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Urteil: 8 Klauseln der AGB der Firma paylife für die "Geschenkkarten" sind gesetzwidrig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) führt im Auftrag des Sozialministeriums eine Verbandsklage gegen die Firma paylife bezüglich ihrer ABGs für die Geschenkkarte. Das HG Wien hat nun alle beanstandeten Klauseln für gesetzwidrig erklärt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Klausel 1: Die Wertkarte wird anonym benutzt, sodass ein Nachweis der Autorisierung einzelner Zahlungsvorgänge PayLife nicht möglich ist. Es gilt daher als vereinbart, dass § 34 Abs 2 (Nachweis der Autorisierung) sowie § 44 Abs 1 und 2 (Haftung für nicht autorisierte Zahlungsvorgänge) des Zahlungsdienstegesetzes (kurz ZaDiG) nicht angewendet werden. PayLife haftet daher nicht für den Verlust, den Diebstahl, die missbräuchliche Verwendung oder sonstiger nicht von dem Karteninhaber autorisierter Nutzung der Wertkarte oder der Kartendaten.

iVm: Wertkarte (auch Geschenkkarte): Eine von Paylife herausgegebene Zahlungskarte, mit der Zahlungen nur bis zu der Höhe vorgenommen werden können, bis zu der sie vorher geladen wurde (§ 8). Zahlungen können mit Vorlage der Wertkarte und Leistung einer Unterschrift des Karteninhabers vorgenommen werden.

Und iVm: Der Karteninhaber ist berechtigt an Zahlungseinrichtungen, die mit dem MasterCard Logo gekennzeichnet sind, mit der Wertkarte und durch Unterschriftsleistung Lieferungen und Leistungen von Vertragsunternehmen im In- und Ausland bis zu der geladenen Höhe bargeldlos zu bezahlen. Der Karteninhaber weist durch seine Unterschriftsleistung PayLife unwiderruflich an, den Rechnungsbetrag bis zu der geladenen Höhe an das jeweilige vertragsunternehmen zu zahlen. PayLife nimmt diese Anweisung bereits jetzt an.

Und iVm: Der Karteninhaber ist dabei insbesondere verpflichtet, die Wertkarte sorgfältig zu verwahren. Keine sorgfältige Verwahrung ist insbesondere:
-    die  Aufbewahrung in einer Weise, dass Dritte an ihr ohne erheblichen Aufwand unbefugt Gewahrsame erlangen können;
-    die Verwendung von Wertkarte und Kartendaten für andere Zwecke als die des Zahlungsverkehrs.

Bei der Verwendung der Kartendaten ist darauf zu achten, dass diese nicht von Dritten ausgespäht werden können.


Das Gericht stellte fest, dass die Transaktion so gestaltet ist, dass der Karteninhaber den Zahlungsbeleg des Händlers unterfertigen muß, wobei der Händler die Unterschrift mit jener auf der Karte zu vergleichen hat. Dadurch wird die Karte nicht anonymisiert gebraucht sondern der Zahlungsprozess hat ein personalisiertes Element.

Weiters ist zu berücksichtigen, dass grundsätzlich eine Verknüpfung zwischen der Geschenkkarte oder der Kunden-Kontrollnummer mit dem jeweiligen Karteninhaber nicht möglich ist, da die Kunden-Kontrollnummer bereits bei der Produktion einer Kartennummer zugewiesen wird und die Geschenkkarte an eine für die beklagte Partei unbekannte Person gelangt, liegt, unabhängig davon, dann eine Autorisierung vor, wenn der Zahlungsdienstleister die Wertkarte vorlegt, eine Unterschrift leistet und sodann die Unterschrift jener auf dem "Unterschriftenfeld" gleicht.

Gemäß 1.2 AGB können "mit der Kunden-Kontrollnummer keine Verfügungen über geladene Beträge vorgenommen werden", sodass es schlussendlich nur von der "richtigen" Unterschrift abhängt, ob eine Autorisierung vorliegt oder nicht, und ist es irrelevant, ob dem Zahlungsdienstleister der jeweils berechtigte Zahlungsinhaber bekannt ist.

Das HG Wien stellte daher fest, dass die inkriminierte Klausel gegen das ZaDiG verstößt, da die Wertkarte einerseits personalisiert ist, da Zahlungen mit Vorlage der Karte und Unterschrift des Karteninhabers vorgenommen werden müssen und anderseits die Autorisierung des Zahlunsgvorganges mit der eigenhändigen Unterschrift des berechtigten Karteninhabers nachgewiesen werden kann.

Klausel 2: Reklamationen sind unverzüglich spätestens innerhalb von 42 Tagen nach Durchführung der Transaktion PayLife unter Angabe sämtlicher Transaktionsdaten schriftlich zu melden. Eine Verletzung dieser Meldepflicht kann zur Minderung von Ansprüchen gegen PayLife führen.

Wie zu Klausel 1 ausgeführt kam das Gericht zu Schluss, dass der Zahlungsvorgang nicht anonymisiert durchgeführt wird. Gemäß dem ZaDiG muss der Zahlungsdienstnutzer, wenn er  Berichtigungsansprüche wegen eines fehlerhaft ausgeführten oder eines von ihm nicht autorisierten Zahlungsvorgangs geltend machen will, dem Zahlungsdienstleister den Mangel unverzüglich nach Feststellung anzeigen.

