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Meinung: Prozessfinanzierung gegen Erfolgsbeteiligung - Krejci irrt

Der emeritierte Univ. Prof. Dr. Krejci zieht - im Auftrag des AWD - gegen die - in Österreich seit 10 Jahren übliche - Prozessfinanzierung auf Basis einer Erfolgsquote zu Felde. Wir meinen, dass er in entscheidenden Punkten irrt.

Nachdem - gegen den heftigsten Widerstand des AWD - die Richter des Handelsgerichtes Wien alle fünf Sammelklagen für zulässig erklärt haben, hat sich der AWD - um ein Eingehen auf die schweren Vorwürfe der systematischen Fehlberatung weiter zu verzögern - auf einen neuen Einwand verlegt: Da die Sammelklagen vom Prozessfinanzierer
FORIS gegen Erfolgsquote finanziert sind, wendet der AWD nun ein, dass diese Vereinbarungen gesetzwidrig und damit auch die Abtretungen an den VKI unwirksam seien. Die Hoffnung des AWD ist, dass die Gerichte die Klagen mangels aktiver Klagslegitimation abweisen würden. Die Geschädigten könnten aber nunmehr auch nicht mehr mit Erfolg Einzelklagen einbringen; diesen Klagen würde der AWD nämlich dann die Verjährung der Ansprüche entgegen halten. Das Ziel ist klar: Der AWD will die Vorwürfe der systematischen Fehlberatung nicht gerichtlich geprüft sehen und sich um Schadenersatz drücken.

Nun findet sich in der Österreichischen Juristenzeitung (ÖJZ) ein Aufsatz des emeritierten Univ. Prof. Dr. Heinz Krejci zum Thema: Gilt das Quota-Litis-Verbot auch für Prozessfinanzierungsverträge? (ÖJZ 2011/37)

Krejci kommt zum Ergebnis: Ja. Das überrascht nicht, wenn man in Fußnote 1 liest, dass der vorliegende Beitrag in gekürzter und generalisierter Form einen Teilaspekt eines Problemkreises behandle, den der Autor in einem Rechtsgutachten behandelt habe. Was der Autor dem Leser leider verschweigt, dass dieses Rechtsgutachten im Auftrag des AWD erstellt und in den Sammelklagen zur Stützung der Argumente des AWD vorgelegt wurde.

Krejci sieht die Frage, ob das Erfolgshonorar des Prozessfinanzierers dem Quota-Litis-Verbot des § 879 Abs 2 Z 2 ABGB widerspricht, als "strittig" an. Das ist aber erst seit seinem Gutachten bzw Artikel so. Bislang galt die Entscheidung des OGH (4 Ob 358-365/83, ÖBl 1985, 71), wonach ein "Schadenshelferring" (Vorläufer der Prozessfinanzierung in Österreich) kein Rechtsfreund im Sinn des § 879 ABGB ist und das Verbot der Erfolgsquotenvereinbarung daher nicht gilt, als unbestritten. Der VKI verwendet diese Konstruktion zur Finanzierung großer Sammelklagen (Zinsenstreit mit Banken, WEB, …) seit 10 Jahren, unzählige Gerichte haben sich damit beschäftigt und kein Richter kam je auf die Idee, dass die Prozessfinanzierung gegen Erfolgsquote gesetzwidrig wäre und das auch noch von einem Dritten - nämlich dem Beklagten - zu Lasten der von der Norm Geschützten aufgegriffen werden könne.

Krejci räumt zwar zunächst ein, dass das gesetzliche Verbot "in erster Linie dem Schutz des Klienten, der die Prozessaussichten nicht abschätzen kann" diene, versucht aber dann herauszuarbeiten, dass auch ein öffentliches Interesse am Verbot dieser Praktiken bestehe. Das gipfelt in der Formulierung: "Rechtssuchende sollen im Kampf um ihr Recht nicht durch von der Rechtsgemeinschaft missbilligten Geschäftspraktiken der Rechtsfreunde behindert werden." Dieser Schwenk ist aus Sicht des AWD nötig, um zu begründen, weshalb die allfällige Nichtigkeit einer Vereinbarung nicht nur vom Geschützten (relative Nichtigkeit), sondern jederzeit vom Gericht, ja sogar vom Gegner aufgegriffen werden kann (absolute Nichtigkeit). Das Endergebnis kann sich (nicht) sehen lassen: § 879 Abs 2 Z 2 ABGB soll den "Rechtssuchenden im Kampf um sein Recht" schützen, daher kann sein Gegner eine effiziente Klageführung bekämpfen und scheitern lassen. Versteht man die Norm so, dann würden im Fall AWD die Opfer durch diese Norm zum zweiten Mal zu Opfern gemacht.

Fragt sich aber grundsätzlich, auf welchen Adressatenkreis das Verbot überhaupt anwendbar ist. Der Gesetzgeber verbietet dem "Rechtsfreund" die Ouota-Litis-Vereinbarung. Bislang galten Prozessfinanzierer nicht als Rechtsfreunde, das Verbot daher gar nicht anwendbar. Nun konstruiert Krejci - gegen den ausdrücklichen Vertragstext etwa bei FORIS - eine "Rechtsberatungstätigkeit" des Prozessfinanzierers und erklärt ihn zum "Rechtsfreund". Er findet wieder starke Worte: " Fehlt eine andere vertragliche Regelung, so widerspricht es wohl dem Verbotszweck, ein nach einer quota litis berechnetes Entgelt allein deshalb, weil es nicht nur rechtsfreundliche Dienste, sondern auch noch andere Leistungen (hier: Risikoübernahme) abdeckt, auch für die rechtsfreundlichen Dienste als erlaubt anzusehen." Bei Krejci wird also das Kerngeschäft des Finanzierers - die Risikoübernahme gegen Erfolgsquote - zum Anhängsel, im Vordergrund stehe die Rechtsberatung. Genau das Gegenteil ist in der Realität der Fall. Natürlich prüft der Finanzierer vor einer Finanzierungszusage den Fall, natürlich begeleitet es das Verfahren und gibt seinerseits Tipps zur Strategie - der Herr des Verfahrens aber ist und bleibt der Rechtssuchende und dieser wird durch seinen Rechtsanwalt rechtskundig - auch gegenüber dem Finanzierer - vertreten. Eine Rechtsberatung des Rechtssuchenden durch den Finanzierer findet in keiner Phase des Verfahrens statt, ja wird sogar vertraglich ausdrücklich ausgeschlossen. Sie ist eben gerade überhaupt nicht Vertragsinhalt - der Rechtssuchende hat darauf keinen Leistungsanspruch. Das Entgelt - nämlich die Erfolgsquote - wird ausschließlich für die Risikoübernahme geschuldet.

Warum erscheint der Artikel gerade jetzt? Nun die Gerichte werden sich - in allen Sammelklagen - demnächst mit den Argumenten des AWD auseinandersetzen müssen. Da kann das "neutrale Wort" der Wissenschaft schon nützen. Oder auch nicht!

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