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Urteil: Wertpapiergeschäft - Depotübertragungsgebühr ist unzulässig!

Die Verrechnung eines Entgeltes für die Übertragung eines Wertpapierdepots auf eine fremde Bank ist schon dem Grunde nach unzulässig. Dies sprach das HG Wien in einem vom VKI im Auftrag des BMSK geführten Verfahrens aus.

Die Raiffeisen-Landesbank Tirol AG hat  im geschäftlichen Verkehr folgende Klausel verwendet: "Depotüberträge WP Ausgänge pro WKN 110,00 Euro zuzüglich 20% USt." (WKN = Wertpapierkennnummer).

Der VKI forderte die Raiffeisen-Landesbank Tirol AG auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Die Raiffeisen-Landesbank Tirol AG gab zwar eine Unterlassungserklärung ab, aber mit der Einschränkung, dass sie dem Grunde nach weiterhin Entgelte im Zusammenhang mit den eigenen Dienstleistungen bei der Übertragung von Wertpapieren bis höchstens € 35,00 zzgl USt verlangen darf.

Der VKI klagte im Auftrag des BMSK auf Unterlassung obiger Klausel, da die Raiffeisen-Landesbank Tirol AG durch den gemachten Vorbehalt der Aufforderung des VKI nicht ausreichend nachgekommen ist. Eine bedingte oder beschränkte Unterlassungserklärung beseitigt nämlich nach der ständigen Rechtsprechung des OGH nicht die Wiederholungsgefahr.
Zu der Frage der Verrechnung einer Depotübertragungsgebühr führte das HG Wien aus, dass es gemäß § 961 ABGB die Pflicht des Beklagten als Verwahrerin sei, die Wertpapiere herauszugeben. Bei nicht verbrieften Wertpapieren ist eine körperliche Übergabe unmöglich; die Herausgabe kann nur durch Umbuchung auf ein anderes Wertpapierdepot erfolgen. Damit ist die Übertragung der Wertpapiere gemäß § 961 ABGB die gesetzliche Pflicht des Verwahrers und ist somit keine zusätzlich vom Hinterleger zu vergütende Leistung.

Eine sachliche Rechtfertigung, dem Kunden ein Entgelt für die Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht aufzuerlegen, lässt sich im gegenständlichen Fall nicht finden. Wenn der gesetzliche Herausgabeanspruch des Kunden nicht durch tatsächliche Auslieferung, sondern nur durch die Umbuchung auf ein Depot bei einem anderen Kreditinstitut erfüllt werden kann, entspricht dies zwar den Interessen des Kunden, erfüllt aber überwiegend Interessen des Kreditinstituts. Das heutige Massengeschäft ist nämlich nur durch die Einführung eines Giroeffektenverkehrs überhaupt bewältigbar. Unter den genannten Umständen ist es nicht zu rechtfertigen, den Kunden durch eine Regelung in AGB ein Entgelt für die Übertragung von Wertpapieren auf ein anderes Depot aufzubürden.

Dem Einwand der Beklagten, dass ihr nach § 1014 ABGB ein notwendiger Aufwandersatz zustände, begegnete das Gericht damit, dass § 1014 ABGB hier keine Anwendung findet, da die Übertragung der Depotwerte nicht auf die Grundlage eines Auftrages des Kunden, sondern in Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht erfolgt.

Die Verrechnung eines Entgeltes für die Übertragung eines Depotwertes auf ein anderes Kreditinstitut ist daher schon dem Grunde nach unzulässig.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig; die beklagte Bank hat Berufung erhoben.

HG Wien 20.03.2008, 10 Cg 42/06s
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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