Die Frist für die Anzeige endet spätestens 13 Monate nach der Belastung des Kontos, sofern der Kunde die vorgeschriebenen Informationen über den Zahlungsvorgang erhalten hat.

Der Zahlungsdienstenutzer muss in den vorvertraglichen Informationen und Vertragsbedingungen darüber informiert werden, wie und innerhalb welcher Frist er nicht autorisierte oder fehlerhaft ausgeführte Zahlungsvorgänge rügen muss. Daher sah das Gericht die vorgesehene Frist von 42 Tagen gesetzwidrig an, da die Frist nach dem Gesetz " spätestens 13 Monate nach dem Tag der Belastung oder Gutschrift" endet.

Klausel 3: In jedem Fall verjähren Ansprüche des Karteninhabers gegenüber PayLife innerhalb von einem Jahr, sofern gesetzliche Regelungen nicht eine kürzere Verjährungsfrist vorsehen.

Der E-Geld-Inhaber hat gemäß E-GeldG jederzeit das Recht, auf Verlangen den monetären Wert des gehaltenen E-Geldes zum Nennwert zu erhalten. Aus dem  E-GeldG ergibt sich, dass der gesamte Nennwert des gehaltenen E-Geldes zu erstatten ist, wenn der E-Geld-Inhaber bei Vertragsablauf oder bis zu einem Jahr nach Vertragsablauf den Rücktausch fordert.

Dagegen kann dem E-Geld-Inhaber ein Entgelt verrechnet werden, wenn der Rücktausch erst nach mehr als einem Jahr nach Vertragsablauf verlangt wird, sofern das im E-Geld-Vertrag vereinbart wurde. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass im Gesetz nicht davon ausgegangen wird, dass der Rücktausch gänzlich  ausgeschlossen werden kann. Daher sah das Gericht  die gegenständliche Klausel als gesetzwidrig und unwirksam an, da von den gesetzlichen Bestimmungen nicht zum Nachteil von E-Geld-Inhabern abgewichen werden darf.

Klausel 4: Da die Wertkarte anonym ist, ist es nicht möglich, sie zu sperren oder eine weitere Nutzung etwa nach Verlust durch den Karteninhaber zu verhindern. Es gilt daher als vereinbart, dass § 35 Abs 1 Z 2 und 3, § 36 Abs 2 sowie § 44 Abs 3 des Zahlungsdienstegesetzes betreffend Sperrung, Anzeige und Haftung nach Anzeige nicht anzuwenden sind.

Nach dem Zahlungsdienstegesetz kann, im Fall von Zahlungsinstrumenten, die gemäß Rahmenvertrag eine Ausgabenobergrenze von EUR 150,-- haben oder Geldbeträge speichern, vereinbart werden, dass bestimmte Vorschriften betreffend Sperre, Anzeige und Haftung nach der Anzeige nicht anzuwenden sind, wenn es das Zahlungsinstrument nicht ermöglicht, es zu sperren oder eine weitere Nutzung zu verhindern.

Vermindert die Schaffung einer Sperrmöglichkeit die Kostenvorteile oder die Benutzerfreundlichkeit wesentlich, wäre ein Verzicht der Sperrmöglichkeit zulässig. Könnte man hingegen das Instrument oder das Zahlungsverfahren ohne ins Gewicht fallende Zusatzkosten und ohne nennenswerte Einschränkung der Benutzerfreundlichkeit so ausgestalten, dass eine Sperre möglich ist, liegt eine unzulässige Umgehung der dem Zahlungsdienstleister auferlegten Sorgfalts- und Haftpflichten vor.

Das HG Wien sah im vorliegenden Fall eine derartig unzulässige Umgehung der dem Zahlungsdienstleister auferlegten Sorgfalts- und Haftpflichten.
Obgleich mit der Kundenkontrollnummer keine Verfügungen vorgenommen werden können, dient die Kunden-Kontrollnummer zur Identifizierung von Inanspruchnahme der "Werkartendienste", wie zum Beispiel das Abrufen des geladenen Guthabens. Rein objektiv ist es daher aufgrund der Natur des Zahlungsinstruments und der vorgegebenen Ausstattung möglich, dieses zu sperren oder eine weitere Nutzung zu verhindern. Durch die Schaffung einer Sperrmöglichkeit wären weder die Kostenvorteile noch die Benutzerfreundlichkeit der "Wertkarte" wesentlich vermindert, sodass ein diesbezüglicher Verzicht betreffend Sperrung, Anzeige und Haftung
unzulässig ist.

Klausel 5: Der Anspruch auf Auszahlung des Guthabens einer Wertkarte erlischt jedenfalls nach 1 Jahr ab dem Zeitpunkt der Ungültigkeit der Wertkarte.

