Staatsanwaltschaft macht Managern ein Angebot: Sie können sich von der Strafe freikaufen. VKI vermisst bei diesem Angebot (Diversion) Schadenersatz für geschädigte Konsumenten.
Das Landesgericht für Strafsachen führt gegen führende Bankmanager ein Vorverfahren wegen des von der EU-Kommission festgestellten Lombard-Kartells. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat im Interesse von sich geschädigt fühlenden Kreditnehmern in diesem Verfahren eine Sachverhaltsdarstellung eingebracht und um Akteneinsicht ersucht.
Konkret geht es darum, Anhaltspunkte dafür zu prüfen, ob die Zinsgestaltung bei variabel verzinsten Krediten in der Zeit vor 1997 abgesprochen und zum Nachteil der Kreditnehmer erfolgt ist. In dieser Sache hat der VKI weiters die EU-Kommission auf Gewährung der Akteneinsicht in deren Kartell-Akt geklagt.
Kein Strafprozess wenn Banker zahlen
Nun wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft den beteiligten Bankmanagern ein Angebot zur Diversion unterbreitet hat. Das bedeutet: Dem Vernehmen nach sollen sich die Manager durch Zahlung von Geldbeträgen bis zu 50.000 Euro (pro Person) von einem Strafverfahren freikaufen können. Dieser Geldbetrag ginge an den Bund. Die vermeintlich geschädigten Kreditnehmer würden leer ausgehen. Dabei hätte die Strafprozessordnung durchaus auch die Möglichkeit offen gelassen, eine Diversion von einer Schadenswiedergutmachung abhängig zu machen.
Der VKI hält dazu fest:
1) Vermutlich gesetzwidrig: Das Angebot der Diversion setzt voraus, dass die Staatsanwaltschaft von einer strafbaren Handlung ausgeht. (Freilich gilt bis zu einer Verurteilung die Unschuldvermutung.) Damit sieht sich der VKI bestätigt, dass die von der EU-Kommission aufgedeckten Absprachen gesetzwidrig waren.
2) Kein Schaden: Die Staatsanwaltschaft geht aber - entgegen den Feststellungen der EU-Kommission - davon aus, dass kein Schaden eingetreten sei. Gerade die Zinsabsprachen bei variabel verzinsten Krediten und das künstliche Hochhalten der Zinsen bei fallenden Indikatoren für Geld- und Kapitalmarkt in den Neunzigerjahren hat aber bei Kreditnehmern - nach Ansicht des VKI - sehr wohl zu Schäden geführt. Die Staatsanwaltschaft hat es verabsäumt, die Diversion auch von einer Schadensgutmachung in diesem Bereich abhängig zu machen. Diese Fragen werden also bei Zivilgerichten zu klären sein.
3) Keine Rücksprache: Die Staatsanwaltschaft hat - entgegen der Intention des Gesetzgebers - mit dem VKI (als Vertreter von Geschädigten) keine Rücksprache gehalten, bevor das Angebot an die Banker gemacht wurde.
4) Keine Akteneinsicht: Wird das Verfahren wegen Diversion eingestellt, dann geht für den VKI eine Chance verloren, Kenntnis von den Lombard-Kartell-Akten zu bekommen. Die Kenntnis dieser Akten ist aber unabdingbare Voraussetzung dafür, erfolgreich auf dem Zivilrechtsweg Schadenersatzansprüche geltend zu machen.
5) Geschädigte benachteiligt: Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft erinnert an die Haltung des OGH im Zinsenstreit: Die Unrechtshandlung wird - vom OGH klar, hier implizit - festgestellt, einer Schadenswiedergutmachung an den Bankkunden wird eine Absage erteilt.
Handlungsbedarf der Banken
"Die Banken haben nun allen Grund, das Vertrauen ihrer Kunden wiederzugewinnen und mit den Verbraucherschützern in konkrete Verhandlungen zur Schadenswiedergutmachung einzutreten," resümiert Dr. Peter Kolba, Leiter der VKI-Rechtsabteilung.