Konkret geht es um folgende Klauseln
1) Die Vertragsdauer sowie die Kündigungsbestimmungen werden in Übereinstimmung mit § 15 Abs 3 KSchG wie folgt vereinbart:
Der Wärmelieferungsvertrag wird grundsätzlich auf die Dauer des Mietverhältnisses zwischen dem Großkunden und dem Kunden geschlossen und ist während dieser Zeit - unbeschadet von Punkt VII.1 - beiderseits unkündbar. Er endet jedenfalls mit dem Mietverhältnis sowie mit dem Ende des Vertrages zwischen dem Großkunden und Fernwärme Wien. Der Vertrag kann vom Kunden nur gleichzeitig mit dem Mietvertrag aufgekündigt werden.
Die vorliegende Vereinbarung sieht vor, dass der Wärmelieferungsvertrag für die Dauer des Mietverhältnisses unkündbar sein soll. Wir haben darin einen Verstoß gegen die Kündigungsbestimmungen des § 15 KSchG gesehen. Gemäß § 15 Abs 1 KSchG können Wärmelieferungsverträge, die für eine unbestimmte oder eine ein Jahr übersteigende Zeit geschlossen worden sind, unter Einhaltung einer zweimonatigen Frist zum Ablauf des ersten Jahres, nachher zum Ablauf jeweils eines halben Jahres gekündigt werden. Davon abweichende Kündigungstermine dürfen nur unter den Voraussetzungen des § 15 Abs 3 KSchG vereinbart werden.
Unserer Meinung nach liegen die in § 15 Abs 3 KSchG genannten Voraussetzungen nicht vor, weshalb die Klausel gegen § 15 Abs 3 KSchG verstößt. Gemäß § 15 Abs 3 KSchG können den Umständen angemessene, vom Absatz 1 und 2 abweichende Kündigungstermine und Kündigungsfristen nur dann vereinbart werden, wenn die Erfüllung des Vertrages erhebliche Aufwendungen des Unternehmers erfordert. In den AGB der Fernwärme Wien findet sich zwar ein Hinweis auf "erhebliche Aufwendungen" , allerdings reicht die bloße Behauptung besonderer Aufwendungen - ohne diese nach Art und Umfang nachvollziehbar darzulegen - nicht aus. Vielmehr ist die Information über besondere Aufwendungen Voraussetzung dafür, dass eine Vereinbarung über abweichende Bindungsfristen zulässig ist. Der Unternehmer hat dem Verbraucher die Mehrleistung genau zu erklären. Auf Grund der Informationen des Unternehmers muss sich nämlich die Angemessenheit abweichender Kündigungstermine beurteilen lassen. Fehlt eine solche Konkretisierung, so kann der Wärmeliefervertrag eben unter Einhaltung der Kündigungsfristen gemäß § 15 Abs 1 KSchG gekündigt werden.
2) Im Falle von Wohnungseigentum wird der Vertrag auf die Dauer des Eigentumsrechts des Kunden am Nutzungsobjekt abgeschlossen und ist während dieser Zeit - unbeschadet von Punkt VII.1 - beiderseits unkündbar. Er kann vom Kunden nur bei gleichzeitiger Übertragung des Eigentumsrechts aufgekündigt werden und endet jedenfalls bei Erlöschen des Eigentumsrechts sowie bei Auflösung des Vertrages zwischen der Eigentümergemeinschaft und Fernwärme Wien.
Auch im Fall von Wohnungseigentum sollte der Vertrag für die Dauer des Eigentumsrechtes des Kunden nicht kündbar sein, was wir wiederum - wie zu Klausel 1) bereits näher ausgeführt - mit einem Verstoß gegen § 15 Abs 3 KSchG begründeten.
3) Bei Änderung der Besitz-, Eigentums- oder Miteigentumsverhältnisse hat der Kunde dafür zu sorgen, dass der Nachfolger in die Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag eintritt. Innerhalb eines Monats, nachdem dies geschehen ist und der Veräußerer der Fernwärme Wien eine schriftliche Mitteilung gemacht hat, erlischt die Haftung aus diesem Vertrag.
Diese Vereinbarung halten wir für gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB, da es keine sachliche Rechtfertigung dafür gibt, den Kunden dafür sorgen zu lassen, dass auch sein Nachfolger in den Vertrag eintritt. Andernfalls würde der Kunde weiterhin aus dem Vertrag haften, was nur als Knebelung bezeichnet werden kann. Der Kunde wird dadurch in seiner Privatautonomie erheblich beschränkt. Will er z.B. sein Eigentum verkaufen, so reicht es nicht, wenn er irgendeinen Käufer findet, sondern müsste dieser auch bereit sein, in die Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag einzutreten. Eine solche Vereinbarung schränkt somit das Eigentumsrecht des Kunden massiv ein und ist daher rechtswidrig im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB.
Das HG Wien gab uns in allen Punkten Recht. Wir gehen allerdings davon aus, dass die Gegenseite gegen dieses Urteil Berufung erheben wird.
HG Wien 11.2.2003, 19 Cg 159/02g nrk
Volltextservice
Klagevertreter: Dr. Stefan Langer