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Urteil: Wiener Linien Streik

Als Folge des Streiks gegen die geplanten Regierungsmaßnahmen vom 3. Juni 2003 haben die Wiener Linien - U-Bahn, Straßenbahnen und Autobusse fuhren nicht - Inhabern von Jahreskarten wegen dieser "Leistungsstörung" Euro 1,14 des Jahreskartenpreises zu ersetzen.

Nachdem bereits das Erstgericht den Anspruch der Jahresinhaber bejahte, wurde die Berufung der Wiener Linien durch das Handelsgericht Wien nicht Folge gegeben.

Der Erwerb einer Jahreskarte, welche den Beförderungsbedingungen der Wiener Linien unterliegt, sei rechtlich als Werkvertrag zu qualifizieren. Die Besonderheit liege darin, dass in der Jahreskartenvereinbarung der Umfang der Sachleistung des Beförderungsunternehmens mengenmäßig nicht von vornherein bestimmt ist, sondern ist der Leistungsumfang durch die Zeit - ein Jahr - bestimmt, wobei der Kunde Zeit und Ausmaß der Einzelleistung selbst festlegen kann, wobei eine Nebenpflicht zur ständigen Beförderungsbereitschaft bestehe, so das HG Wien. Gemäß den Regeln des Werkvertrages (§ 1168a ABGB) trage der Jahreskarteninhaber im konkreten Fall nicht die Preisgefahr - er muss eine nicht erbrachte Leistung, sprich den Entfall der Beförderung, auch nicht bezahlen.

Eine diesem Ergebnis widersprechende Regelung in den Beförderungsbedingungen der Wiener Linien erklärte das HG Wien für überraschend iSd § 864a ABGB und damit für unwirksam. Gem § 864a ABGB werden Bestimmungen ungewöhnlichen Inhalts nicht Vertragsbestandteil, wenn sie dem anderen Teil nachteilig sind und er mit ihnen auch nach den Umständen nicht zu rechnen brauchte. Das HG Wien erkannte die beanstandete Klausel als nicht verkehrsüblich und für den Kläger nachteilige Bestimmung ungewöhnlichen Inhalts, mit welchen der Jahreskarteninhaber nicht zu rechnen gehabt hätte.

Nachdem der Anspruch der Kläger bereits aus dem Gesichtspunkt der "Leistungsstörung" gelöst werden konnte, hatte das HG Wien nicht näher auf schadenersatzrechtliche Gesichtspunkte einzugehen.

Mangels Unterschreitung der Wertgrenze von Euro 4.000,- ist die Revision jedenfalls unzulässig.

HG Wien 31.8.2004, 50 R 84/04s

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Klagevertreter: Mag. Rupert Rausch, RA in Wien

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