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Urteil: Orange - Folgen für Download-Überschreitungen intransparent

VKI gewinnt - im Auftrag des BMASK - beim HG Wien Verbandsklage gegen Orange. Die beanstandete Klausel verschleiert dem Kunden, was er bei Überschreiten des vereinbarten Downloadvolumens zu zahlen hat.

Mit der vorliegenden Verbandsklage wurde im Auftrag des BMASK eine Klausel im Serviceantrag von Orange abgemahnt. Da die Gegenseite  keine Unterlassungserklärung abgegeben hat, wurde die Verbandsklage eingebracht, die nunmehr in erster Instanz gewonnen wurde. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. 

Das HG Wien folgte unseren Argumenten und beurteilte die Klausel als intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG, weil für den Kunden unklar bleibt, wie viel er bei Überschreitung des vereinbarten Downloadvolumens zahlen muss und andererseits auch verschleiert wird, dass dieses Entgelt das Zigfache dessen ist, was der Konsument für 1 MB im Pauschalpaket zahlt. Die Praxis hat gezeigt, dass sich diese Intransparenz regelmäßig zum Nachteil des Konsumenten auswirkt und eine Kostenfalle für den Kunden darstellt.

Konkret  ging es um folgende Klausel:

iPhone Paket: Inkludiert sind insgesamt 3 GB Web/WAP Datenvolumen und 100 SMS bzw. MMS österreichweit. Nach Verbrauch der inkludierten Datenmenge sowie SMS bzw. MMS erfolgt die Verrechnung lt. dem Standardtarif.

Wir hielten die Klausel aus folgenden Gründen für intransparent:

Gemäß § 6 Abs 3 KSchG ist eine in allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich ist. Das heißt, der Verwender von AGB ist dazu verpflichtet, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass die Klausel für den Durchschnittsverbraucher verständlich ist. Die Klauseln müssen überdies auch die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen des Vertragspartners deutlich erkennen lassen. Im Einzelnen sind aus dem Transparenzgebot das Verständlichkeitsgebot, das Bestimmtheitsgebot und das Täuschungsverbot ableitbar.  Der Verwender von AGB muss sich redlich bemühen, redlicherweise vermeidbare Unklarheiten zu beseitigen. Das Transparenzgebot will Verhaltensweisen bekämpfen, die darauf abzielen, den Adressaten übergebühr durch Unklarheiten zu irritieren, um dadurch das "wirklich Gewollte" zu verschleiern (Krejci, Das Transparenzgebot im Verbraucherrecht, VR 2007 H1-2, 25f).

Der allgemeine Hinweis in dieser Klausel "Verrechnung laut Standardtarif" reicht nicht aus, um dem Konsumenten die Kosten nach Verbrauch der inkludierten Datenmenge klar vor Augen zu führen; der Durchschnittskunde ist nämlich mit der Aufgabe überfordert, jene Entgeltbestimmungen herauszufiltern, die für ihn von Bedeutung sein könnten (vgl. OGH  6 Ob 16/01y) .

Im vorliegenden Fall ist es dem Kunden jedenfalls nicht möglich, sich mit zumutbaren Aufwand ein verlässliches Bild über seine Kostenbelastung zu machen, weil es im vorliegenden Fall mehrere Möglichkeiten gibt, um zur in Betracht kommenden Entgeltbestimmung zu gelangen:

Variante 1) 
Folgt man dem Verweis "Verrechnung laut Standardtarif" und öffnet die Webseite www.orange.at , so  findet man auf der Menüleiste am Bildschirm das Menü AGB. Wird dieser Begriff angewählt, öffnet sich eine Liste mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen und der Entgeltübersicht.  Klickt man in weiterer Folge die Entgeltübersicht an, erhält man 55 Seiten Information betreffend Verbindungsentgelte bzw. Entgelte für Datendienste.  Sucht man in weiterer Folge in dieser Entgeltübersicht nach Standardtarif, gelangt man auf S 4 bzw. auf S 5  zum One Second (Standardtarif) und zum 9 zu 0 (Standardtarif).  In der entsprechenden Rubrik unter One Second heißt es:  Web pro MB……… 1,50. Unter der Überschrift 9 zu 0 (Standard) heißt es: Web pro MB (Datenvolumen am handy)……….1,50.

Variante 2)
Geht man auf der Webseite www.orange.at auf die obere Menüleiste und wählt das Menü Mobiles Internet,  so öffnet sich eine Seite mit einer am linken Rand befindlichen Liste, auf welcher der Begriff Mobiles Internet 3GB angeklickt werden kann. In weiterer Folge öffnet sich ein Fenster, wobei unter der Überschrift Tarifdetails folgende Entgeltbestimmung zu lesen ist: 3 GB Datenvolumen österreichweit……..danach: 10 Cent pro MB.
Nicht nur für den Durchschnittsverbraucher sondern auch für Internet affine Menschen ist somit völlig unklar, was 1 MB nach Überschreitung der inkludierten Datenmenge kostet, da man - wie oben dargelegt - zu unterschiedlichen Preisangaben kommt.  Selbst wenn der Konsument den erheblichen Aufwand auf sich nimmt und nach den entsprechenden Tarifinformationen sucht, ist für den Konsumenten nicht abschätzbar, mit welcher Kostenbelastung er rechnen muss.

Durch diese Intransparenz soll offenbar verschleiert werden, dass der Kunde bei Überschreiten des Datenvolumens ein Vielfaches dessen zahlen muss, was 1 MB im Pauschalpreis kostet.  Je nach dem von welchem Tarif man bei Überschreitung des Datenvolumens ausgeht,  zahlt der Kunde  ca das 20 fache (€ 0,10 pro MB) bzw. gar das 320 fache (€ 1,50 pro MB) vom Grundpreis in Höhe von €  0,0046 pro MB. Aufgrund der Preisangaben im Serviceantrag rechnet der Kunde jedenfalls nicht mit einer derartigen Kostenbelastung. Durch diese Intransparenz soll der Konsument offenbar auch am Vergleich mit besseren Angeboten gehindert werden.

Das Erstgericht gab uns mit kurzer Begründung Recht:

Im Serviceantrag wurde der Standardtarif nicht näher definiert, weshalb die Klausel als intransparent angesehen wurde. Weder im Servicevertrag noch in der inkriminierten Klausel selbst erhält der Kunde Informationen über den Standardtarif. Die Klausel enthält keinerlei Hinweise, wie sich der Konsument Kenntnis über die Kosten verschaffen könne, die nach Ausschöpfen des vereinbarten Datenvolumens verrechnet werden.

Es bleibt nunmehr abzuwarten, ob die Gegenseite Berufung erheben wird.

HG Wien 9.9.2010, 11 Cg 83/10h
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

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unterstützt durch das

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