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Urteil: OGH spricht VKI 89.024 Euro zu

Mit dem jüngsten OGH Urteil wird die bisherige Judikatur zu irreführenden Gewinnzusagen fortgeschrieben und die Firma IVH (vormals EVD) zur Zahlung von € 89.024 verurteilt.

Eine Wiener Pensionistin hatte im August 2001 von der IVH-Rechtsabteilung "im persönlichen Auftrag des Vorstandes von IVH, dem beliebtesten Geldgewinn-Versender" eine persönlich adressierte Zuschrift erhalten (im Betreff stand "Klare Rechtssache"), die den Eindruck erweckte, sie habe ein Bargeldguthaben von ATS 1.225.000,- gewonnen und sie müsse diesen Betrag nur noch anfordern.

An völlig unüblicher Stelle befanden sich die Teilnahmebedingungen: Diskret auf der Innenseite des Kuverts in schwer lesbarer kleiner Schrift und ohne Absätze wurden die Spielbedingungen dargelegt. Darin heißt es, dass alle angegebenen Gewinne aufgeteilt zur Auszahlung gelangen, der Anteil durch die Häufigkeit der eingegangenen Meldungen bestimmt und Gewinne unter DM/SRF 5 (ATS 40-) aus Kostengründen nicht ausbezahlt, sondern als Jackpot der nächsten Ziehung zugeführt werden.

Unter Anleitung des VKI verfasste die Konsumentin ein Schreiben und begehrte die Überweisung des Gewinns von ATS 1.225.000 . Der Betrag wurde nicht ausbezahlt, da solche kostspieligen Massenaussendungen freilich nicht aus rein altruistischen Gründen durchgeführt werden; vielmehr sollen Konsumenten - selbst wenn das nicht Bedingung für die Teilnahme ist - dazu gebracht werden, Waren zu bestellen bzw. teure Mehrwertnummern anzurufen.

Im Jahr 1999 hat der Gesetzgeber - auf Betreiben des VKI - irreführende Gewinnzusagen zahlbar und klagbar gemacht. Der Anspruch der Konsumentin - gestützt auf § 5j KSchG - wurde an den VKI abgetreten und die Gegenseite auf Zahlung von
€ 89.024,22 geklagt. Die Gegenseite wendete ein, dass aufgrund der Teilnahmebedingungen klar sein musste, dass nur Gewinnanteile von mehr als ATS 40- ausbezahlt, geringere Gewinnanteile dagegen dem Gesamtgewinn anlässlich der nächsten Ziehung zugeführt würden.

Wir haben das Verfahren in allen drei Instanzen gewonnen. Die IVH Versandhandel AG wurde zur Zahlung von € 89.024,22- verpflichtet.

Nach dem Gesamteindruck der Zusendung wurde die Überzeugung erweckt, man müsse den bereits gewonnenen Geldbetrag nur noch abrufen. An diesem Eindruck konnten auch die davon abweichenden Teilnahmebedingungen nichts ändern, zumal diese auf der Innenseite des Briefumschlags geradezu versteckt worden sind und außerordentlich schwer lesbar waren.

Der OGH hielt an seiner bisherigen Judikatur fest, wonach der Erfüllungsanspruch des Verbrauchers gemäß § 5j KSchG nicht mit einer Aufforderung zur Warenbestellung verknüpft sein muss; es genügt jede, auf einer erkennbaren Gewinnabsicht beruhende unseriöse Gewinnzusage, mit der der Unternehmer das Verhalten von Verbrauchern auf dem Markt unsachlich beeinflussen wollte. Wesentlich ist, dass der Unternehmer beim Verbraucher den Eindruck des Gewinnes hervorgerufen hat; dabei ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Es ist zu prüfen, ob ein verständiger Verbraucher durch die Gestaltung der Zusendung getäuscht worden wäre. Auch Zusendungen, bei denen erst im Kleingedruckten an unauffälliger Stelle oder gar erst auf Nachfrage eine Klarstellung erfolgt, fallen unter § 5j KSchG und sind klagbar. Für einen Erfüllungsanspruch nach
§ 5j KSchG schadet es auch nicht, wenn der Verbraucher durch fachkundige Dritte (im Anlassfall durch den VKI) über die Irreführung aufgeklärt worden ist.

Die Gewinnsumme wird, sofern sie einbringlich gemacht werden kann, nach Abzug der Kosten einem karitativen Zweck zugeführt.

OGH 1.7.2003, 1 Ob 148/03a
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Klagevertreter: Dr. Alexander Klauser

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