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Urteil: Interzession - Mäßigungsrecht des Gerichtes

Eine Umschuldung des besicherten Kredites des Hauptschuldners führt nicht dazu, dass für den Interzedenten das Mäßigungsrecht verloren geht.

Im Jahr 1999 nahm die Erstbeklagte ein Darlehen für den Mietkauf eines Reihenhauses auf; die Eltern - Zweit- und Drittbeklagte - bürgten. Im Jahr 2005 kam es zu einer Umschuldung; die Eltern unterzeichneten abermals eine Bürgschaft. Das Kreditvolumen betrug rund 90.000 Euro, die monatliche Rate 610 Euro. Die Zweitbeklagte hatte ein monatliches Pensionseinkommen von rund 750 Euro. Der Drittbeklagte hatte ein monatliches Nettoeinkommen von 1.219,00 Euro, 14x jährlich.

Das Erstgericht gab der Klage gegen alle drei Beklagten statt und verneinte die Anwendbarkeit des § 25d KSchG, da es keine seelische Zwangslage oder eine eheähnliche Drucksituation für die Eltern gegeben habe.

Die zweite Instanz wies die Klage gegen Zweit- und Drittbeklagten ab. Der OGH griff die Revision der klagenden Bank auf, um Klarstellungen zu treffen.

Voraussetzung für ein Mäßigungsrecht ist das Vorliegen einer Interzession; das ist das Eingehen einer Haftung für Rechnung eines anderen und im fremden Interesse. Bei der Beurteilung, in wessen Interesse die Schuld begründet wird, ist aus der Perspektive des Schuldners auszugehen.

Der Umstand der Umschuldung ändert nichts an der Interzession, da die Bürgen bereits 1999 als Interzedenten auftraten und dies 2005 nur wieder bekräftigt wurde. Nur wenn die Interzedenten 2005 zur Rückführung des Saldos des ursprünglichen Kredites verpflichtet gewesen wären, dann könnte man von einer Tilgung bzw Bekräftigung einer "eigenen" Schuld sprechen. Diese Situation lag nicht vor.
Der OGH betont, dass die Umstände, die zu einer Mäßigung der Haftung für Interzedenten führen können, in § 25d Abs 2 KSchG nur beispielhaft aufgezählt seien und keinesfalls alle Umstände verwirklicht sein müssen, um eine Mäßigung zu rechtfertigen. Es handle sich um ein bewegliches System, wonach einzelne Umstände von besonderer Intensität andere nicht vorliegende Umstände aufwiegen könnten. Daher sei es nicht Voraussetzung für das Mäßigungsrecht, dass eine seelische Zwangslage vorliegen müsse.

Nach ständiger Rechtsprechung müssen die Umstände, die zur Mäßigung führen, soweit bereits bei Eingehen der Interzession vorhanden sein, dass sie für den Gläubiger erkennbar waren. Eine Nachträgliche Verbesserung der wirtschaftlichen Situation des Interzedenten sei beachtlich, eine nachträgliche Verschlechterung - soweit nicht vorhersehbar - dagegen nicht.

Demgemäß wurde die Klage gegen die Zweitbeklagte abgewiesen, da deren Einkommen (750 Euro) in einem groben Missverhältnis zur Forderung (monatliche Belastung von 610 Euro) stand.

Der Drittbeklagte dagegen hatte bei Übernahme der Bürgschaft ein Einkommen von 1690 Euro monatlich; das Missverhältnis sei hier weniger krass - es kam hier zu keiner Mäßigung der Verpflichtung.

OGH 7.11.2007, 6 Ob 192/07i

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