen, denn im Fall der Rechtskraft des Urteiles dürfen Kosten nicht mehr in dieser Weise verrechnet werden. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) bereits für die Situation in Deutschland festgehalten. Bei Rückkäufen innerhalb der letzten drei Jahre besteht somit unter Umständen ein Anspruch auf Nachforderung gegen die Versicherung.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

HG Wien 25.7.2007, 39 Cg 56/06p
Volltextservice
Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail
unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang