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Urteil: OGH erklärt "Sammelklage" für zulässig

Der OGH sieht eine Sammelklage der BAK gegen die BAWAG als zulässig an. Zwar komme eine Klagshäufung nach § 227 ZPO (nach Abtretung der Einzelansprüche an den Verband) nur dann in Frage, wenn ein im Wesentlichen gleichartiger Anspruchsgrund - eine maßgebliche gemeinsame Grundlage - vorliege, doch diese sei im "Zinsen-streit" um Kreditzinsen bei Verbraucher-krediten aus der Zeit vor 1.3.1997 gegeben.

Der OGH sieht eine Sammelklage der BAK gegen die BAWAG als zulässig an. Zwar komme eine Klagshäufung nach § 227 ZPO (nach Abtretung der Einzelansprüche an den Verband) nur dann in Frage, wenn ein im Wesentlichen gleichartiger Anspruchsgrund - eine maßgebliche gemeinsame Grundlage - vorliege, doch diese sei im "Zinsenstreit" um Kreditzinsen bei Verbraucherkrediten aus der Zeit vor 1.3.1997 gegeben.

Anlassfall war ein Verfahren im "Zinsenstreit", wo die BAK stellvertretend für 684 Verbraucher Ansprüche in Höhe von ca. € 1,2 Mio gegen die BAWAG wegen zuviel bezahlter Kreditzinsen geltend macht. Eingebracht wurde die Klage beim Handelsgericht Wien, wobei einzelne Forderungen unter, in rund 20 Fällen jedoch über der Gerichtshofgrenze von  € 10.000,- gelegen waren.
   
Das HG Wien wies die Klage jedoch wegen Unzuständigkeit zurück. Weder aus § 11 ZPO ("subjektive Klagshäufung") noch aus § 227 ZPO ("objektive Klagshäufung") ergebe sich die Zulässigkeit der Geltendmachung der gesammelten Ansprüche in einer Klage.
   
Das Rekursgericht teilte die Ansicht des Erstgerichtes nicht, erklärte jedoch den ordentlichen Revisionsrekurs - entgegen dem Rechtsmittelausschluss des § 45 JN auf Grund der Ansicht, das Erstgericht habe lediglich über die Zulässigkeit einer "Sammelklage" und nicht über seine sachliche Zuständigkeit entschieden - für zulässig. Der OGH wies den Revisionsrekurs zwar wegen § 45 JN ab, nahm in Form eines obiter dictum aber dennoch ausführlich zur Zulässigkeit der "Sammelklagen" Stellung.
   
Nach § 227 ZPO können mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten, auch wenn sie nicht zusammenzurechnen sind (§ 55 JN), in der selben Klage geltend gemacht werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig ist - oder Ansprüche über und unter  €  10.000,- vermengt werden (§ 227 Abs 2 Satz 1 ZPO) - und dieselbe Art des Verfahrens zulässig ist. Die Lehre ging daher bisher bereits von der Zulässigkeit der "Sammelklagen" aus (vgl ua Fasching in Fasching/Konecny2 [2004] § 227 ZPO Rz 16; Kodek, Die "Sammelklage" nach österreichischem Recht - Ein neues prozessrechtliches Institut auf dem Prüfstand, ÖBA 2004, 615; Rechberger, Prozessrechtliche Aspekte von Kumul- und Großschäden, VR 2003,15; Klauser/Maderbacher, Neues zur "Sammelklage", ecolex 2004, 168;).
   
Nunmehr schloss sich auch der OGH dieser Ansicht an, wobei der OGH jedoch § 227 ZPO einschränkend auslegt: Die Geltendmachung von mehreren Ansprüchen verschiedener Anspruchsteller im Wege einer Inkassozession durch einen Kläger wäre dann zulässig, wenn zwar nicht Identität des rechtserzeugenden Sachverhalts gegeben ist, wohl aber ein im Wesentlichen gleichartiger Anspruchsgrund - eine maßgebliche gemeinsame Grundlage - vorliegt. Darüber hinaus müssen im Wesentlichen gleiche Fragen tatsächlicher oder rechtlicher Natur, die die Hauptfrage oder eine ganz maßgebliche Vorfrage aller Ansprüche betreffen, zu beurteilen sein, so der OGH.
   
Damit wird aber in der Praxis die durch die Konstruktion der Sammelklage erreichte Prozessökonomie sogleich wieder geschmälert: Beklagte, die auf eine "Verzögerungstaktik" im Verfahren setzen, werden freilich immer diesen von OGH geforderten Zusammenhang - sollte er noch so eindeutig vorliegen - in Frage stellen und damit, bevor in der Sache selbst entschieden werden kann, Entscheidungen zu Formalfragen erzwingen können.
   
Umso mehr ist zu hoffen, dass der Gesetzgeber nun rasch einen rechtlichen Rahmen für Sammel- und Gruppenklagen auch in Österreich schafft.

   
OGH 12.7.2005, 4 Ob 116/05w
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Klagevertreter: Dr. Alexander Klauser, RA in Wien

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