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Urteil: VKI gegen gesetzwidrige Klauseln bei VISA erfolgreich

Der VKI hat im Auftrag der Arbeiterkammer Vorarlberg in einem Verbandsverfahren die VISA-Service Kreditkarten AG wegen Verwendung rechtswidriger Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen geklagt. Das Handelsgericht Wien erachtete von den 24 eingeklagten Klauseln 16 als rechtswidrig, nur 8 als rechtskonform.

Die 24 Klauseln befinden sich großteils in den "Geschäftsbedingungen für den Gebrauch der VISA-Karte", manche auch in den "Geschäftsbedingungen für die elektronische Zusendung der Monatsrechnung per E-Mail".

Als rechtswidrig erachtete das Gericht folgende Klauseln:

3. Die Zusendung, mit welcher der PIN-Code dem Karteninhaber übermittelt wird, ist unverzüglich nach Erhalt zu öffnen, der PIN-Code zur Kenntnis zu nehmen und unmittelbar danach zu vernichten. Unterlässt dies der Karteninhaber, dann haftet er für alle Schäden, die im Fall der missbräuchlichen Verwendung des PIN-Codes eintreten.

Diese Klausel ist laut HG Wien gröblich benachteiligend und verstößt daher gegen § 879 Abs 3 ABGB, da diese Bestimmung für den Fall einer missbräuchlichen Verwendung des PIN-Codes, eine kausalitäts- und verschuldensunabhängige Haftung des Verbrauchers vorsieht, ohne zwischen vorwerfbarem und nicht vorwerfbarem Verhalten des Verbrauchers zu unterscheiden.

6. Die VISA AG übernimmt keine Haftung für den Fall, dass sich ein Vertragsunternehmen aus irgendwelchen Gründen weigert die Karte zu akzeptieren oder die Karte infolge technischer Störungen an Transaktionsverarbeitungsgeräten nicht einsetzbar ist.

Diese Klausel verstößt gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG, gegen § 6 Abs 3 KSchG und gegen § 9 Abs 1 KSchG. Gemäß § 6 Abs 1 Z 9 KSchG ist es dem Unternehmer verwehrt, bei anderen Schäden als Personenschäden, seine Verpflichtung zum Schadenersatz für den Fall, dass er oder eine Person, für die er einzustehen hat, den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldet hat, auszuschließen. Ein Vertragsunternehmen von VISA, welches die Karte verweigert, ist der Sphäre von VISA zuzurechnen; VISA hat daher für dessen Verschulden einzustehen.

Die in der Klausel enthaltene Ausdrucksweise "irgendwelche" Gründe verstößt zudem gegen das Transparenzgebot von § 6 Abs 3 KSchG.
Die gegenständliche Klausel verstößt gegen § 9 Abs 1 KSchG, der die Gewährleistungsrechte des Verbrauchers zwingend normiert.

8. Bei Zurücklassung der Karte in einem nicht in Betrieb stehenden Fahrzeug haftet der rechtmäßige Karteninhaber für die missbräuchliche Verwendung der von ihm unterschriebenen Karte und die daraus entstehenden Belastungen bis zu einem Betrag von EUR 1090,09.

Den Karteninhaber treffen schon kraft Gesetzes die Nebenpflichten, die Kreditkarte sorgfältig zu verwahren und ihren Diebstahl bzw Verlust unverzüglich zu melden. Eine rechtswidrige und schuldhafte Verletzung dieser Pflichten kann eine Verschuldenshaftung des Karteninhabers auslösen. Ist die Kartengesellschaft mit der Sperre der gestohlenen bzw sonst abhanden gekommen gemeldeten Karte säumig, fällt ihr ein Mitverschulden gem § 1304 ABGB zur Last. Die gegenständliche Klausel lege in diesem Fall einen Haftungshöchstbetrag des Verbrauchers mit EUR 1090,09 fest, der Karteninhaber haftet jedoch lediglich für den bis zum Einlangen der Diebstahls- oder Verlustmeldung entstandenen Schaden. Die Überwälzung der Haftung auf Karteninhaber für technische Missbräuche, wenn ohne Verschulden des Kunden die Karte kopiert und der Code in irgendeiner Weise ausgespäht wird, ist im Sinne des § 879 Abs 3 sittenwidrig. Die gegenständliche Klausel entspricht laut HG Wien auch nicht den Anforderungen des Transparenzgebotes gem § 6 Abs 3 KSchG und ist auch aus diesem Grund unwirksam.

9. In allen übrigen Fällen haftet der rechtmäßige Karteninhaber für die aus missbräuchlicher Verwendung der von ihm unterschriebenen Karte entstehenden Belastungen bis zu einem Betrag von EUR 72,67.

Diese Bestimmung legt laut HG Wien eine verschuldensunabhängige Haftung des Karteninhabers fest und bezweckt eine benachteiligende Verschiebung des Haftungsrisikos, welche gegen § 879 Abs 3 ABGB verstößt und iS dieser Norm sittenwidrig und daher unwirksam ist.

10. Der ausschließlich dem Karteninhaber bekanntgegebene PIN-Code darf niemandem zur Kenntnis gebracht werden, auch nicht den Mitarbeitern der VISA AG.

Ein striktes Stillschweigen über den PIN-Code auch gegenüber Mitarbeitern von VISA erscheint überzogen; ein durchschnittlich informierter Karteninhaber kann nicht davon ausgehen, dass der PIN-Code alleine ihm bekannt ist und weder Dritte noch Mitarbeiter von VISA die Möglichkeit haben, sich über den PIN-Code Kenntnis zu verschaffen noch diese vierstellige Zahl auf ihre Richtigkeit zu kontrollieren. Demnach ist die gegenständliche Klausel iSv § 879 Abs 3 ABGB sittenwidrig und daher unwirksam.

11. Die Weitergabe des PIN-Codes, die gemeinsame Verwahrung mit der Karte, die Anbringung auf der Karte, ein Niederschreiben des PIN-Codes oder gleichartige auf eigenen Willensentschluss des Karteninhabers beruhende Handlungen, welche die Erlangung des PIN-Codes durch Dritte ermöglichen, begründen im Missbrauchsfalle die volle Haftung des Karteninhabers.

Laut HG Wien liegt ein Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB vor und verweist auf die Begründung von Klausel Nr 8.

13. Hievon unbenommen bleibt die Haftung der VISA AG, für durch die VISA AG oder einen ihrer Mitarbeiter vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldeten Schäden, sowie der Ersatz eines Schadens an der Person.

Gem § 6 Abs 1 Z 9 KSchG ist ein Ausschluss der Haftung des Unternehmers von anderen Schäden als Personenschäden, die auf grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz des Unternehmers beruhen, unwirksam. Aus dieser Bestimmung kann aber nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass bei solchen Schäden der Ausschluss der Haftung für leichte Fahrlässigkeit generell zulässig wäre. Die vorliegende Bestimmung bezweckt den Haftungsausschluss für von VISA oder ihr zurechenbaren Personen leicht fahrlässig herbeigeführten Sachschäden. Die Klausel ist für den Verbraucher gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB und daher unwirksam, weil sie allgemein gehalten ist und somit auch Verletzungen vertraglicher Hauptpflichten von VISA umfasst.

15. Bei Kartensperre ist die VISA AG berechtigt eine Sperrgebühr zu verrechnen. Sämtliche Vertragsunternehmen der VISA-Kreditkartenorganisation sind berechtigt, gesperrte Karten im Namen der VISA AG einzuziehen.

Die Klausel unterscheidet nicht danach, ob die Ursache der Kartensperre der Sphäre von VISA oder des Verbrauchers zuzurechen ist; der Verbraucher hat jedenfalls eine Sperrgebühr zu entrichten. Die Klausel widerspricht § 879 Abs 3 ABGB und ist daher unwirksam.

