Der VKI hat im Auftrag des Konsumentenschutzministers Buchinger die Bausparkasse Wüstenrot AG geklagt, weil nach Ansicht des VKI die Allgemeinen Bedingungen für das Bauspargeschäft (3/2006) gesetzwidrige Klauseln enthielten.
Es handelt sich hierbei um folgende vier Klauseln:
1. Im Falle der teilweisen oder gänzlichen vorzeitigen Rückzahlung des Bauspardarlehens ist die Bausparkasse berechtigt, ein Vorfälligkeitsentgelt wie folgt zu errechnen: Werden vorzeitige Darlehensrückzahlungen oder Sondertilgungen geleistet, die insgesamt 20 % des grundbücherlich sichergestellten Ursprungsdarlehens überschreiten, ist die Bausparkasse berechtigt, ein Vorfälligkeitsentgelt im Ausmaß von 2 % des über die vertragliche Zahlungsverpflichtung hinaus geleisteten Betrages zu verrechnen. (§ 11 Z 2 2.Halbsatz der AGB)
2. Erstreckt sich eine nicht geringfügige, jedoch sachlich gerechtfertigte Änderung auf bereits abgeschlossene Bausparverträge, so ist mit deren Mitteilung der Bausparer davon zu verständigen, dass er innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Zugang der Mitteilung verlangen kann, dass die Änderung auf seinem Bausparvertrag keine Anwendung finde, andernfalls seine Zustimmung zur Änderung als erteilt gilt. Wenn der Bausparer der Änderung seines Bausparvertrages rechtzeitig widerspricht und er noch keine Darlehenszusage erhalten hat, ist die Bausparkasse berechtigt, den Bausparvertrag zu kündigen und das Bausparguthaben nach den Bestimmungen des § 13 auszuzahlen. (§ 18 Z 2 der AGB)
3. Eine Willens- oder Wissenserklärung der Bausparkasse, welche diese an den Bausparer bzw. Darlehensnehmer unter seiner letzten von ihm der Bausparkasse bekanntgegebenen Adresse abgesandt hat, gilt als in dem Zeitpunkt zugegangen, in welchem der Bausparer bzw. Darlehensnehmer von dem Inhalt der Erklärung hätte Kenntnis nehmen können, wenn er sich am Ort dieser Adresse befunden hätte. (§ 20 Z 1 der AGB)
4. Eine Willens- oder Wissenserklärung des Bausparers bzw. Darlehensnehmers wird wirksam, wenn und so bald sie der Bausparkasse an ihrem Sitz schriftlich zugegangen ist. (§ 20 Z 2 der AGB)
Das Erstgericht hatte die Klage vollständig abgewiesen, da seiner Meinung nach durch die Änderung der AGB - teils vor Klagseinbringung, teils während des Verfahrens erster Instanz - die Wiederholungsgefahr weggefallen war.
Das OLG Linz hat nunmehr als Zweitinstanz drei der Klauseln als rechtswidrig erkannt. Bezüglich Klausel Nr 1 (§ 11 Z 2 2.Halbsatz der AGB) hat das OLG bestätigt, dass keine Wiederholungsgefahr vorliegt.
Zu Klausel 2 (§ 18 Z 2 der AGB) führt das OLG Linz aus: Mit dieser Klausel wird der Bausparkasse ein im Gesetz nicht vorgesehenes Kündigungsrecht eingeräumt. Aus dem Verweis auf § 13 AGB ergibt sich, dass der Bausparer im Falle einer vorzeitigen Vertragskündigung eine "Stornogebühr" zu tragen hat, die er auch im umgekehrten Fall der vorzeitigen Kündigung durch die Bausparkasse zahlen müsste. Es ist sachlich nicht gerechtfertigt, dass die Bausparkasse aus einer von ihr vorgenommenen vorzeitigen, im dispositiven Recht nicht vorgesehenen Vertragsbeendigung, einen finanziellen Vorteil haben soll, der ihr nicht einmal im Falle des Auslaufens des Vertrages gesichert wäre, um umgekehrten Fall einer vorzeitigen Vertragskündigung durch den Bausparer diesem aber kein vergleichbarer Anspruch zusteht. Die Klausel ist daher sittenwidrig gem § 879 Abs 3 ABGB.
Zu Klausel 3 (§ 20 Z 1 der AGB) sagt das OLG Linz Folgendes: Gemäß § 6 Abs 1 Z 3 KScG ist eine Vertragsbestimmung für den Verbraucher nicht verbindlich, nach der eine für ihn rechtlich bedeutsame Erklärung des Unternehmers, die jenem nicht zugegangen ist, als ihm zugegangen gilt, sofern es sich nicht um die Wirksamkeit einer an die zuletzt bekanntgegebene Anschrift des Verbrauchers gesendeten Erklärung für den Fall handelt, dass der Verbraucher dem Unternehmer eine Änderung seiner Anschrift nicht bekanntgegeben hat. Zweck dieser Bestimmung ist es zu verhindern, dass das Risiko des Zugangs von Unternehmererklärungen auf den Verbraucher abgewält wird. Vom Verbot vereinbarter Zugangsfiktionen sind nur Vertragsbestimmungen ausgenommen, nach denen der Zugang einer Erklärung an der vom Verbraucher zuletzt bekannt gegebenen Anschrift eintritt, sofern der Verbraucher pflichtwidrig eine Anschriftsänderung nicht mitgeteilt hat. Die vorliegende Klausel umfasst nicht nur diesen Ausnahmefall, sondern statuiert eine Zugangsfiktion bei jeglicher Abwesenheit des Bausparers an der zuletzt bekannt gegebenen Zustelladress. Die Klausel dehnt also die Zustellfiktion auf Fälle aus, die mit einem Verstoß des Bausparers gegen die Mitteilung der geänderten Wohnadresse nichts zu tun haben. Aufgrund der weiten Formulierung wäre die Beklagte nicht einmal verhalten, an eine neue, ihr nicht vom Bausparer mitgeteilte Anschrift zuzustellen, die sie auf andere Weise in Erfahrung gebracht hätte, in welchem Fall sich der Unternehmer nicht auf die Zugangsfiktion berufen dürfte. Die Klausel ist so weit gefasst, dass auch eine etwa krankheits- oder urlaubsbedingte Abwesenheit des Bausparers druchaus miterfasst erscheint. Gemäß § 6 Abs 1 Z 3 KSchG ist daher diese Klausel nicht verbindlich.
Klausel 4 (§ 20 Z 2 der AGB) beurteilt das OLG Linz folgendermaßen: Nach § 6 Abs 1 Z 4 KSchG darf eine vom Verbraucher dem Unternehmer oder einem Dritten abzugebende Anzeige oder Erklärung keiner strengeren Form als der Schriftform oder besonderen Zugangserfordernissen unterworfen sein. Nach herrschender Auffassung sind amit ua Vereinbarungen unzulässig, wonach die Erklärung des Verbrauchers an eine bestimmte Stelle im Bereich der Unternehmensorganisation gerichtet (adressiert übermittelt) werden müssen, zB der Adressierungszwang an den Vorstand einer Versicherung oder an die "Zentrale" eines Unternehmerns oder überhaupt an eine "bestimmte Stelle oder Abteilung des Unternehmens". Nichts anderes bedeutet der Einlangensvorbehalt am "Sitz" der Beklagten. Daher ist die Klausel gesetzwidrig und somit unzulässig.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
OLG Linz 17.01.2008, 6 R 186/07a
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien