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Urteil: Außerordentliche Kündigung von Gesellschaftsverträgen mit Imperial

Ein Musterprozess des VKI im Auftrag des BMASK ergibt: Die außerordentliche Kündigung der atypisch stillen Gesellschaft zwischen einem Konsumenten und der Imperial Kapitalbeteiligungs GmbH & Co KG (Imperial) aufgrund des Wegfalls der garantierten 6%igen Verzinsung ist laut erstinstanzlichen Urteil des Landesgerichtes Linz (LG Linz) rechtswirksam, wenn diese Verzinsung ausschlaggebend für die Beteiligung des Konsumenten war.

Die Konsumentin beteiligte sich im Jahr 2006 als atypische stille Gesellschafterin an Imperial, wobei ihr eine gewinnunabhängige 6%ige Verzinsung der einbezahlten Anteile p.a. ausdrücklich garantiert wurde. Sie leistete eine einmalige Einlage und verpflichtete sich in einem Ratenplan zu weiteren regelmäßigen Zahlungen. Die fixe Verzinsung von 6% war wesentliches Element dieses Finanzproduktes und ausschlaggebend für die Konsumentin, die Anteile zu erwerben. Ohne die garantierte 6%ige Verzinsung hätte sie die Beteiligungen jedenfalls nicht erworben, da sie dieses Finanzprodukt als langfristige Veranlagung, sozusagen als ihre private Pensionsvorsorge, veranlagen wollte.

Imperial teilte im Jahr 2009 der Konsumentin mit Bezug auf das höchstgerichtliche Urteil 2 Ob 225/07p vom 29.05.2008 mit, dass sie die 6%ige Verzinsung der geleisteten Einlage einstellen und Ausschüttungen nur mehr dann vornehmen wird, wenn diese vom Reingewinn der Gesellschaft abgedeckt sind. Es besteht sohin für Kommanditisten und atypische stille Gesellschafter ein Anspruch auf die Ausschüttung von Vorwegbezügen nur mehr unter dieser Voraussetzung

Der Umstand, dass die 6% Zinsen nicht mehr garantiert werden, war für die Konsumentin ausschlaggebend für eine außerordentliche Kündigung. Imperial bestritt die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund und lehnte eine Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens ab. Weiters behauptete Imperial, dass vor Kündigungswirksamkeit die Verpflichtung zur monatlichen Zahlung der Beitrittsbeträge aufrecht bleibe.

Das LG Linz führte hierzu rechtlich aus:

Aus wichtigem Grund kann ein Vertrag vorzeitig aufgelöst werden (vgl. Reischauer in Rummel³, vor §§ 918 ff Rz 7). Der OGH leitet aus einer Wertungsparallele zu den §§ 918 ff ABGB ab, dass ein in Vollzug gesetztes Dauerschuldverhältnis in Folge einer Leistungsstörung vorzeitig infolge einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund aufgelöst werden kann (vgl. Gruber in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.00 § 918 Rz 18).

Dem gegenständlichen Gesellschaftsverhältnis liegt durch die Verweigerung der ausdrücklich zugesagten Leistung der 6%igen Verzinsung eine Leistungsstörung zugrunde.

Als genereller Maßstab für das Vorhandensein eines wichtigen Auflösungsgrundes werden ua Vertragsverletzungen herangezogen, die bei Zielschuldverhältnissen zum Rücktritt nach § 918 ABGB berechtigen würden (vgl. Gruber in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.00 § 918 Rz 23) bzw Umstände, die eine Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zulassen. Ein Lösungsrecht wird danach zugestanden, wenn typische Voraussetzungen für den Abschluss derartiger Verträge auf Dauer wegfallen und damit den von beiden Teilen anerkannten, wenngleich nicht stets ausgedrückten Vertragszweck vereiteln (vgl. Binder/Reidinger in Schwimann, ABGB Praxiskommentar § 918 RZ 56).

Unter wichtige Gründe ist jedenfalls der in der Verweigerung der Zuhaltung von vereinbarten wesentlichen Vertragsbedingungen gelegene Vertragsbruch, wenn er mit einer schweren Erschütterung des Vertrauens in die Person des Vertragspartners einhergeht, zu subsumieren (vgl. Gruber in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.00 § 918 Rz 15), wie auch die nicht voraussehbare Änderung der Verhältnisse (vgl. Binder/Reidinger in Schwimann, ABGB³ Praxiskommentar § 918 RZ 57). Regelmäßig wird zudem darauf abgestellt, dass dem Zurücktretenden eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zumutbar sei (vgl. Gruber in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.00 § 918 Rz 15).

Im gegenständlichen Fall wurde den stillen Gesellschaftern gemäß § 8 Z 1 des Kommanditgesellschaftsvertrages ein Vorwegbezug in Höhe von 6 % der eingezahlten Einlage zugesichert. Es handelte sich hierbei um eine wesentliche Eigenschaft dieses Finanzproduktes, die der Konsumentin ausdrücklich zugesagt worden ist.