16. Der auf unbestimmte Zeit geschlossene Kartenvertrag kann vom Karteninhaber jederzeit, ausgenommen innerhalb der letzten drei Monate vor Verfall der Karte, durch Rücksendung der Karte gekündigt werden.

Die Bestimmung verstößt zum einen gegen § 6 Abs 1 Z 4 KSchG, da dem Verbraucher für seine Kündigung eine strengere Form als die Schriftform - nämlich das Rücksenden der Karte - auferlegt wird.
Zum anderen liegt ein Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB vor, weil dem Verbraucher im Falle der nicht rechtzeitigen Kündigung die gesamte Jahresgebühr in Rechnung gestellt wird, was in Hinblick darauf, dass innerhalb der letzten drei Monate vor Verfall nicht gekündigt werden kann, für den Verbraucher gröblich benachteiligend ist.

17. Jede Verwendung einer verfallenen (Ziff. 3), einer gemäß Ziff. 8 bzw. Ziff. 9 ungültigen oder einer gemäß Ziff. 11 gekündigten Karte ist unzulässig.

Diese Klausel verstößt gegen § 6 Abs 3 KSchG, da sie durch den Verweis auf andere Klauseln in den AGB, welche lang und verschachtelt sind, für den durchschnittlichen Verbraucher nicht transparent ist.

18. Wird die Karte gemäß Ziff. 11 durch die VISA AG gekündigt, so hat der Karteninhaber den offenen Saldo innerhalb der im Kündigungsschreiben genannten Frist abzudecken.

Da die Frist zur Abdeckung des offenen Saldos im Belieben von VISA steht, ist diese Klausel für den Verbraucher gröblich benachteiligend; die Klausel ist daher gem § 879 Abs 3 ABGB unwirksam.

19. Barbehebungs- / Bearbeitungsentgelte, Spesen, Kosten und Gebühren aus Mahnungen, Adressnachforschungen, Kartensperre (einschließlich Neuausstellung der Karte bei Abhandenkommen), Zahlungsverzug (Verzugszinsen pro Monat vom jeweils aushaftenden Betrag, Rücklastschriftspesen, etc.) und dergleichen werden dem Karteninhaber zusätzlich angelastet.

Diese Bestimmung verstößt sowohl gegen § 6 Abs 3 KSchG als auch gegen § 879 Abs 3 ABGB. Zum einen ist für den Verbraucher nicht erkennbar, was unter "Spesen" tatsächlich zu verstehen ist und zum anderen in welcher Höhe diese Spesen verrechnet werden.

20. Eine Kündigung der Zusatzkarte(n) durch den Hauptkarteninhaber ist ohne Rückstellung der Zusatzkarte(n) nicht möglich.

Diese Klausel verstößt gegen § 6 Abs 1 Z 4 KSchG (s Klausel 16) und ist daher unwirksam.

21. Gerichtsstand ist Wien, Innere Stadt, soferne nicht ein Verbrauchergeschäft gemäß § 1 KSchG vorliegt.

Die vorliegende Bestimmung widerspricht § 6 Abs 3 KSchG, da sie undeutlich und unvollständig ist. Aus der Klausel geht nicht hervor, welches Gericht bei einem Verbrauchergeschäft zuständig ist. Außerdem kann nicht vorausgesetzt werden, dass ein durchschnittlich informierter Karteninhaber darüber Kenntnis hat, was unter einem Verbrauchergeschäft iSd § 1 KSchG zu verstehen ist.

23. Die VISA AG haftet nicht für Schäden, die aus einem gegenüber einer postalischen Zustellung allenfalls erhöhten Risiko einer elektronischen Zusendung der Monatsrechnung per E-Mail resultieren.

