VKI führt Musterprozess
Bank muss Bürgen auf wirtschaftliche Lage des Hauptschuldners hinweisen
Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) führte im Auftrag von Minister Böhmdorfer einen Musterprozess zu einem leidigen Verbraucherproblem: Banken vergeben - besonders dann, wenn die wirtschaftliche Lage des Hauptschuldners angespannt ist - Kredite nur gegen Sicherstellungen. Da werden dann nahe Angehörige zu Bürgschaften oder Mithaftungen überredet; die Aufklärung über die (schlechte) wirtschaftliche Lage der Hauptschuldner kommt oft zu kurz.
Klare Regelung im Konsumentenschutzgesetz
Der Gesetzgeber hat 1997 im Konsumentenschutzgesetz (KSchG) eine klare Regelung geschaffen: Wenn die Bank es unterläßt, den Bürgen (oder Mithaftenden) darüber aufzuklären, dass der Hauptschuldner seine Verpflichtungen voraussichtlich nicht oder nicht vollständig erfüllen wird, dann haftet der Bürge (oder Mithaftende) nicht, wenn das Gericht davon ausgeht, dass er bei ordentlicher Information die Bürgschaft (Mithaftung) nicht übernommen hätte.
Bank verschwieg wirtschaftliche Schwierigkeiten
Im vorliegenden Fall hatte die Tochter im Jahr 1997 für einen Kredit Ihrer Mutter über ATS 500.000.- die Bürgschaft übernommen. Die Bank verschwieg der Tochter, dass die Mutter - als Einzelunternehmerin in der Wäscheerzeugung tätig - in wirtschaftlichen Schwierigkeiten war. So wurde gegen die Mutter bereits eine Hypothekarklage wegen Schulden von über ATS 1 Million betrieben. Das Grundstück der Mutter war mit mehreren Pfandrechten belegt. Davon hatte die Bank Kenntnis. Dennoch wurde die Tochter als Bürgin darüber in keiner Weise aufgeklärt. Schließlich wurde der Kredit fällig gestellt und von der Bank gegen die Bürgin eingeklagt.
Prozess in zweiter Instanz gewonnen
Im Auftrag von Minister Böhmdorfer übernahm der VKI die Ausfallhaftung für Prozesskosten. Das Verfahren wurde in erster Instanz verloren, in zweiter gewonnen. Der OGH weist nun die Revision der Gegenseite mit dem Argument zurück, dass die Frage, ob die wirtschaftliche Situation der Hauptschuldnerin eine Aufklärung erfordere eine einzelfallbezogene Frage sei und das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen sei, dass im vorliegenden Fall eine Aufklärungspflicht gegeben sei.
Damit konnte in einem exemplarischen Musterprozess eine sinnvolle gesetzliche Regelung auch in der Praxis durchgesetzt werden.
VKI bietet rechtlichen Rat
Der Fall war sicherlich kein Einzelfall. Wer als Bürge in einer ähnlichen Situation von der Bank zur Zahlung aufgefordert wird, sollte sich unbedingt beim VKI zuvor rechtlichen Rat einholen (01.588770).
Der Fall zeigt, wie wichtig es ist, dass der Konsumentenschutzminister Böhmdorfer mit seinen Mitteln den VKI in die Lage versetzt, Verbraucherrechte auch in der Praxis durchzusetzen. Mit weiteren Musterprozessen in diesem Bereich ist zu rechnen.