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Urteil: OGH: Ausschluss von Negativzinsen bei Verbraucherkrediten möglich

Es handelt sich um keine unzulässige Geschäftspraktik, wenn eine Bank bei Krediten die Auszahlung von (Negativ-)Zinsen ausschließt. Es ist nämlich von einem natürlichen Konsens beider Parteien auszugehen, nach dem die Bank (laufend) Zinsen als Entgelt erhält und demgegenüber keine Zinsen an den Kreditnehmer auszahlen muss.

Die Unicredit Bank Austria hatte im Februar 2015 an Fremdwährungskreditnehmer ein Schreiben versandt, in dem im Zusammenhang mit dem negativen LIBOR auf Folgendes hingewiesen wurde:

Da der im bestehenden Vertrag vereinbarte Indikator derzeit negativ ist oder negativ werden könnte, weisen wir zur Klarstellung auf Folgendes hin: Solange der Negativindikator den Aufschlag nicht übersteigt, ändert sich an der Zinsverrechnung nichts, sodass der vom Kunden zu zahlende Sollzinssatz auch niedriger als der Aufschlag sein kann (z.B. Indikator -0,5 % und Aufschlag 1,2 % = Sollzinssatz 0,7 %). Wird aber der Sollzinssatz rechnerisch negativ, bringen wir nicht diesen, sondern – aufgrund unserer Rechtsauffassung, das bei Kreditverträgen prinzipiell nicht der Kreditgeber, sondern der Kreditnehmer Zinsen zu zahlen hat – einen Sollzinssatz von 0 (0,00001 %) zur Anwendung. Der Kreditnehmer erhält also für den Kredit auch dann, wenn der negative Indikator rein rechnerisch den Aufschlag übersteigt, jedenfalls keine Zinszahlung von der Bank (z.B. Indikator -1,3 % und Aufschlag 1,2 % = Sollzinssatz 0,00001 %, nicht -0,1 %).

Damit wollte die Bank Austria für den Fall einer entsprechenden weiteren Veränderung des Indikators die Auszahlung von Negativzinsen ausschließen. Der VKI brachte gegen diese Vorgangsweise eine vorbeugende Verbandsklage ein.

Während das HG Wien diese Vorgangsweise der Bank als gesetzwidrig eingestuft hatte, beanstandet der OGH das zu beurteilende Einfrieren des Zinssatzes bei 0 nicht.

Der OGH weist zunächst darauf hin, dass es im vorliegenden Fall um die Beurteilung einer Geschäftspraktik und nicht um die Auslegung eines einzelnen Vertrages geht. Bei Auslegung eines Einzelvertrages kann es durchaus der Fall sein, dass der Geschäftswille der Vertragsparteien Negativzinsen nicht ausschließt und diese daher an den Kreditnehmer auszuzahlen sind.

Bei Beurteilung der Geschäftspraxis ist für den OGH wesentlich, dass die Vertragsparteines eines typischen Kreditvertrages einig seien, dass die Bank (laufend) Zinsen als Entgelt erhält und demgegenüber keine Zinsen an den Kreditnehmer auszahlen muss. Dieser übereinstimmende Parteiwille gehe als natürlicher Konsens jeder anderen Auslegung vor.

Zwar war bei Vertragsabschluss die Entwicklung des Referenzwertes ins Negative nicht vorhersehbar, die Vertragsparteien würden bei einer Entwicklung des Zinsniveaus ins Negative aber nur davon ausgehen, dass sich das Engelt bis auf Null reduzieren würde. Ein redlicher Kreditnehmer könne nicht damit rechnen, dass die Bank einer Zahlungspflicht von Negativzinsen zustimmen würde und damit möglicherweise weniger zurückerhält, als die Bank ursprünglich zur Verfügung gestellt hat.

Der OGH geht daher davon aus, dass das Gebot der Anpassungssymmetrie des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG durch die Vorgangsweise der Bank nicht verletzt ist und die nach dem Wortlaut der Zinsgleitklausel grundsätzlich denkbare Entwicklung des Zinssatzes in jedwede Richtung bei Null begrenzt ist. Der OGH verneint zudem, dass damit – zumindest nach den vorliegenden Feststellungen - ein Refinanzierungsrisiko der Bank an den Kreditnehmer überwälzt werden würde. Vielmehr würde der Kreditnehmer bei einer entsprechenden Entwicklung des Zinsniveaus von seiner Verpflichtung zur Zahlung von Sollzinsen eben praktisch vollständig befreit.

Die Frage, ob der Kreditnehmer zur Zahlung des vereinbarten Fixaufschlages als Mindestzinssatz verpflichtet ist, lässt der OGH dezidiert offen.

OGH 21.3.2017, 10 Ob 13/17k
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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