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Urteil: § 5j KSchG mit geltendem EU-Recht vereinbar

OGH entscheidet erstmals über die Zulässigkeit von Gewinnzusagenklagen gem. § 5j KSchG iZm mit der RL 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken.

Das beklagte Unternehmen die Schlanke Silhouette Versand S.L. vertrat in einem Gewinnzusagenprozess über EUR 21.700,-- die Rechtsansicht, § 5j KSchG sei als überschießende Norm nicht anzuwenden und normiere ein strengeres Per-se-Verbot von Gewinnzusagen als die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken dies vorsieht. Das Gericht möge daher die Klage des Konsumenten abweisen.

Dem trat der OGH entschiedene entgegen und wies auch den Antrag der beklagten Partei, die Rechtsache dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen, zurück. 

Laut OGH ist nicht erkennbar, warum § 5j KSchG strenger sein soll als das geltende Unionsrecht. Eine Kollision mit EU-Recht ist nicht erkennbar. Die den Mitgliedstaaten vorbehaltenen Sanktionen zur Durchsetzung der RL sollen vor allem wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Genau diesen Erfordernissen entspricht der durch § 5j KSchG geschaffene Erfüllungsanspruch. 

Erweckt eine Zusendung ihrem Inhalt und ihrer Aufmachung nach bei einem Verbraucher den (unrichtigen) Eindruck, er habe einen Preis gewonnen, obwohl diesen tatsächlich ein anderer bekommt, kann der Preis vom Verbraucher nach § 5j KSchG eingeklagt werden. Für die Unlauterkeit der Geschäftspraxis und die verpönte Beeinflussung des betreffenden Verbrauchers ist es auch ohne Bedeutung, ob der angekündigte Vorteil ("in Wirklichkeit") überhaupt nicht vergeben werden soll oder ob der Gewerbetreibende - entgegen dem erweckten Eindruck - den Vorteil einem anderen als dem angesprochenen Verbraucher zukommen lassen will. 

Nicht nur jene Geschäftspraktiken im Anhang I der RL 2005/29/EG vom 11.5.2005 sind (jedenfalls) als unlauter und damit verboten anzusehen, sondern darüber hinaus (verbotene) unlautere Geschäftspraktiken, die nach der Generalklausel des Art 6 Abs 1 der RL als irreführende Handlung bzw. nach Art 8 der RL als aggressive Geschäftspraktik zu qualifizieren sind. 

Im Verfahren begehrte der Kläger die Auszahlung des zugesagten Geldbetrages über EUR 21.700,--, nachdem er von der Beklagten eine Mitteilung übersandt erhielt, aus der er den Eindruck gewonnen hat, einen Barbetrag von EUR 21.700,-- gewonnen zu haben. Der Kläger sandte entsprechend der Aufforderung die ausgefüllten Unterlagen fristgerecht an die Beklagte zurück.

Der OGH bestätigte den Klagszuspruch des Berufungsgerichts. Denn die zu beurteilende "Gewinnzusage" der Beklagten erfülle alle Voraussetzungen einer irreführenden Handlung iS des Art 6 der Richtlinie, sodass § 5j KSchG auch bei richtlinienkonformer Auslegung auf die zu beurteilende Gewinnzusendung anzuwenden sei.

Die Schlanke Silhouette S.L. mit Sitz in Spanien ist nun zur Auszahlung der Gewinnzusage über EUR 21.700,--  plus Zinsen und Kosten an den Kläger verpflichtet. Es bleibt abzuwarten, ob das Unternehmen auch Zahlung leistet bzw. ob bei einer Exekution in Spanien Geld zu holen wäre. Falls nein, bleibt der Kläger auf den Prozesskosten sitzen. Daher raten wir, nur mit Rechtsschutzversicherung solche Klagen zu führen. 

OGH 6.9.2012, 1 Ob 137/12x
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Klagevertreter Mag. Gerold Beneder; RA in Wien

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