Zum Inhalt

Urteil: OGH zu Klauseln eines Inkassobüros

Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums das Inkassobüro INKO Inkasso GmbH. Dabei wurde die Mehrzahl der eingeklagten Klauseln für unzulässig erklärt. Ob das Verbraucherkreditgesetz auf die Rückzahlungsvereinbarungen anwendbar ist, ist weiter offen. Das Verfahren diesbezüglich wurde an die Erstinstanz zurückverwiesen.

Das Inkassobüro schickte Konsumenten Zahlungsaufforderungen. Die Konsumenten konnten entweder binnen 3 Tagen zahlen oder die beigefügte Rückzahlungsvereinbarung samt Anerkenntnis ausfüllen. Der VKI ging gegen Klauseln in diesem Vertragsformblatt vor.

1) Klauselkontrolle

a) Unzulässig sind folgende Klauseln:

 "Ich (Wir) anerkenne(n) die Schuld, bestehend aus Kapital samt Zinsen, Nebenkosten und Eintreibungskosten wie oben angeführt." (Klausel 1)

"Ich (Wir) anerkenne(n) hiermit ausdrücklich die unten aufgeschlüsselte Forderung zuzüglich der noch auf die Dauer der sich ergebenden Laufzeit zu errechnenden Evidenzkosten und Zinsen." (Klausel 2)

Die erste Klausel bezieht sich nach ihrem Wortlaut ("oben") auf zwei Forderungsaufstellungen, die zweite ("unten") auf keine. Schon das begründet die Intransparenz. Bei im Verbandsprozess gebotener kundenfeindlichster Auslegung enthalten beide Klauseln ein Anerkenntnis zukünftiger Betreibungskosten, ohne dass dieses auf solche Kosten beschränkt wäre, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich sind. Das ist gröblich benachteiligend iSv § 879 Abs 3 ABGB.

"Zur Sicherstellung dieser Forderungen verpfände ich dem von ihnen vertretenen Gläubiger den pfändbaren Teil meiner mir jetzt und künftig zustehenden Ansprüche gegen meine(n) jeweiligen Arbeitgeber/bezugs-/ pensionsauszahlende Stelle. Weiters erstreckt sich dies auch auf allfällige Ansprüche nach dem Insolvenzentgeltsicherungsgesetz." (Klausel 3)

Durch den Verweis auf "diese" Forderungen auf die Klauseln [1] und [2], die ihrerseits intransparent sind, wird die verweisende Klausel auch intransparent. Ob auch ein Verstoß gegen § 12 KSchG vorliegt, ließ der OGH offen.

"Um bei der Durchsetzung des Pfandrechtes unnötige Kosten zu vermeiden, bin ich damit einverstanden, dass Sie mich für den Fall der Nichtberichtigung einer fälligen Forderung auffordern, meine Ermächtigung dazu zu erteilen, dass Sie berechtigt sind, - ohne dass es der Erwerbung eines vollstreckbaren Titels und der gerichtlichen Zwangsversteigerung bedarf - die verpfändete Forderung durch Einziehung bei einem meiner Dienstgeber zu verwerten. Diese Aufforderung ist an die von mir Ihnen zuletzt bekanntgegebene Adresse zu übermitteln und hat eine Rückäußerungsfrist von 14 Tagen und den besonderen Hinweis zu enthalten, dass im Falle meiner Nichtäußerung meine Ermächtigung als erteilt gilt." (Klausel 5)

Die Klausel beschränkt sich nicht auf die Information des Dienstgebers, sondern regelt in erster Linie die (fingierte) Zustimmung des Schuldners zur Verwertung der verpfändeten Forderung. Die Formulierung der Klausel ("dass Sie berechtigt sind, (...) die verpfändete Forderung durch Einziehung (...) zu verwerten") deutet auf eine Verwertung durch die Beklagte im eigenen Namen. Da dies (auch) nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten nicht gewollt ist, gibt die Klausel die Rechtslage nicht richtig wieder. Die Klausel ist daher intransparent.

"Auszufüllen vom Gattenteil, Lebensgefährt(e) als Bürge." (Klausel 7)

Das klagsstattgebende Ersturteil zu Klausel 7 wurde von der Beklagten nicht bekämpft. Die Revision der Beklagten zu der Klausel wurde daher zurückgewiesen.


b) Gesetzeskonform sind folgende Klauseln:

"Ich ermächtige Sie weiters die bezugsauszahlende Stelle, von einer nach Fälligkeit der Forderung an mich gerichteten Aufforderung zur Erteilung der Zustimmung zur Einziehung der verpfändeten Forderung, in Kenntnis zu setzen." (Klausel 4)

"Sie sind berechtigt, sodann meine(n) Arbeitgeber/bezugs-/pensionsauszahlende Stelle von dieser Verpfändung zu verständigen und diese in meinem Namen zu ermächtigen, Ihnen die Auskünfte über meine Bezüge zu erteilen." (Klausel 6)

Die Vorinstanzen wiesen das Unterlassungsbegehren zu diesen beiden Klauseln ab, weil sich daraus entgegen der Auffassung des Klägers nicht ergebe, dass die Beklagte - und nicht deren jeweiliger Auftraggeber - Pfandgläubiger sei. Die Klauseln enthielten lediglich die Ermächtigung der Beklagten, den Arbeitgeber des Schuldners von bestimmten Umständen zu informieren.

