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Urteil: Roaming im Inland - Kunde haftet nicht

Das Bezirksgericht Donaustadt weist eine Klage von One gegen eine Konsumentin ab, deren Sohn in Grenznähe über ein ausländisches Netz telefoniert hatte, und die die hohen Roaming-Kosten dafür nicht bezahlen wollte. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Immer wieder kommt es vor, dass Verbraucher in Grenznähe in ein ausländisches Mobiltelefonnetz gelangen und ihnen ihr Betreiber dafür saftige Roaminggebühren in Rechnung stellt. Noch höher fallen die Rechnungen beim unbeabsichtigten Daten-Roaming aus.

Das BG Donaustadt hat nun erfreulicherweise in einem solchen Fall der Kundin Recht gegeben. Deren minderjähriger Sohn, der sich im Südburgenland aufgehalten hatte, habe über ausländische Mobilnetze telefoniert. Die Konsumentin beeinspruchte die hohen Roaminggebühren.

Im Juni sperrte One sämtliche Anschlüsse der Kundin, weil diese nicht die gesamten Forderungen bezahlt hatte, woraufhin die Kundin ihrerseits ihren Rücktritt von ihren insgesamt drei Mobilfunkverträgen mit One erklärte.

Nachdem in allen Verträgen ein 24monatiger Kündigungsverzicht vereinbart war, stellte One im Juli 2007 die gesamten restlichen Grundentgelte für die Restlaufzeit in Rechnung und klagte in der Folge € 1554,49 samt 10% Zinsen ein.

Das BG Donaustadt wies in seiner Entscheidung vom 27.5.2008 die Klage jedoch ab.

Vertrag nicht wirksam zustande gekommen
Ein redlicher Nutzer eines Mobilfunktelefons müsse damit rechnen, im Ausland zu einem erhöhten Tarif zu telefonieren, nicht jedoch damit, im Inland zum Auslandstarif zu telefonieren.

Ein Vertragsabschluss mit einem Mobilfunkbetreiber beinhalte nicht zugleich die Willenserklärung, im Inland einen Vertrag mit einem Roamingpartner im Ausland abschließen zu wollen.

Der Vertrag mit dem Roamingpartner könne nur dann konkludent zustande kommen, wenn dem Nutzer bewusst ist und ihn kein vernünftiger Grund daran zweifeln lässt, dass er über einen ausländischen Betreiber telefoniert.

Davon sei wohl auszugehen, wenn der Nutzer im Ausland ist, nicht aber, wenn wie hier Roaminggebühren für Telefonate im Inland anfallen.

Zur Fälligstellung der restlichen Grundentgelte für die Dauer der Mindestlaufzeit des Vertrages meinte das Gericht: Die beklagte Konsumentin habe ihren Rücktritt zu Recht erklärt, weil es One war, die ihre Leistungen zuvor einstellte, und die daher nicht berechtigt gewesen sei, Grundentgelte bis zum Ende der vereinbarten Bindungsfrist geltend zu machen.

Die Bedingungen von One hatten dies nämlich für den Fall vorgesehen, dass das Vertragsverhältnis auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden vorzeitig aufgelöst würde. Dies sei hier aber gerade nicht der Fall gewesen.

(Exkurs 1: Der VKI hat ebendiese Vertragsklausel (neben drei weiteren) auch in einem Verbandsverfahren gegen One als unzulässig beanstandet und bisher von 2 Instanzen Recht bekommen. Die endgültige Entscheidung im Verbandsverfahren hat nun der Oberste Gerichtshof zu treffen. Schließt dieser sich der Meinung der Vorinstanzen an, darf sich One gegenüber Verbrauchern nicht mehr auf die beanstandeten Klauseln berufen. Das heißt, dass in einem Fall wie hier die restlichen Grundentgelte nicht eingefordert werden dürften, die Kundin also rechtlich eine noch bessere Position hat.)

Die Entscheidung des BG Donaustadt ist nicht rechtskräftig.

(Exkurs 2: Wenn die Entscheidung bekämpft wird, hat in zweiter Instanz das Landesgericht zu entscheiden, eine Anrufung des OGH ist ausgeschlossen, weil der Streitwert zu gering ist. Anders wäre dies bei einem Musterverfahren, an dem der VKI beteiligt ist. Ein abgetretener Anspruch, den eine Verbraucherorganisation geltend macht, ist in der Zivilprozessordnung privilegiert und kann unabhängig vom Streitwert bis zum Obersten Gerichtshof geführt werden. Dies war jedoch hier nicht der Fall.)

BG Donaustadt vom 27.5.2008, 33 C 579/07f
Beklagtenvertreter: Dr. Gerald Gries,
Siemer-Siegl-Füreder& Partner, RA-Kanzlei in Wien

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