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Urteil: OGH neuerlich zum Zinsenstreit I

Abermals hat der OGH seine bisherige Rechtsprechung im Zinsenstreit bestätigt. Die verwendete Klausel ist nichtig und die bereicherungsrechtliche Verjährungsfrist kann frühestens mit Überzahlung beginnen.

Die Klausel "Der vereinbarte Zinssatz gilt vorbehaltlich gleichbleibender Geld- und Kapitalmarktverhältnisse" erkannte der OGH mangels Bestimmtheit iSd § 6 Abs 1 Z 5 KSchG aF - in nunmehr stRsp - als nichtig. Bei der Frage der Folgen der Nichtigkeit der Zinsanpassungsklausel schloss sich der 1. Senat der Ansicht der E 9 Ob 62/04i an, wonach an die Stelle der nichtigen Klausel eine angemessene Regelung iSd hypothetischen Parteiwillens zu treten hat, die - nach dem Prinzip der "Zweiseitigkeit" - bei einem sinkenden Zinsniveau die Bank auch zur Senkung des Zinssatzes verpflichtet. Sollte die Feststellung des hypothetischen Parteiwillens Schwierigkeiten bereiten, bliebe immer noch die Ergänzung nach redlicher Verkehrsübung, Treu und Glauben usw, was ebenso dazu führen könne, dass eine Gleitklausel (iSd § 6 Abs 1 Z 5 KSchG neu) als vernünftige Mitte gefunden werde, so der OGH.

Die Frage nach dem Beginn der bereicherungsrechtlichen Verjährungsfrist bei Vorliegen von Annuitätenzahlungen beantwortete der OGH in Anlehnung an die stRsp: mit Überzahlung des Kredites. Der OGH hielt weiters fest, dass selbst bei Vorliegen von gemeinen Raten gewichtige Argumente für eine Gleichschaltung des Verjährungsbeginns mit Annuitätenzahlungen sprächen, könne doch dem Kreditnehmer nicht unterstellt werden, er wolle der Bank überhöhte und rückforderbare Zinszahlungen kreditieren. Vielmehr sei unter Berücksichtigung des an einen durchschnittlichen Kreditnehmer anzulegenden Maßstabs davon auszugehen, dass dieser in der Regel ein Interesse daran besitzt, früher in die Phase der Kapitaltilgung zu gelangen, spart er doch dadurch infolge rascherer Abstattung weitere Zinsen.

Zum Schadenersatzanspruch hielt der OGH ebenso in nunmehr stRsp fest, dass die Verletzung einer vorvertraglichen Verhaltenspflicht vorliege, wenn entgegen der Verpflichtung gehandelt wird, "bei der Aufstellung von AGB auf die berechtigten Interessen der künftigen Vertragspartner Rücksicht zu nehmen, insbesondere keine sittenwidrigen, grob unbilligen, oder sozial schädlichen Klauseln aufzustellen". Es konnte auch aufgrund § 6 Abs 1 Z 5 KSchG aF kein Zweifel daran bestehen, dass Zinsklauseln einem Bestimmtheitsgebot unterliegen. Die Rechtsansicht des Erstgerichts, Verjährung sei anzunehmen, da sich die Kreditnehmer schon nach Vorliegen von Medienberichten im Jahr 1999 an die klagende Partei hätten wenden müssen, sei mangels ausreichenden Tatsachensubstrats nicht zu billigen.

Das Verfahren wurde zur Ergänzung inbs betreffend des Zeitpunktes der Überzahlung sowie der schadenersatzrechtlichen Aspekte an das Erstgericht zurückverwiesen.

OGH 9.11.2005, 1 Ob 68/05i
Klagsvertreter: Dr. Walter Reichholf

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