Verurteilt wurde ein Vermögensberatungsunternehmen, dessen Geschäftsführer lediglich Ausbildungsveranstaltungen von AvW besuchte, im Bereich der Kapitalmarkt-Dienstleistung aber über keine Ausbildung verfügte. Eine Gewerbeberechtigung für die Vermögensberatung hatte er jedoch inne.
Der Vermögensberater schlug der Klägerin, die eine Investition mit Kapitalgarantie und jederzeitiger Verfügbarkeit suchte, AvW-Genussscheine vor, denn diese seien mindestens so sicher wie eine Veranlagung mit einem Sparbuch oder mit Wohnbauanleihen, auch seien sie jederzeit verfügbar.
Der Vermögensberater argumentierte vergeblich vor Gericht, dass er nur über eine kleine Vermögensberatungs-Gewerbeberechtigung verfüge. Laut Obersten Gerichtshof gelten die Wohlverhaltensregeln des WAG idF BGBl I 1996/753 auch für Rechtsträger mit kleinen Vermögensberatungs-Gewerbeberechtigungen, denn ein Anleger habe immer ein gleich großes Informations- und Beratungsbedürfnis, auch bei "kleinen" Vermögensberatern, und richtet sich dieses Bedürfnis nicht nach der Größe des gewerblichen Dienstleisters.
Nach dem klaren und eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 11 Abs 2 WAG aF sind die Wohlverhaltensregeln auf alle Personen anwendbar, die Dienstleistungen iSd § 11 Abs 1 Z 1 bis 3 WAG aF gewerblich erbringen. § 9 WAG aF nimmt lediglich bestimmte Einrichtungen wie die Österreichische Nationalbank aus dem Anwendungsbereich des II. Abschnitts des WAG aus.
Die Gesetzesmaterialien weisen ausdrücklich darauf hin, dass aus Gründen des Anlegerschutzes und der Wettbewerbsgleichheit auch solche Unternehmen erfasst sind, die an sich keiner Konzessions- oder Aufsichtspflicht unterliegen.
OGH 17.12.2010, 6 Ob 221/10h
Klagevertreter: Christandl Rechtsanwalt GmbH in Graz