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Urteil: Keine "Nullverzinsung" bei Sparbüchern

Die erste Verbandsklage des VKI (im Auftrag des BMSK) wurde soeben entschieden: Aspekte der neuen Zinsgleitklauseln für Sparbücher sind gesetzwidrig.

Im Jänner 2007 haben Österreichs Banken - im Lichte einer vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des BMSK erfochtenen Entscheidung des OGH (3 Ob 238/05d) - neue Zinsgleitklauseln für Sparbücher eingeführt. Dabei wurde der Vertragszinssatz an - je nach Bank - verschiedene objektive Indikatoren gebunden. Zinsänderungen sollten - soweit überblickbar - bei allen Banken "absolut" durchschlagen; damit wären auch Perioden von negativen Zinsen denkbar.

Der VKI hat diese Vorgangsweise öffentlich kritisiert und darauf gedrungen, Änderungen nach der "relativen" Veränderung zu berechnen. Die relative Berechnungsmethode ist nach Ansicht des VKI deshalb vorzuziehen, weil damit verhindert wird, dass der Sparbuchzinssatz Null wird oder gar Minuszinsen ergibt. Bei der absoluten Nachrechnung, bei der der Sparzinssatz genau in der gleichen Höhe die Änderungen mitmacht, wie der Vergleichsindikator, hingegen wäre es möglich, dass der Sparer keine Verzinsung erhält oder sogar noch etwas an die Bank zahlen muss (ZB Eröffnungssparbuchzinssatz: 0,5 % , Vergleichszinssatz: 2 %: Sinkt der Vergleichszinssatz auf 1,25%, so würde der Sparbuchzinssatz auf -0,25% fallen!).

Die beklagte Bank hat in ihren Sparbuchbedingungen (Fassung 2007) folgende Klauseln:

1) Der Zinssatz ändert sich um die Anzahl an Prozentpunkten, um die sich der Indikatorwert im Vergleichszeitraum geändert hat.

Nach Ansicht des HG Wien verstößt diese Klausel zum einen gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG, weil die Möglichkeit einer Nullverzinsung für die Konsumenten keine zumutbare Leistungsänderung darstellt. Zum anderen meint das HG Wien, dass der durchschnittliche Sparer, der sein Geld zur Bank bringt, um es zu veranlagen, gewöhnlich mit dem Erhalt von Zinsen rechnet. Er rechnet nicht mit der Möglichkeit einer Nullverzinsung; daher ist die Klausel einen ungewöhnlich und für den Sparer nachteilig (Verstoß gegen § 864a ABGB).

2) Der Zinssatz erhöht oder senkt sich jeweils am 1.Kalendertag der Monate Jänner, April, Juli und Oktober durch Vergleich des Indikatorwertes des vorletzten Bankwerktages des Kalenderquartals, nach dem tatsächlich zuletzt eine Anpassung erfolgte, mit dem Indikatorwert des vorletzten Bankwerktages des abgelaufenen Quartals. Für die erste Änderung des Zinssatzes nach der Eröffnung der Spareinlage ist als Ausgangsindikatorwert der Indikatorwert des vorletzten Bankwerktages jenes Kalenderquartals heranzuziehen, nach dem für bestehende Spareinlagen, deren Verzinsung an den gleichen Indikator gebunden sind, zuletzt eine Zinssatzänderung erfolgte.

Nach dieser Klausel bezieht sich die erste Zinssatzänderung nach Eröffnung der Spareinlage nicht auf den Indikatorwert zum Zeitpunkt des Abschlusses des Sparvertrages, über den sich der Kunde informieren könnte, sondern nicht vorhersehbar auf einen vergangenen, aber nicht effektiv angegebenen Zinssatz. Die letzte Zinssatzänderung kann durchaus einen längeren Zeitraum zurückliegen, zB ein Jahr. Ein Konsument weiß ein Jahr vorher nicht, dass er einen Spareinlagenvertrag abschließen wir und sich daher schon ein Jahr zuvor über die Indikatorwerte hierüber informieren solle. Dem Kunden ist es daher mitunter absolut nicht nachvollziehbar, aufgrund welchen Indikatorwertes die erste Zinssatzänderung nach Spareinlageneröffnung erfolgt, da dieser relativ weit in der Vergangenheit liegt. Die Klausel ist daher intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

HG Wien 19.10.2007, 19 Cg 128/07f
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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