Die AK Wien hat einen Musterprozess zu § 5j KSchG geführt und erfreulicherweise gewonnen. Eine Konsumentin - Angestellte der Arbeiterkammer - erhielt von der beklagten Partei am 18.10.1999 unaufgefordert eine Werbezusendung, die den Eindruck erweckte, dass sie den Betrag von ATS 200.000,-- tatsächlich gewonnen habe, wenn sie das Gewinnzertifikat rechtzeitig zurückschicke. Die Konsumentin folgte dieser Anweisung und bestellte mit dem am Gewinnzertifikat enthaltenen Bestellschein einen Haarbalsam, der ihr auch zugesandt wurde.
Auf die Einsendung des Gewinnzertifikates reagierte die beklagte Partei allerdings nicht, weshalb die Konsumentin ihren Anspruch auf Auszahlung des Gewinnes zum Inkasso und zur Klagsführung an die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte abgetreten hat. Diese machte den Gewinn im Sinne des § 5j KSchG klagsweise geltend.
Die beklagte Partei wandte ein, dass die Konsumentin als Mitarbeiterin der Arbeiterkammer ein "Agent provocateur" sei und daher keinen Vertrauensschutz genieße, da sie nicht auf die Gültigkeit dieser Gewinnzusage vertraut habe. Überdies sei sowohl für die Konsumentin als auch für einen "durchschnittlichen Konsumenten" eindeutig, dass der jeweilige Empfänger als "potenzieller Gewinner" lediglich an einer Verlosung teilnehme.
Diesen Standpunkt teilte das Erstgericht nicht. Gemäß § 5j KSchG sei der zugesagte Preis zu bezahlen, wenn die Art der Gestaltung und der Inhalt der zugesandten Werbesendung den Eindruck erwecke, dass die angeschriebene Person tatsächlich ATS 200.000,-- gewonnen habe. Insbesondere durch die Bezeichnung "Gewinnannahmezertifikat" könne selbst ein mündiger und verständiger, durchschnittlicher Verbraucher, der die gegenständlichen Unterlagen bis zum Schluss aufmerksam durchliest, zu dem Schluss gelangen, Gewinner zu sein. Das Erstgericht ging daher von der Irreführungseignung der Gewinnzusage aus, weshalb die beklagte Partei verpflichtet war, den zugesagten Preis an die klagende Partei zu bezahlen.
Die Berufung der beklagten Partei hatte keinen Erfolg. Auch das Berufungsgericht kam zum Ergebnis, dass die gegenständliche Werbeaussendung unter Zugrundelegung des Europäischen Verbraucherleitbildes objektiv geeignet war, den Eindruck zu erwecken, der Empfänger dieser Gewinnspielunterlagen sei Gewinner dieses Preises.
Hinsichtlich der Irreführungseignung der gegenständlichen Werbeunterlagen orientierte sich das Berufungsgericht an einer Entscheidung des OGH (14.12.1999, 4 Ob 313/99d), der nahezu der idente Sachverhalt zu Grunde lag. Das betreffende Gewinnspiel war nämlich bereits Gegenstand einer Verbandsklage nach dem UWG. Schon in diesem Verfahren ging der OGH - wenngleich auch nur in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht - von der Irreführungseignung der versandten Werbeunterlagen aus. Nach Auffassung des Berufungsgerichtes besteht somit kein Unterschied zwischen der Irreführung nach dem UWG und der Irreführungseignung nach § 5j KSchG.