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Urteil: HG Wien zur Vorfälligkeitsgebühr bei Hypothekarkrediten

Entgelte im Zusammenhang mit der vorzeitigen Rückzahlung von Krediten gemäß § 33 Abs 8 BWG dürfen nur dann verrechnet werden, wenn einerseits eine Kündigungsfrist tatsächlich vereinbart wurde und das Kreditinstitut andererseits auf die Einhaltung dieser Kündigungsfrist verzichtet.

Ein Konsument nahm im März 2002 einen hypothekarisch besicherten Kredit in Höhe von € 44.000,-- auf. Für den Kredit war ein variabler Zinssatz vereinbart worden. Eine Kündigungsfrist für eine vorzeitige Rückzahlung wurde nicht vereinbart. In den Geschäftsbedingungen für Hypothekarkredite fand sich folgende Klausel: "Es steht dem Kreditnehmer frei, jederzeit Vorauszahlungen zu leisten oder auch die ganze Schuld an die Bank vorzeitig zur Abdeckung zu bringen. ......Im Fall einer vorzeitigen Abdeckung ist die Bank berechtigt, eine Vorfälligkeitsgebühr bis zu 5 % vom Abdeckungsbetrag ... einzuheben."

Der Konsument zahlte den Kredit vorzeitig zurück, worauf ihm die Bank eine Vorfälligkeitsgebühr in Höhe von € 2.046,-- sowie € 34,-- an Gebühren für die vorzeitige Abrechnung des Kredites verrechnete.

Der VKI klagte - im Auftrag der AK Vorarlberg - die Bank auf Rückzahlung der verrechneten Gebühren. Strittig war im Verfahren nur die Auslegung des § 33 Abs 8 BWG , insbesondere wie die Passage " ... außer in den Fällen der Z 1 und Z 2 ..." zu verstehen ist.

§ 33 Abs 8 BWG bestimmt: "Der Verbraucher ist berechtigt, seine Verbindlichkeiten aus einem Verbraucherkreditvertrag ganz oder teilweise vorzeitig zu erfüllen. In diesem Fall hat das Kreditinstitut die Gesamtbelastung um jenen Betrag an Zinsen und laufzeitabhängigen Kosten zu vermindern, der bei kontokorrentmäßiger Abrechnung des vorzeitig zurückgezahlten Betrages nicht anfällt. Die Vereinbarung ode Verrechnung daüber hinausgehender Entgelte für den Fall vorzeitiger Rückzahlung ist außer in Fällen der Z 1 und Z 2 nicht zulässig. Für die vorzeitige Rückzahlung kann eine Kündigungsfrist vereinbart werden im Ausmaß 1. von höchstens sechs Monaten bei Krediten, die nachweislich zur Schaffung oder Sanierung von Gebäuden bestimmt sind und eine Laufzeit von zumindest zehn Jahren aufweisen, sowie bei hypothekarisch besicherten Krediten, oder 2. der allfällig vereinbarten Fixzinsperiode bei Krediten nach Z 1."

Das HG Wien verweist zunächst auf die Verbraucherkredit-Richtlinie (87/102/EWG), deren Ziel unter anderem die Erleichterung der vorzeitigen Rückzahlung von Krediten ist. Diese Richtlinie bezieht sich zwar nur zum Teil auf Hypothekarkredite, stellt es den Mitgliedstaaten aber frei, weitergehende Vorschriften zum Schutz der Verbraucher zu erlassen. Von dieser Möglichkeit hat der österreichische Gesetzgeber dadurch Gebrauch gemacht, dass er unter anderem auch Hypothekarkredite dem § 33 Abs 8 BWG unterstellte. Es darf daher unterstellt werden, dass der österreichische Gesetzgeber die in der RL enthaltenen Zielsetzungen auch für Hypothekarkredite verwirklicht haben wollte.
Durch die Formulierung in § 33 Abs 8 BWG wird unzweifelhaft ein Konnex zwischen der Zulässigkeit der Vereinbarung einer Kündigungsfrist und der Verrechnung eines zusätzlichen Entgeltes hergestellt. Damit ist aber noch nicht die Frage beantwortet, ob eine Kündigungsfrist nur zulässig oder auch tatsächlich vereinbart sein muss, um die Verrechnung eines zusätzlichen Entgeltes zu rechtfertigen.

Das HG Wien setzt sich ausführlich mit den bestehen Lehrmeinungen auseinander. Im Ergebnis folgt es der Meinung Grafs, wonach ein zusätzliches Entgelt nur dann verlangt werden kann, wenn dem Verbraucher ein zusätzliches Recht gewährt wird, nämlich die Möglichkeit der vorzeitigen Rückzahlung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist. Dieses Auslegungsergebnis ergibt sich auch aus logischsystematischen Überlegungen und durch teologische Argumente. Andernfalls wäre nämlich der Zweck der Einbeziehung derartiger Kredite in den Schutzbereich des § 33 Abs 8 BWG in Frage gestellt, könnte doch die vorzeitige Rückzahlung gerade durch die Verrechnung von Entgelten wieder erheblich erschwert oder wirtschaftlich unmöglich gemacht werden. Das HG Wien kommt daher zum Ergebnis, dass zusätzliche Entgelte gemäß § 33 Abs 8 BWG nur dann verrechnet werden dürfen, wenn zum Einen eine Kündigungsfrist - zulässigerweise - tatsächlich vereinbart wurde und das Kreditinstitut zum Anderen auf die Einhaltung dieser Kündigungsfrist verzichtet.

Im vorliegenden Fall ist daher die Vereinbarung und Verrechnung eines Entgeltes schon mangels Vereinbarung einer Kündigungsfrist unwirksam. Die verrechneten Gebühren von gesamt € 2.080,-- können daher berechtigterweise zurückgefordert werden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

HG Wien 20.9.2005, 1 R 54/05w
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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