2) Geschäftspraktiken

§ 28a KSchG ist hier anwendbar. Es kommt hierbei nicht darauf an, dass der konkrete innerstaatliche Rechtsakt in Umsetzung einer im Anhang dieser RL aufgezählten Richtlinien gesetzt wurde, sondern nur darauf, dass er in den Anwendungsbereich einer dieser Richtlinien fällt. Diese Bedingung ist bei beiden beanstandeten Geschäftspraktiken erfüllt.

a) Zum Fehlen der in § 6 VKrG genannten Informationen (Punkt 1)

Zur Frage, ob das beklagte Inkassobüro durch die Vermittlung von Ratenvereinbarungen als Kreditvermittler auftritt und daher zur Erteilung der in § 6 VKrG angeführten Informationen verpflichtet ist, gab es eine Vorabentscheidung des EuGH (C-127/15 ). Der EuGH führte dazu aus:

- Eine Vereinbarung über einen neuen Tilgungsplan, die über ein Inkassobüro zwischen einem Kreditgeber und einem säumigen Verbraucher geschlossen wird, ist nicht "unentgeltlich" im Sinne dieser Bestimmung, wenn sich der Verbraucher darin verpflichtet, den Gesamtbetrag des Kredits zu zahlen sowie Zinsen und Kosten, die im ursprünglichen Vertrag über die Gewährung des Kredits nicht vorgesehen waren.

- Ein Inkassobüro, das für einen nicht getilgten Kredit im Namen des Kreditgebers einen neuen Tilgungsplan vereinbart, aber nur in untergeordneter Funktion als Kreditvermittler beteiligt ist, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist, ist als "Kreditvermittler" im Sinne von Art 3 Buchst f anzusehen und unterliegt nicht der in den Art 5 und 6 der Richtlinie aufgestellten Verpflichtung, dem Verbraucher vorvertragliche Informationen zu erteilen.

Da dieser Punkte noch nicht spruchreif ist, wurde dies an das Erstgericht zurückverwiesen.

Zur Frage, ob das beklagte Inkassobüro hier in untergeordneter Funktion als Kreditvermittler beteiligt ist, führt der OGH aus, dass dies typischerweise der Fall ist beim bloßen Überreichen von Formularen des Kreditgebers durch einen Händler oder Dienstleistungserbringer. In diesen Fällen erbringt der "Vermittler" primär eine andere Leistung an den Verbraucher, wobei der vermittelte "Kredit" der Finanzierung des dafür zu leistenden Entgelts dient. Dann liegt es aber auf der Hand, dass "Hauptzweck" der Tätigkeit des "Vermittlers" nicht das Vermitteln des Kredits, sondern das Erbringen seiner eigenen Leistung als Händler oder Dienstleister ist. Hier hingegen gehört laut OGH das Vermitteln der Zahlungsvereinbarung ("Kredit") zumindest nach dem bisherigen Stand des Verfahrens zu den primären Leistungen der Beklagten, wobei sie diese Leistung ihren jeweiligen Auftraggebern gegen Entgelt ("Erhebungskosten", "Evidenzkosten") erbringt; die Überwälzung dieser Kosten auf den Schuldner erfolgt erst in einem zweiten Schritt. Sollten zudem die Auftraggeber die nach § 6 VKrG erforderliche Informationen praktisch nie selbst erteilen, sondern den Abschluss und die Abwicklung der Zahlungsvereinbarungen im Wesentlichen der Beklagten überlassen, könnte nicht mehr angenommen werden, dass die Beklagte insofern nur in "untergeordneter Funktion" handelte. Vielmehr gehörte in diesem Fall die Vermittlung von Zahlungsvereinbarungen auch wegen der systematischen Auslagerung der die Auftraggeber (als Kreditgeber) treffenden Pflichten ebenfalls zu den "Hauptzwecken" der Geschäftstätigkeit der Beklagten.

b) Zum Abschluss von Vereinbarungen über Betreibungskosten ohne gesonderte Aufschlüsselung

Der klagende VKI brachte vor, dass die von der Beklagten geschlossenen Vereinbarungen über die Erstattung der Betreibungskosten nach § 6 Abs 1 Z 15 KSchG einer Aufschlüsselung bedarf.

Die nach § 6 Abs 1 Z 15 KSchG notwendige Aufschlüsselung erfordert, dass dem Verbraucher das Größenverhältnis zwischen Hauptschuld (samt Zinsen) und Betreibungskosten vor Augen geführt wird; weiters soll dem Verbraucher die Prüfung der Angemessenheit der einzelnen Positionen ermöglicht werden. Diesen Anforderungen wird das Formblatt der Beklagten nicht gerecht. Die Kostenaufschlüsselungen weisen unterschiedliche Beträge für Mahnkosten und Evidenthaltung auf, ohne dass dies näher erläutert würde. Mangels Angabe der Laufzeit der Ratenvereinbarung ist nicht erkennbar, in welcher Höhe selbst bei vereinbarungsgemäßem Verhalten Kosten der Evidenthaltung anfallen werden. Der (zweiten) Aufschlüsselung ist nicht zu entnehmen, dass zukünftige Mahnkosten nur im Fall ihrer Zweckmäßigkeit geschuldet werden.

OGH 21.2.2017, 4 Ob 265/16y
Volltextservice
Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail
unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang