Die Klägerin, eine selbständige Tierärztin, hatte 1995 bei der Beklagten einen Betriebsmittelkredit in Höhe von ATS 300.000,00 zu einem Ausgangszinssatz von 8,5 % p.a. verbunden mit einer Zinsanpassungsklausel aufgenommen. Die Zinsanpassungsklausel lautet: "Der Kreditgeber ist berechtigt, die vereinbarten Konditionen entsprechend den jeweiligen Geld-, Kredit- oder Kapitalmarktverhältnissen zu ändern. Eine solche Änderung kann eintreten zB durch Erhöhung der Einlagezinssätze oder der Bankrate oder der Kapitalmarktrendite oder durch kredit- und währungspolitische Maßnahmen hinsichtlich der Zahlungsbereitschaft, des Kreditvolumens oder der Mindestreserven oder durch Änderung der Bestimmungen über die Verzinsung von geförderten Krediten." Die Rückzahlung des gesamten Kredites sollte bis zum 30.09.2000 erfolgen. Der Kredit ist bereits vollständig zurückgezahlt; die letzte Zahlung seitens der Klägerin erfolgte am 08.06.2004.
Mit Klage vom 09.12.2004 begehrte die Klägerin die Zahlung von EUR 24.392,73 aus dem Titel der Bereicherung und des Schadenersatzes, wobei das Verschulden zum einen in der Verwendung einer unzulässigen Zinsanpassungsklausel und zum anderen in kartellrechtswidrigen Absprachen ("Lombard-Club") erblickt werde.
Im Verfahren vor dem OGH war nicht mehr strittig, dass es sich beim vorliegenden Kredit um einen Unternehmerkredit handelte, da es sich nicht nur bei der beklagten Bank sondern auch bei der klagende Kreditnehmerin um eine Unternehmerin handelte.
Laut OGH ist die vorliegende Zinsanpassungsklausel, wonach der Kreditgeber berechtigt ist, die vereinbarten Konditionen entsprechend der jeweiligen Geld-, Kredit- oder Kapitalmarktverhältnissen zu ändern, im Sinne einer - durch den Wortlaut dieser Vertragsklausel nicht ausgeschlossenen - Verpflichtung der Beklagten zu einer allfälligen Senkung des Zinssatzes auszulegen. Es kann dabei keinen Unterschied machen, ob die Beklagte im Einzelfall den Zinssatz schon einmal erhöht, abgesenkt oder überhaupt nicht verändert hat.
Der OGH erachtete die hier (zweiseitig zu lesende) Zinsanpassungsklausel nicht als iSd § 879 Abs 3 ABGB gröblich benachteiligend, da sie auch zum Vorteil des Kunden ausschlagen kann. Die Bank ist nämlich nicht nur zur Erhöhung des Zinssatzes berechtigt, sondern auch zur Herabsetzung verpflichtet, wenn zB das Zinsniveau sinkt oder sich die Refinanzierungsmöglichkeit verbessert. Unwirksam gemäß § 879 Abs 3 ABGB wäre jedoch eine in AGB oder Vertragsformblättern enthaltene Klausel, die dem Kreditgeber bloß das Recht zur Erhöhung des Zinssatzes einräumt.
Im Unterschied zu Verbraucherkrediten, bei denen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG nicht nur inhaltliche Schranken, sondern auch Informationspflichten für einseitiges Entgeltsänderungsrecht seitens des Unternehmers vorsieht, bietet das ABGB nur inhaltliche Schranken in Form eines relativ grobmaschigen Ermessensspielraumes.
Über § 1056 ABGB ist ableitbar, dass die Vereinbarung der Preisfestsetzung durch einen der Vertragspartner zwischen den Parteien grundsätzlich verbindliches Recht schafft, sofern der Gestaltungsberechtigte nicht die ihm schon durch Vertrag selbst gesetzten Grenzen (etwa gemeinsam festgelegte Abrechnungsrichtlinien) überschreitet oder das Ergebnis offenbar unbillig ist. Offenbar unbillig ist das Ergebnis dann, wenn die Maßstäbe von Treu und Glauben gröblich vernachlässigt wurden und die Unrichtigkeit der Preisfestsetzung einen sachkundigen und unbefangenen Beobachter sofort erkennbar ist. Eine unbillige Festsetzung führt nicht zur Unwirksamkeit der Abrede, sondern zur nachträglichen richterlichen Korrektur der fehlerhaften Entgeltfestsetzung.
Die Frage, ob die Beklagte die durch die vertragliche Vereinbarung selbst gesetzten Grenzen überschritten hat oder das Ergebnis offenbar unbillig ist - nur wenn dies der Fall sein sollte, könnte der Klägerin ein Rückforderungsanspruch zustehen - kann erst abschließend beurteilt werden, wenn feststeht, was bei Vertragsabschluss mit den in der vereinbarten Zinsanpassungsklausel angeführten Umstände gemeint war und ob es dafür objektive Parameter gibt. Sofern der hypothetische Parteiwille nicht feststellbar sein sollte, ist hilfsweise auf die redliche Verkehrsübung sowie Treu und Glauben abzustellen.
Da das Erstgericht keine Feststellungen dazu gemacht hat, ob die Vorgangsweise der Kreditgeberin offenkundig (grob) unbillig war, trug der OGH dem Erstgericht eine neuerliche Verhandlung auf.
OGH 13.06.2006, 10 Ob 125/05p
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Klagevertreter: Dr. Alexander Klauser, RA in Wien