Im Jahr 1996 war die beklagte Verbraucherin 15 Jahre alt und hielt sich für eine Woche in der Wohnung einer Freundin ihrer Mutter auf, um auf deren Katze aufzupassen. Zu dieser Zeit wurde in dem Haus Telekabel verlegt und ein Kundenberater suchte die nunmehr Beklagte auf und bot ihr einen "Probeanschluss" der kostenlos sei, an. Die Beklagte wies ausdrücklich darauf hin, dass sie erst 15 Jahre alt sei und äußerte Bedenken, ob sie die vorgelegten Unterlagen überhaupt unterschreiben dürfe. Der Vertreter der klagenden Partei bejahte dies jedoch. Tatsächlich unterschrieb die Beklagte - ungelesen - einerseits einen Anschlussvertrag (Anschlussgebühr S 3.990,--/laufende Gebühr pro Monat S 190,--) sowie eine Zusatzerklärung, aus der hervorgeht, dass sie an der genannten Adresse wohnhaft sei und über ein eigenes Einkommen verfüge und daher die Anschlussgebühr sowie die laufenden Betriebsgebühren damit begleichen könne.
Die Beklagte erhielt keine Durchschrift des Vertrages. Erst als gegen sie seitens Telekabel Exekution geführt wurde, wurde sie darauf aufmerksam, dass von Telekabel auf die Adresse der Freundin ihrer Mutter aber lautend auf ihren Namen ein Zahlungsbefehl erwirkt wurde. Dieser wurde durch Hinterlegung zugestellt. Der Anwalt der Verbraucherin - Dr. Walter Reichholf - erwirkte daher zunächst eine Aufschiebung der Exekution und sodann eine Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung, da die Mahnklage ja nie rechtswirksam zugestellt worden war. Im Verfahren selbst stützte die klagende Partei ihr Begehren nicht nur auf Vertragserfüllung sondern auch auf Schadenersatz wegen "listiger Irreführung".
Das Gericht ging davon aus, dass die beklagte Verbraucherin mit einem Lehrlingseinkommen von S 3.000,-- pro Monat keineswegs den Vertrag ohne ihren Lebensunterhalt zu gefährden, eingehen konnte. Da auch die gesetzliche Vertreterin der Beklagten den Vertrag nie genehmigt hatte, war kein wirksamer Anschlussvertrag zu Stande gekommen. Das Gericht wies aber auch den Schadenersatzanspruch ab. Zwar sei gemäß § 153 ABGB ein minderjähriges Kind mit Erreichung der Mündigkeit (14 Jahre) nach schadenersatzrechlichen Bestimmungen verschuldensfähig. § 866 ABGB lege aber fest, dass derjenige zur Genugtuung verpflichtet sei, der nach Vollendung des 18.Lebensjahres listiger Weise vorgebe, dass er Verträge zu schließen fähig sei und dadurch einen anderen, der nicht gleich die Erkundigungen einholen kann, hintergeht. Diese Bestimmung werde so verstanden, dass damit ausnahmsweise die Deliktsfähigkeit für eine Irreführung über die Geschäftsfähigkeit erst mit Vollendung des 18. und nicht schon mit Vollendung des 14. Lebensjahres einsetzt. Das Gericht hat auch eine plausible Erklärung dafür: Der durch die Geschäftsfähigkeitsregelung gewährte Schutz würde sein Ziel nämlich dann nicht erreichen können, wenn zwar die Gültigkeit des Vertragsabschlusses durch einen mündigen Minderjährigen verneint würde, ihm aber zugleich eine Ersatzpflicht auferlegt werden könnte. Vor Vollendung des 18.Lebensjahres ist daher jede Haftung des beschränkt Geschäftsfähigen wegen Täuschung über seine Geschäftsfähigkeit ausgeschlossen.
Urteil: Telekabelvertrag mit Minderjähriger unwirksam
Ein Telekabelanschlußvertrag mit einer Fünfzehnjährigen ist unwirksam. Die Entgeltforderung kann auch nicht auf Schadenersatz gestützt werden.