Diese Bestimmung enthält keine sachliche Rechtfertigung, warum die Haftung für das erhöhte Risiko der elektronischen Zusendung ausgeschlossen werden kann. Die Klausel ist daher unwirksam iSd § 879 Abs 3 ABGB.

24. Der Karteninhaber kann die Teilnahme an der elektronischen Zusendung der Monatsrechnung per E-Mail jederzeit schriftlich und rechtsgültig unterfertigt (per Brief oder Fax) widerrufen.

Gem § 4 Abs 1 SigG erfüllt eine sichere elektronische Signatur das rechtliche Erfordernis einer eigenhändigen Unterschrift, insb der Schriftlichkeit iSd § 886 ABGB, sofern durch Gesetz oder Parteienvereinbarung nicht anderes bestimmt ist. Die Klausel verschleiert daher die Rechtslage und verstößt somit gegen § 6 Abs 3 KSchG. Da vom dispositiven Recht zu Lasten des Verbrauchers abgewichen wird, verstößt die Klausel auch gegen § 879 Abs 3 ABGB.

Abgewiesen wurde die Klage bezüglich folgender Bestimmungen:

1. Mit der Unterfertigung und/oder Verwendung dieser Karte anerkennt der Karteninhaber die Geschäftsbedingungen für den Gebrauch der Karte.

Nach Ansicht des HG Wien verstoße diese Klausel nicht gegen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG. Gem § 6 Abs 1 Z 11 KSchG ist in einem Verbrauchergeschäft eine Klausel unwirksam, nach der dem Verbraucher eine Beweislast auferlegt wird, die ihn von Gesetzes wegen nicht trifft. Die Wirkung einer Vereinbarung über eine Beweislastverschiebung soll oft über den Umweg einer vom Verbraucher abgegebenen Tatsachenbestätigung erzielt werden. Die Judikatur gehe davon aus, dass durch die Unterfertigung derartiger Bestätigungen lediglich ein neues Beweismittel geschaffen werde, jedoch keine Verschiebung der Beweislast iSd Z 11 eintritt (OLG Wien 30.08.1995, 6 R 571/94), die gegenteilige Auffassung wurde jedoch vom OLG Linz vertreten, das eine derartige Klausel in einem Verbandsprozess verboten hat (25.10.2000, 6 R 268/00z). Das HG Wien folgt im gegenständlichen Prozess der obigen -  älteren - Entscheidung des OLG Wien, wonach lediglich ein neues Beweismittel geschaffen wird. Im Falle eines Prozesses zwischen dem Karteninhaber und VISA habe VISA zu beweisen, dass der Vertrag unter Zugrundelegung der AGB zustande gekommen ist.
Nach Ansicht des VKI lässt diese Begründung eine kürzlich gefällte Entscheidung des OGH (04.05.2006, 9 Ob 15/05d)völlig außer Acht und ist damit verfehlt.

2. Sofort nach Erhalt hat der Karteninhaber an der auf der Karte dafür vorgesehenen Stelle seine Unterschrift anzubringen. Unterlässt dies der Karteninhaber, dann übernimmt er die volle Haftung für alle Schäden, die im Falle des Verlustes oder Diebstahls der Karte durch Benützung derselben eintreten.

Laut HG Wien verstößt die Bestimmung nicht gegen § 879 Abs 3 ABGB. Es ist allgemein bekannt ist, dass Kreditkarten ohne Unterschrift ein erhebliches Risiko darstellen, weshalb die Karte unverzüglich nach Erhalt mit der Unterschrift des Karteninhabers zu versehen ist. Weiters begründet das HG Wien die Rechtmäßigkeit der Klausel damit, dass die vom VKI vorgebrachten Argumente, wonach Postkästen aufgebrochen und Postboten überfallen werden können, nicht greifen, da sich diese Vorgänge vor Erhalt der Karte ereignen und der Verbraucher die Karte nie erhalten hat.

4. Bei Kreditkartentransaktionen bei denen die Karte außerhalb der Europäischen Union verwendet wird und/oder sich der Standort des Vertragsunternehmens außerhalb der Europäischen Union befindet, sowie für Fremdwährungstransaktionen (das sind Transaktionen, die nicht in EURO stattfinden) innerhalb der Europäischen Union gelangt ein Bearbeitungsentgelt zur Verrechnung. Bei jeder Barbehebung wird ein Barbehebungsentgelt verrechnet.

Das HG Wien sieht die in dieser Klausel erwähnte "Bearbeitungsgebühr" als bestimmbar iSv § 6 Abs 3 KSchG an, da die Bearbeitungsgebühr aus dem Trägerpapier, mit welchem die Karte übersendet wird, aus einer Auflistung der Spesen gemäß Punkt 4 der AGB als eine Prozentangabe entnehmbar ist.
Fraglich bleibt hier, warum die Geschäftsbedingungen auf der Homepage von VISA, die der gegenständlichen Klage zugrundegelegt wurden, die Höhe des Bearbeitungsentgeltes und des Barbehebungsentgeltes nicht erwähnen.

5. Bei in Fremdwährung entstandenen Belastungen anerkennt der Karteninhaber den zur Verrechnung gelangenden Wechselkurs.

Nach Ansicht des HG Wien widerspricht diese Bestimmung nicht § 879 Abs 3 ABGB, da der Wechselkurs von VISA nicht einseitig willkürlich festgelegt werden könne, vielmehr handle es sich dabei um einen Wert, der vor dem Handeln des Verbrauchers weder bestimmt noch bestimmbar ist und sich anhand der jeweils sich ergebenden Marktsituation ermitteln lasse.
Nach Ansicht des VKI ist es nicht so eindeutig, welcher Wechselkurs hier zur Anwendung kommt; dies zeigt die Klausel selbst, die bestimmt, dass der Karteninhaber "den zur Verrechnung gelangenden Wechselkurs" anerkennt.

7. Der Karteninhaber ist zur sicheren Verwahrung seiner Karte verpflichtet. Die Zurücklassung der Karte in einem nicht in Betrieb stehenden Fahrzeug, in Räumlichkeiten oder an Orten, zu welchem sich unbefugte Dritte ohne erheblichen Aufwand Zugang verschaffen können, stellen beispielweise keine sichere Verwahrung dar.

Das HG Wien meint, dass für einen Durchschnittsverbraucher Sinn und Zweck dieser Klausel durchaus ersichtlich und abschätzbar seien. Einerseits ist der Zweck dieser Klausel den Verbraucher vor einem fahrlässigen Umgang zu warnen, andererseits soll der Karteninhaber auf die typischen Sorgfaltspflichten, die mit der Innehabung einer Karte verbunden sind, aufmerksam gemacht werden. Demnach entspricht nach Auffassung des HG Wien die Formulierung der Klausel dem Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG.

Der VKI argumentierte, dass es diese Klausel unbestimmt iSd § 6 Abs 3 KSchG ist, da nicht klar ist, wann sich ein unbefugter Dritten ohne erheblichen Aufwand zu einem Ort Zugang verschaffen kann und welches Verhalten einen erheblichen Aufwand darstellt. Auch den geltend gemachten § 879 Abs 3 ABGB lässt das HG Wien völlig unerwähnt.

12. Von dieser Haftung wird der Karteninhaber nach Ablauf von vierundzwanzig Stunden nach Einlangen der Meldung (z. B. telefonisch, telegraphisch oder durch persönliche Vorsprache) der Verletzung der Geheimhaltungspflicht bei der VISA AG oder kontoführenden Bank befreit.

Das HG Wien meint, dass die 24-Stunden-Frist angesichts der weltweiten Einsetzbarkeit der Visakarte und der Notwendigkeit, Sperren weltweit in den Systemen der einzelnen Unternehmen zu implementieren, angemessen und gerechtfertigt. Weiter führt das HG Wien aus, dass im Fall der Zögerung der Kreditkartensperre durch VISA über die entsprechende Reaktionszeit hinaus, VISA ein Mitverschulden zur Last fällt, das sich mit Fortdauer der Untätigkeit zunehmend steigert.