Diese Klausel steht nach Ansicht des HG Wien Bestimmungen des E-GeldG entgegen und benachteiligt zusätzlich den Verbraucher  gröblich. Gemäß E-GeldG hat der E-Geld-Emittent dem E-Geld-Inhaber auf Verlangen jederzeit den monetären Wert des gehaltenen E-Geldes zum Nennwert zu erstatten. Entgelte dürfen für den Rücktausch nur verrechnet werden, wenn der E-Geld-Inhaber den Rücktausch nach mehr als einem Jahr nach Vertragsablauf verlangt. Solche Entgelte sind überdies nur zulässig, wenn sie vorher wirksam vereinbart wurden, verhältnismäßig sind und in einem angemessenen Verhältnis zu den tatsächlich entstandenen Kosten des E-Geld-Emittenten stehen. Es ist gesetzlich nicht vorgesehen, dass der Anspruch auf das E-Geld gänzlich verloren ist.

Das Gericht wies weiters darauf hin, dass grundsätzlich das Recht, mit einem Gutschein aus dem Warensortiment des Ausstellers Waren zu beziehen, innerhalb von 30 Jahren endet, daher kann für die gegenständliche Geschenkkarte nichts anderes gelten. Auch wenn die Vereinbarung einer kürzeren als der gesetzlichen Verjährungsfrist in ständiger Rechtsprechung zwar für zulässig erachtet wird ist die Fristverkürzung nur dann uneingeschränkt zulässig, wenn sie zwischen zumindest annähernd gleich starken Vertragspartnern individuell vereinbart wurde. Verfallsklauseln sind dann sittenwidrig, wenn sie die Geltendmachung von Ansprüchen ohne sachlichen Grund übermäßig erschweren. Je kürzer die Verfallsfrist sein soll, desto triftiger muss der Rechtfertigungsgrund sein. Jedenfalls ist eine umfassende Interessenabwägung erforderlich. Das Gericht sah keine sachliche Rechtfertigung durch die von der paylife Bank vorgebrachten Gründe. Die Klausel ist daher gesetzwidrig.

Klausel 6: Sollten Bestimmungen dieser Vereinbarung rechtsunwirksam sein oder im Laufe ihrer Dauer werden, so berührt dies die Rechtswirksamkeit der anderen Bestimmungen nicht. Die Vertragsteile verpflichten sich in diesem Fall die rechtsunwirksame (rechtsunwirksam gewordene) Bestimmung durch eine solche zu ersetzen, die rechtswirksam ist und in ihrer wirtschaftlichen Auswirkung der ersetzen Bestimmung so weit als möglich und rechtlich entspricht.

Das HG Wien sah die inkriminierte Klausel als intransparent an, da diese zwar sprachlich verständlich ist, jedoch den Inhalt der AGB verschleiert. Eine solche Klausel soll den gänzlichen Wegfall einer unzulässigen Vertragsbestimmung verhindern. Bei der beanstandeten Klausel wird der Verbraucher zur Abgabe
einer ihm nicht vorhersehbaren Erklärung und Abänderung des Vertrages verpflichtet, wobei nicht vom Horizont der 'redlichen' Vertragsparteien ausgegangen werden soll, sondern vom unzulässigen Sinn und Zweck der Bestimmung.

Insbesondere wäre es technisch möglich, zumal auch das Guthaben via Internet abgefragt werden kann, allfällige Änderungen der AGB "online" zu kommunizieren.

Klausel 7: Ausstellung einer Wertkarte EUR 6,50,- (Geschenkbox)/ 3,90,- (Kuvert).

Gemäß E-GeldG hat der E-Geld-Emittent E-Geld stets in der Höhe des Nennwertes des entgegengenommenen Geldbetrages auszugeben. Das HG Wien sah das Vorbringen der paylife Bank, dass die Kosten ausschließlich als Entgelt für die zusätzlichen Leistungen anfallen als eine unzulässige Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen an. Wird zulasten des E-Geld-Inhabers von den  Bestimmungen abgewichen, sind diese unwirksam.

Klausel 8:
Für den Rücktausch von Guthaben EUR 2,-

Gemäß E-GeldG kann der E-Geld Inhaber vor Vertragsablauf entweder
einen Teil oder den gesamten Betrag des E-Geldes verlangen, wobei unter bestimmten Voraussetzungen ein Rücktauschentgelt vereinbart werden kann. Dieses Entgelt ist jedoch nur dann zulässig, wenn es verhältnismäßig ist und in einem angemessenen Verhältnis zu den tatsächlich entstandenen Kosten steht. Da die paylife Bank ein pauschaliertes Entgelt von EUR 2,-- für einen Rücktausch verlangt, kann nicht davon gesprochen werden, dass dieses verhältnismäßig ist.

Das HG Wien war der Ansicht, dass wenn man dem Gesetzeswortlaut folgt, sich das Entgelt - um angemessen zu sein - an der Höhe des rückgetauschten Betrages (undallfälliger anfallender Kosten) zu orientieren hat, was nur möglich ist, wenn dieses als Prozentsatz des jeweils rückgetauschten E-Geld-Betrags vereinbart wird. Die Klausel ist somit gesetzwidrig.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. (Stand: 28.4.2014)

HG Wien 24.4.2014, 18 Cg 118/13m
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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