Der VKI ging im Auftrag der AK Steiermark mittels Verbandsklage gegen eine Vertragsklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Volksbank Graz-Brück eGen. Fassung 2009 vor, nach der die Bank im Wege einer Erklärungsfiktion die Entgelte für Dauerleistungen und die Leistungen auch im Verbrauchergeschäft ändern konnte. Demnach sollte mangels Widerspruch die Zustimmung der Kunden zu derartigen Änderungen fingiert werden.
Die Klausel befand sich in den AGB Fassung 2009 in Z 45 Abs 3 und lautete:
Über die vorstehenden Abs 1 oder 2 hinausgehende Änderungen der Entgelte sowie Änderungen des Leistungsumfangs oder der Verzinsung sind nur mit Zustimmung des Kunden möglich. Solche Änderungen werden 2 Monate nach Verständigung des Kunden über die vom Kreditinstitut gewünschte Änderung wirksam, sofern nicht bis dahin ein schriftlicher Widerspruch des Kunden beim Kreditinstitut einlangt. Das Kreditinstitut wird den Kunden in der Verständigung auf die jeweils gewünschte Änderung sowie darauf aufmerksam machen, dass sein Stillschweigen mit Fristablauf als Zustimmung gilt. Der Kunde hat das Recht, seinen Girokontovertrag bis zum Inkrafttreten der Änderung kostenlos fristlos zu kündigen. Das Kreditinstitut wird den Kunden anlässlich der Mitteilung der Änderung auf diese Kündigungsrecht aufmerksam machen (Z 45 Abs 3 AGB).
Die Bank hatte auf Basis dieser Klausel bei Krediten die Entgelte für die Kontoführung und mit dieser in Zusammenhang stehenden Dienstleistungen mit Wirkung vom 1.1.2011 erhöht. Eine entsprechende Mitteilung war auf Kontoauszügen enthalten gewesen und lautete:
"Änderungsmitteilung gemäß Paragraph 11 bzw Paragraph 22 VKrG.
Die Entgelte für die Kontoführung und mit dieser in Zusammenhang stehenden Dienstleistungen werden mit Wirkung vom 2011-01-01 geändert. Bitte wenden Sie sich an Ihren Kundenberater, der Sie über die geltenden Sätze gerne informiert und Ihnen auf Wunsch eine detaillierte Aufstellung ausfolgt. Ihre Zustimmung zur Entgeltänderung gilt als erteilt, wenn Sie nicht binnen 2 Monaten schriftlich widersprechen".
Bereits die Unterinstanzen hatten die Klausel und die darauf aufbauende Entgeltänderung der Bank als unzulässig beurteilt. Der OGH bestätigt diese Entscheidungen.
Der OGH weist zunächst darauf hin, dass Vertragsänderungen im Rahmen einer Erklärungsfiktion nach § 6 Abs 1 Z 2 KSchG und § 29 ZadiG nicht grundsätzlich verboten sind. Die Klausel entspricht für den OGH auch den formellen Anforderungen des § 6 Abs 1 Z 2 KSchG. Allerdings ist die Klausel an den Vorgaben des § 6 Abs 3 KSchG und § 879 Abs 3 ABGB zu messen.
Die vorliegende Klausel ermöglicht der Bank, Entgelte und den Leistungsumfang ohne jede inhaltliche Schranke im Wege einer solchen Zustimmungsfiktion zu ändern. Dies widerspricht den Vorgaben des Transparenzgebotes des § 6 Abs 3 KSchG. Welche Leistungen der Bank mit einer derartigen fingierten Zustimmung eingeschränkt werden können, bleibt nämlich völlig unbestimmt, ebenso der Umfang einer Änderung der Entgelte.
Die Klausel ist aber auch gröblich benachteiliegend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB, da sie eine Änderung der Entgelte und der von der Bank geschuldeten Leistungen ohne irgendeine Einschränkung ermöglicht. Damit hat der AGB-Verwender eine uneingeschränkte Möglichkeit, das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung mittels Zustimmungsfiktion erheblich zu seinen Gunsten zu verschieben und die Position des Vertragspartners zu entwerten, was sachlich nicht mehr gerechtfertigt ist.
Schon der BGH hatte eine Klausel, die einen Unternehmer zu einer Anpassung der Leistungs- und Produktbeschreibung mittels Zustimmungsfiktion berechtigt, als unzulässig beurteilt, weil die meisten Verbraucher sich erfahrungsgemäß nicht mit Vertragsanpassungen auseinandersetzen und regelmäßigin der Annahme schweigen, die Änderungen würden schon ihre Ordnung haben. Somit laufen derartige Änderungsklauseln de facto auf eine einseitige unbeschränkte Änderungsbefugnis hinaus (BGH 11.10.2007, III ZR 63/07).
Damit ist automatisch auch die tatsächliche Erhöhung der Kontoführungsgebühr bei Kreditkonten zum 1.1.2011 unzulässig.
Der OGH sieht es im Übrigen nicht als erforderlich an, den in § 28 KSchG enhaltenen Halbsatz hinsichtlich des Unterlassungsanspruches bei gesetzwidrigen Klauseln "soweit sie unzulässigerweise vereinbart worden sind" in das Unterlassungsbegehren aufzunehmen. Die Bank konnte dazu nicht darlegen, dass sie die inkriminierte Klausel zulässigerweise im Verkehr mit Verbauchern vereinbart haben könnte.
Entgelt- und Leistungsänderungen, welche auf Basis dieser Klausel erfolgt sind, verlieren damit ihre Grundlage und Berechtigung. Da unberechtigte Kontoführungsgebühren zu einem falschen Saldo führen, hat die Bank bei laufenden Verträgen bei der nächsten Saldierung von sich aus eine Rückbuchung und somit Richtigstellung vorzunehmen. Andernfalls würde sich die Bank unzulässigerweise auf die gesetzwidrige Klausel berufen. Ähnliche Klauseln waren und sind im Übrigen auch in den AGB´s anderer Banken enthalten.
Schon 2012 hatte der OGH die damalige Klausel in Z 45 Abs 2 der AGB der Banken als unzulässig beurteilt, welche Entgeltänderungen allgemein an einen Index geknüpft hatte (vgl. OGH 1.8.2012, 1 Ob 244/11f, VR-Info 9/2012). In allen nicht in § 29 Abs 2 erster Satz ZaDiG angeführten Fällen (Anpassung von Zinssätzen und Wechselkursen) muss bei Änderung der Entgelte nach Abschluss des Rahmenvertrags bei Zahlungsdiensten nämlich die in § 29 Abs 1 ZaDiG vorgesehene Vorgangsweise eingehalten werden, also insbesondere die (ausdrückliche oder stillschweigende) Zustimmung vom Kunden eingeholt werden. Eine (automatische) Entgeltanpassung, wie sie die Klausel vorsieht, ist jedenfalls unzulässig.
OGH 11.4.2013, 1 Ob 210/12g
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer; RA in Wien