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Urteil: OLG Wien: Inkassokostenklausel gesetzwidrig

Das OLG Wien hat dem Inkassobüro Inforscore Austria GmbH die Verwendung folgender Klausel in ihrem Vertragsformblatt "Ratenansuchen/Stundung" untersagt: Der Zahlungspflichtige ist einverstanden, dass die oben angeführten Gebühren und Kosten ihm in Rechnung gestellt werden, sofern diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich sind, berechnet laut Verordnung des BM f wirtschaftliche Angelegenheiten BGBl Nr 141/1996 idgF und verpflichtet sich diese Inkassokosten, welche ebenfalls mit umseitigem Zinssatz zu verzinsen sind, zu bezahlen."

Der VKI hat im Auftrag des Konsumentenschutzministers eine Klage auf Unterlassung der oben genannten Klausel eingebracht, nachdem sich das Unternehmen geweigert hat, eine strafbewehrte Unterlassungerklärung hinsichtlich dieser Klausel abzugeben.

Nach Ansicht des VKI verstößt die Klausel gegen § 879 Abs 3 ABGB iVm § 1333 Abs 3 ABGB. Gemäß § 1333 Abs 3 ABGB kann der Gläubiger außergerichtliche Betreibungs- oder Einbringungskosten gegenüber dem schuldaft in Verzug befindlichen Schuldner nur dann geltend machen, wenn diese Kosten notwendig und zweckentsprechend sind und in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen. Die vorliegende Klausel sieht aber eine Schadenersatzverpflichtung unabhängig von einem Verschulden des Schuldners vor. Sie orientiert sich weiters nicht am konkreten Schaden des Gläubigers, sondern an abstrakten Sätzen der Inkassogebührenverordnung, welche nach der Auftraggebrer- und Schuldnergebühr differenziert. Letztere widerspricht einer Schadenersatzforderung nach § 1333 Abs 3 ABGB, weil zu zahlende Gebühren des Schuldners an das Inkassounternehmen keinen Schaden des Gläubigers bedeuten. Weiters ist die Klausel intransparent nach § 6 Abs 3 KSchG, weil dem Konsumenten verschleiert wird, nach welchen Grundsätzen und innerhalb welcher Schranken er nach dem Gesetz zum Ersatz von Betreibungskosten verpflichtet wird. Überdies hat sich auch eine Vereinbarung nach Zahlungsverzug im Anwendungsbereich des § 6 Abs 1 Z 15 KSchG am Maßstab des § 1333 Abs 3 ABGB - der die Gundlage für die mögliche Ersatzfähigkeit von Inkassokosten bildet - zu orientieren.

Die Beklagte wendete ein, dass das Formular lediglich in dem Zeitpunkt nach Fälligkeit einer Forderung verwendet werde, in dem der Schuldner bereits schuldhaft in Verzug sei, weshalb die Klausel nur an § 6 Abs 1 Z 15 KSchG zu messen sei, bei dem aber nicht auf ein Verschulden abgestellt werde. Die InkassogebührenVO lege Höchstbeträge fest, der vom Gläubiger zu vergütende Betrag sei ein konkreter, kein abstrakter Schaden.

Das Erstgericht folgte der Argumentation der Beklagten. Es kam zu dem Ergebnis, dass die Klausel keine Vorwegvereinbarung über die Tragung von im Vereinbarungzeitpunkt nich unbestimmten Betreibungskosten trreffe und daher nur nach § 6 Abs 1 Z 15 KSchG zu beurteilen sei, dessen Voraussetzungen sie erfülle. Der Schuldner werde mit ihr erst zu einem Zeitpunkt konfrontiert, zu dem ihm die aushaftenden Betreibungskosten aufgeschlüsselt bekannt sein.