Für den VKI ist es nicht einsichtig, warum der Karteninhaber auch für Missbrauchsfälle haften soll, die binnen 24 Stunden nach Einlangen seiner Meldung bei VISA eingetreten sind. Nicht nachvollziehbar ist es, dass ein gut durchorganisiertes, weltweit agierendes Unternehmen wie VISA 24 Stunden brauchen soll, um im System eine Kartensperre vorzunehmen.

14. Die VISA AG ist zur Kartensperre insbesondere berechtigt, wenn der Karteninhaber eine Karte als abhanden gekommen gemeldet hat, wenn die Voraussetzungen gem. Ziffer 9 nicht mehr gegeben sind, wenn die Karte durch Auflösung des Vertragsverhältnisses ungültig geworden ist, wenn der Karteninhaber wesentliche Pflichten verletzt, ein Missbrauch erfolgt oder ernsthaft zu befürchten ist. Die VISA AG ist berechtigt, die Nummern gesperrter Karten den Vertragsunternehmen bekannt zu geben. Wird ein Terminal, wie beispielsweise ein Bargeldautomat, mehrmals, etwa durch Eingabe eines unrichtigen Pin-Codes, durch den Karteninhaber falsch bedient, so kann aus Sicherheitsgründen die Karte vom Automaten eingezogen werden.

Das HG Wien sieht keine Notwendigkeit der Ausformulierung dieser Klausel als eine Muss-Bestimmung, wie vom VKI eingewendet. Eine Verletzung von § 6 Abs 3 KSchG liege daher nicht vor.

Nach Auffassung des VKI liegt hier ein Verstoß gegen Vollständigkeitsgebot von § 6 Abs 3 KSchG vor, weil durch diese reine Kann-Bestimmung die Pflichten des Unternehmers unklar, unvollständig und unverständlich abgefasst sind.

22. Der Karteninhaber hat empfängerseitig dafür Sorge zu tragen, dass sämtliche elektronische Zusendungen der Monatsrechnung per E-Mail der VISA AG ordnungsgemäß an die vom Karteninhaber bekannt gegebene E-Mail-Adresse zugestellt werden können und technische Einrichtungen wie etwa Filterprogramme oder Firewalls entsprechend zu adaptieren.

Das HG Wien gegründet die Rechtmäßigkeit dieser Klausel wir folgt: Im Falle der Vereinbarung einer Zusendung der Monatsrechnung per E-mail entstehen gegenseitige besondere Sorgfaltspflichten der Streitparteien bereits aufgrund des rechtsgeschäftlichen Kontakts neben ihren Hauptpflichten, ohne diese vereinbaren zu müssen. Demnach haben beide Parteien ihren Sorgfaltspflichten nachzukommen, um eine problemlose elektronische Zustellung der Monatsrechnung per E-mail zu ermöglichen. Wie VISA einwendet, im Falle einer nicht ordnungsgemäß erfolgten Zustellung der Monatsrechnung, tritt keine Fälligkeit derselben sein, wodurch auch VISA Sorgfaltspflichten auferlegt werden. Demnach widerspricht diese Klausel weder gegen § 879 Abs 3 ABGB noch gegen Bestimmungen des KSchG.
Der VKI argumentierte damit, dass die AGB den Karteninhaber einseitig dazu verpflichten, für den reibungslosen Empfang Vorsorge zu treffen; eine Pflicht von VISA absenderseitig ebenfalls für eine reibungslose Übermittlung Vorsorge zu treffen, wird nicht erwähnt.


Das Urteil ist nicht rechtskräftig.


HG Wien 24.10.2006, 18 Cg 74/06f
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Klagevertreter: Kosesnik-Wehrle & Langer, RAe in Wien

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