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Urteil: Sammelklage gegen Gulet ist nicht sittenwidrig

In der Sammelklage des VKI gegen Gulet Touropa Touristik (GTT) wurde einer erster Teilerfolg errungen: Die Sammelklage entspricht dem Gesetz und ist nicht sittenwidrig.

Der VKI hat den Reiseveranstalter Gulet Touropa Touristik (GTT) im Namen von 110 geschädigten Konsumenten mit einer Sammelklage geklagt - Streitwert: rund 2,3 Millionen Schilling (ca. € 167.000). Die Urlauber waren Opfer einer Durchfall-Epidemie im Magic Life Club Bodrum Anfang Sommer 2000. Nun wird Preisminderung und Schadenersatz verlangt.

Gulet bestreitet alles

GTT bestreitet im Verfahren alles: Es gab keine Epidemie, wenn doch, dann sei Gulet daran nicht schuld. Überdies bekämpfte Gulet die Konstruktion der Sammelklage als sittenwidrig.

Das Gericht geht nun - so die Begründung - davon aus, dass die Konstruktion der vom VKI erstmals in der Praxis angewandten "Sammelklage nach österreichischem Recht" nicht sitten- bzw. gesetzwidrig ist. Diese Klage baut auf einer neuen Prozessfinanzierung auf (Basis: Erfolgsquote von 30 Prozent). Sie hat somit den ersten "Praxistest" bestanden.

Sammelklage nach österreichischem Recht

Die "Sammelklage nach österreichischem Recht" baut auf zwei Säulen auf:

1) Die geschädigten Verbraucherinnen treten dem VKI gemäß § 55 Abs 4 JN ihre Ansprüche ab und der VKI klagt den Unternehmer mit einer Klage auf die Gesamtsumme. Das dient der Prozessökonomie: Es entscheidet ein Gericht, ein Richter und es beurteilt ein Sachverständiger allfällige Tatsachen. Ein einziges Verfahren geht durch die Instanzen und der OGH (Oberste Gerichtshof) muss einmal eine Grundsatzentscheidung treffen.

Prozessrisiko schreckt kleine Einzelkläger ab

2) Das Prozesskostenrisiko verhindert - gerade bei kleineren Streitwerten - in der Regel, dass Verbraucher Ihre Rechte bei Gericht durchsetzen. Oft müssen sie sich mit "Kulanzen" abspeisen lassen. Daher wird das Prozesskostenrisiko bei der Sammelklage durch einen Prozesskostenfinanzierer (FORIS AG ) getragen. Als Entgelt für die Risikoübernahme bekommt FORIS im Erfolgsfall dreißig Prozent des einbringlich gemachten Kapitals. Die Geschädigten prozessieren also ohne Risiko und haben die Chance bis zu siebzig Prozent Ihrer Forderung durchsetzen zu können.

Auch Pflegschaftsgerichte akzeptieren Sammelklage

GTT behauptete, diese Konstruktion verstoße gegen das Verbot für Rechtanwälte und ähnliche Berufsgruppen, mit Mandanten Streitanteilsvereinbarungen zu treffen. Der OGH hat dies für "Schadenshelfer"-Organisationen bereits einmal verneint. Auch die Rechtsanwaltskammer sieht kein Problem in der Vertragskonstruktion von FORIS. Und dutzende Pflegschaftsgerichte haben die Abtretungen von Ansprüchen minderjähriger Geschädigter in Sachen GTT genehmigt. Nun hat auch das Prozessgericht klargestellt, dass die Konstruktion der VKI-Sammelklage gesetzeskonform ist. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig und wird wohl von Gulet bekämpft werden.

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