Wien (OTS) - Der Missbrauch von gestohlenen Bankomatkarten ist ein gängiges Problem für Konsumenten. Immer wieder kommt es zu Behebungen von unbekannten Dritten; oft sehr rasch nach dem Diebstahl und daher vor Wirksamwerden einer Sperre. Die Banken argumentieren regelmäßig damit, dass die Verwendung des richtigen PIN-Codes den Anschein schaffe, dass der Karteninhaber sorglos gehandelt haben müsse. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat nun - im Auftrag von Konsumentenschutzminister Erwin Buchinger - die Haftungsfrage in einem typischen Fall durch den Obersten Gerichtshof (OGH) klären lassen.
Dem Konsumenten wurde während einer U-Bahnfahrt in Wien die Bankomatkarte aus seinem verschlossenen Rucksack gestohlen. Zuvor hatte er an einem Bankomat Geld behoben. Dabei war er offensichtlich von den späteren Dieben beobachtet worden. Innerhalb von 15 Minuten nach dem Diebstahl haben die Täter 310 Euro behoben.
Die Bank ging davon aus, dass der Konsument sorgfaltswidrig gehandelt hätte: Zum einen der Transport der Bankomatkarte im Rucksack, zum anderen keine Vorkehrung gegen das Ausspionieren des Codes.
Der OGH rückt diese Thesen nun zurecht: Bei der Behebung am Bankomat sind im Normalfall keine besonderen Vorsichtsmaßnahmen gegen Ausspionieren des Codes geboten. Es wäre nämlich nach Einschätzung des OGH zuviel verlangt, würde man von jedem Kunden "verlangen, stets ohne konkreten Anlass besondere Aufmerksamkeit auf allfällige Ausspähversuche zu richten und etwa Tastenfelder des Bankomaten, die im Allgemeinen recht leicht einsehbar sind, mit der zweiten Hand oder durch besondere Körperhaltung (Verrenkung?) vor seitlicher Einsicht zu schützen."
Zur Verwahrung der Karte reicht es aus, wenn man seine Geldbörse im Rucksack aufbewahrt und diesen am Rücken trägt. Es ist nämlich für den OGH "nicht zu verlangen, über die Verwahrung in einem abgeschlossenen Behältnis in körperlicher Nähe oder in einer Tasche unmittelbar am Körper hinaus ständig die ungeteilte Aufmerksamkeit der Abwehr möglicher Diebstahlsgefahren zu widmen." Dies wäre eine unzumutbare Einschränkung der Bewegungsfreiheit.
Die Bank muss daher dem betroffenen Konsumenten den missbräuchlich behobenen Betrag zurückerstatten, da der Kunde nicht sorgfaltswidrig gehandelt hatte.
"Der Kunde haftet nur bei Verschulden, das ist in den Bankomatbedingungen klar geregelt. Nun hat der OGH aber klargestellt, dass an die Sorgfaltspflicht der Kunden keine unrealistischen Anforderungen gestellt werden dürfen", freut sich Dr. Peter Kolba, Bereichsleiter Recht im VKI über die Entscheidung.