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Urteil: "Ausmalklausel" ist gesetzwidrig

Das Handelsgericht Wien gab einer Verbandsklage des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) - im Auftrag des BMSK - gegen die Genossenschaft "Niederösterreichisches Friedenswerk" statt. Die "Ausmalklausel" in dem von der Genossenschaft verwendeten Mustermietvertrag ist unzulässig.

Das HG Wien hatte folgende Klausel zu beurteilen:
"Die Malerei/Anstrich ist bei Beendigung des Mietverhältnisses auf Kosten des Mieters zu erneuern, wenn der Mietgegenstand über die im Verhältnis zur Mietdauer gewöhnliche Abnutzung hinaus abgenutzt wurde bzw. wenn die Malerei durch eine andere als bei der Anmietung bestehende Wand(Decken)- Farbe verändert bzw. übermäßig beschädigt wurde. Bis dahin ist der Vermieter berechtigt, gegenüber dem Mieter bestehende Verbindlichkeiten vollumfänglich zurück zu behalten."

Der VKI sah in der Klausel einen Verstoß gegen §§ 1109, 1111 ABGB iVm § 879 Abs 3 ABGB, § 9 MRG und § 17 WGG.

Interessanterweise sah des HG Wien in der Klausel im Vollanwendungsbereich des MRG bzw der Anwendbarkeit des WGG einen Verstoß gegen § 1096 Abs 1 ABGB und begründete dies folgendermaßen:

Weder aus § 3 Abs 2 Z 2 MRG noch aus § 8 Abs 1 zweiter Satz MRG lasse sich eine Regelung über die Ausmalverpflichtung ableiten. Das Ausmalen einer Wohnung stelle zweifelsfrei eine "Erhaltung" dar und sei somit eine Gewährleistungsverpflichtung, die den Vermieter träfe. Daher sei § 1096 ABGB als Sondergewährleistungsbestimmung für Bestandsverträge heranzuziehen.

Demnach sei der Vermieter verpflichtet, die Sache in brauchbarem Zustand zu übergeben und diesen auch zu erhalten. Ein Ausschluss oder eine Beschränkung dieses Gewährleistungsrechts sei im Verbrauchergeschäft sowohl im Teilanwendungsbereich wie auch im Vollanwendungsbereich des MRG gemäß § 9 KSchG unzulässig. Da die Klausel aber diese Erhaltungspflicht auf den Mieter überwälze, sei sie gesetzwidrig iSd § 879 Abs 1 ABGB.

Weiters sei die Klausel  bei verbraucherfeindlicher Auslegung so formuliert, dass auch unverschuldete ungewöhnliche Abnutzung bzw nicht vom Mieter zu vertretende (zB Baumängel) übermäßige Beschädigungen erfasst seien.

Bezüglich des Zurückbehaltungsrechts (§ 17 WGG) sei auszuführen, dass die Klausel in keiner Weise eine zeitliche Begrenzung vorsehe, innerhalb derer die Kaution zurückzuzahlen wäre. Dieser Teil der Klausel sei daher zweifellos gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB, da die Rechtsposition des Verbrauchers in einem auffallenden Missverhältnis zu jener der beklagten Partei gestellt sei, hätte es doch nur diese in der Hand, wann sie die Kaution zurückbezahle.

Ebenfalls gröblich benachteiligend sei der Umstand, dass die Beklagte die gesamte Kaution zurückbehalte. Es könne dem kommerziellen Vermieter zugemutet werden, sich zu informieren, wie viel an Farbe und damit an Kosten zum Ausmalen benötigt werden. Diese Kosten lägen sicher bei weitem unter der Kaution.

Die Frage, ob der Vermieter die Beibehaltung der ursprünglichen, gängigen Farbe verlangen könne, müsse offen bleiben, da eine Reduktion in einer Gesamtklausel auf gesetzmäßige Teile im Verbandprozess nicht zulässig sei.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

HG Wien, 23.6.2008, 19 Cg 41/08p
Klagevertreter: Dr. Walter Reichholf, RA in Wien

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