Der VKI führt im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums für eine Anlegerin einen Musterprozess gegen die Bank Austria. Der Konsumentin war von ihrem Bankberater empfohlen worden, einen der beiden Rentenvorsorgefonds zu verkaufen und den Erlös in Aktien der CA Immobilienanlagen AG (kurz: CA Immo) zu investieren. Der Konsumentin war zwar bewusst, dass es sich dabei um Papiere einer Aktiengesellschaft handelte. Allerdings wurden ihr die Aktien als eine Art Immobilienfonds bzw als Beteiligung an Immobilien präsentiert, wodurch fälschlicherweise eine Sicherheit suggeriert wurde, die Aktien nicht haben konnten. Der Berater stellte diese "Immobilienaktien" als sicherer gegenüber sonstigen Aktien dar, woraufhin die Konsumentin rund Euro 45.000 in CA Immo - Aktien investierte. Hätte sie gewusst, dass bei diesem Produkt, wie bei jeder anderen Aktie, auch ein Totalkapitalverlust möglich sei, hätte sie vom Kauf Abstand genommen. Die Bank hatte argumentier, dass die Konsumentin bereits ein Portfolio bei der Bank gehabt hatte (zusammengesetzt aus vier reinen Aktienfonds, einem gemischten Fonds, drei Einzelaktien und zwei Rentenfonds) und sich damit als erfahrene Anlegerin nicht auf Irrtum stützen könne.
Das HG Wien hatte unter Zugrundelegung dieses Sachverhalts die Irrtumsanfechtung bejaht: Die Konsumentin sei in einen wesentlichen Geschäftsirrtum geführt worden, daher sei der Vertrag rückabzuwickeln.
Das OLG Wien gab nun der Berufung der Bank nicht Folge und bestätigte das Urteil des Erstgerichts: Der Umstand, dass der Anlegerin die Möglichkeit eines Kapitalverlusts bei einer Aktie allgemein bekannt war, reicht nicht hin, weil ihr der Berater den Eindruck vermittelte, ein von anderen Aktien deutlich zu unterscheidendes Papier ("Immobilienaktie") mit sicheren Ertragsmöglichkeiten zu erwerben.
Das OLG Wien verweist in seiner Begründung auf die jüngsten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs: Ein Irrtum über das Risiko der gezeichneten Anlage stellt dann einen Geschäftsirrtum dar, wenn der Anleger zur Ansicht gelangte, dass das von ihm erworbene Wertpapier anders als andere Aktien ein grundlegend geringeres Risiko des Kursverlusts oder langfristigen Ausfall hätte.
"Veranlassung" des Irrtums (gem § 871 Abs 1 erster Fall ABGB) ist jedes für die Entstehung des Irrtums ursächliche Verhalten des Vertragspartners (hier: die Bank), ohne dass es darauf ankommt, ob der Irrtum sorgfaltswidrig herbeigeführt wurde.
Im gegenständlichen Fall hat der Bankberater - so das OLG Wien - durch seine Darstellung des Anlageprodukts (die konkreten Aktien wurden als besonders sicher dargestellt und der Berater wies ausdrücklich darauf hin, dass hinter der sicheren Anlage Immobilien stünden) insoweit einen Irrtum veranlasst, als die Konsumentin davon ausging, dass die Aktien eine besondere Qualität hätten, sie hat über die Sicherheit der Wertpapiere geirrt. Der Vertrag ist daher rückabzuwickeln.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
OLG Wien 25.10.2011 1 R 209/11d
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Klagsvertreter: Dr. Benedikt Wallner, RA in Wien