Das Berufungsgericht sah das anders:

1.) Die Klausel verstoße gegen § 6 Abs 1 Z 15 KSchG schon aus dem Grund, weil sie entgegen dem Wortlaut dieser Bestimmung die in Rede stehenden Kosten nicht gesondert und aufgeschlüsselt ausweise, sondern lediglich auf die "oben angeführten Gebühren und Kosten" verweise, diese aber nicht konkret bezeichne und auch nicht auf die Forderungsaufstellung (anm: Hauptmahnung) Bezug nehme. Die konkreten Beträge seien lediglich in einer eigenen Forderungsaufstellung angeführt, welche teils gleichzeitig mit dem inkrimminierten Vertragsformlbatt "Ratenansuchen/Stundung" teils bereits zu einem früheren Zeitpunkt übermittelt werde. Das Gericht bejahte auch den Verstoß gegen das Transparenzgebot, weil die Klausel weder für sich noch in Zusammenschau mit den weiteren im Formblatt enthaltenen Klauseln durchschaubar sei. Der Verweis auf die InkassogebührenVO reiche ebensowenig wie die Beschränkung auf die "zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Gebühren und Kosten."

Zur Bedeutung des § 6 Abs 1 Z 15 KSchG führte das Gericht noch aus, dass diese Bestimmung keineswegs als sinnloser Formalisums angesehen werden könne, sollte diese Bestimmung doch der Kostentransparenz für den Schuldner dienen und Irrtümer über die Höhe der Kapitalforderung verhindern helfen. Die Aufschlüsselung einer Forderung auf einem anderen Blatt gewährleiste kein klares Bild von Hauptschuld und Betreibungskosten, dies umso weniger, wenn die Forderungsaufstellung schon früher übermittelt werde.

2.) Unter den "oben angeführten Gebühren und Kosten" seien auch die in der vorangehenden Klausel angeführten "weiteren anfallenden Mahn- und Inkassokosten, Such- und Erhebungskosten zuzüglich Barauslagen" zu verstehen, zu deren Zahlung sich der Schuldner bei Zahlungsverzug verpflichte. Damit beziehe sich die Klausel aber durchaus nicht nur auf konkrete nach Eintritt des Verzugsfalles bereits entstandene Kosten, mögen sie auch nur in Fällen bereits vorliegenden Zahlungsverzuges zur Anwendung kommen. Die Klausel enthalte daher durchaus eine Vorgwegvereinbarung.

In Vorhinein getroffene Vereinbarungen seien aber jedenfalls an den §§ 864a, 879 Abs 3 KSchG iVm § 1333 Abs 3 ABGB zu prüfen.

a.) Die Klausel stelle abweichend von § 1333 Abs 3 KSchG nicht auf verschuldete Schäden ab, wobei aber durchaus Fälle unverschuldeten Verzuges denkbar wären,wie etwa Krankheit oder Unfall.

b.) Die Klausel stelle nicht auf den konkreten Schaden ab, sie verweise lediglich generell auf die InkassogebührenVO.

c.) Trotz der Einschränkung "sofern diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich sind" erwiesen sich die tatsächlich angelasteten Kosten als nicht zureichend bestimmbar (sowohl nach § 1333 Abs 3 ABGB als auch nach § 6 Abs 1 Z 15 KSchG).

d.) Die Klausel stelle auch nicht - wie in § 1333 Abs 3 ABGB gefordert - auf ein angemessenes Verhältnis zur Hauptforderung ab, damit fehle es aber an der nötigen Transparenz. Der Gedanke der Angemessenheit der auf den Schuldner überwälten Verzugskosten im Verhältnis zur Gesamtforderung sei auch dem § 6 Abs 1 Z 15 KSchG immanent.

Aufgrund der Gesetzwidrigkeit aus den oben angeführten Gründen lies das Gericht jedoch die Frage der zivilrechtlichen Erfassung der Schuldnergebühren leider unbeantwortet.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig, das Gericht lies die oRevision zu, da die hier angesprochenen Rechtsfragen hinsichtlich Bedeutung von Vereinbarungen betreffend Betreibungskosten in AGB´s über den Einzelfall hinausgingen, dies insb im Hinblick auf die diversen Novellierungen der eingschlägigen Gesetze.

OLG Wien, 24.04.2007, 5 R 227/06y
Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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