Auch wenn Imperial behauptet, dass keinerlei Grund für eine außerordentliche Kündigung vorgelegen habe, da der Wegfall des Vorwegbezuges wegen eines OGH-Urteils kein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung sei, da jeder mit einer sich ständig ändernden Judikatur des OGH rechne müsse, kann dem nicht gefolgt werden, da ein Finanzprodukt regelmäßig genau wegen der zugesagten Verzinsung abgeschlossen wird, wie die Feststellungen bereits zeigten. Die fix zugesagte Verzinsung war ausschlaggebend dafür, dass sich die Konsumentin für dieses Produkt entschieden hat.

Die Beseitigung dieser gewinnunabhängigen garantierten 6%igen Verzinsung stellt eine wesentliche Änderung jener Geschäftsgrundlage dar, unter der die Konsumentin die Beteiligung eingegangen ist. Für die zukünftige Ausschüttung wird darauf abgestellt, ob die Gesellschaft Reingewinne erwirtschaftet oder nicht. Da die Gesellschaft jedoch seit dem Jahr 2001 keinerlei Gewinne, sondern ausschließlich Verluste verzeichnet, fehlt das Element der Sicherheit gänzlich. Es fällt genau jenes Element der Sicherheit, nämlich die fixe Verzinsung, weg, welches die Konsumentin bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages ausdrücklich zugesichert worden ist und für sie ausschlaggebend für den Abschluss dieses Vertrages war. Dies stellt somit einen wichtigen Grund dar, der zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Gesellschaftsvertrages berechtigt.

Durch die Beseitigung der 6%igen Verzinsung ist die Geschäftsgrundlage für das atypsich stille Gesellschaftsverhältnis mit der Konsumentin weggefallen und ist diese daher berechtigt, die Aufhebung dieses Gesellschaftsverhältnisses zu verlangen.

Grundsätzlich ist nach § 918 ABGB eine Nachfrist zu setzen (vgl. Reischauer in Rummel³,
§ 918 Rz 14), bei Auflösung aus wichtigem Grund wird diese jedoch prinzipiell für unnötig erklärt (vgl. Binder/Reidinger in Schwimann, ABGB Praxiskommentar § 918 RZ 58). Daher war im Zuge der außerordentlichen Kündigung auch keine Nachfrist zu setzen.

Nach Art. IV des Gesellschaftsvertrages ist das Guthaben in drei gleichen Monatsraten nach Vorliegen der Anteilsbewertung auszubezahlen, wenn der stille Gesellschafter zufolge Kündigung aus der Gesellschaft ausscheidet. Demzufolge sind die Anteile von Imperial zu bewerten und auszubezahlen.

Die Verpflichtung zur monatlichen Zahlung aus der Beitrittserklärung bleibt nur solange aufrecht, als sie nicht wirksam gekündigt wird. Infolge des Zugangs der Kündigung der Beitrittserklärung wurde sie wirksam und ist die Verpflichtung zur monatlichen Zahlung erloschen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig; mit einer Berufung ist zu rechnen.

LG Linz 12.04.2011, 1 Cg 201/10i
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Klagevertreter: Rechtsanwalt Dr. Stephan Briem, Wien

Anmerkung:

Imperial erwirtschaftete - so das Gericht - seit dem Jahr 2001 ausschließlich Verluste. Der Wert der Anteile der Konsumentin des gegenständlichen Falls z.B. verringerte sich seit ihrem Beitritt um mehr als die Hälfte.

Aufgrund dieses Urteils könnte jeder Beteiligte an der atypischen stillen Gesellschaft, bei dem ebenfalls die 6%ige garantierte Verzinsung weggefallen ist und diese Verzinsung ausschlaggebend für seinen Kauf war, die außerordentliche Kündigung gegenüber Imperial erklären und die sofortige Auszahlung seines Anteils am noch vorhandenen Gesellschaftsvermögen verlangen. - Selbst dann, wenn der Oberste Gerichtshof (OGH) die Entscheidung des LG Linz letztlich nicht bestätigen sollten, wäre die außerordentliche Kündigung in eine ordentliche Kündigung (mit der Einhaltung der Kündigungsfristen laut Gesellschaftsvertrag) umzudeuten. Der Unterschied: Die außerordentliche Kündigung wirkt sofort, für die ordentliche Kündigung gelten lange Kündigungsfristen - sie wirkt also erst nach Jahren. Die Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens stellt dann aber - egal ob eine ordentliche oder eine außerordentliche Kündigung vorliegt - die nächste juristische und faktische Hürde dar.

Ebenso könnte, sofern ein Ratenzahlungsplan vereinbart wurde, die Verpflichtung zur monatlichen Zahlung aus der Beitrittserklärung - durch außerordentliche Kündigung - fristlos gekündigt werden. Hier sollte jeder Beteiligte aber zur Vorsicht (entscheidet der OGH anders, drohen sonst Verzugszinsen), sofern Imperial - was zu erwarten ist - die Kündigung nicht akzeptiert, die Raten zwar weiter zahlen, aber mit eingeschriebenem Brief klarstellen, dass diese Zahlung "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und nur vorbehaltlich Rückforderung" geleistet wird. Das hat den Vorteil, dass bei Bestätigung des gegenständlichen Urteils durch den OGH diese Einzahlungen von Imperial vollständig zurückverlangt werden können und der Wert dieser Anteile sich nicht - wie bisher um mehr als die Hälfte - verringern kann.

Es bleibt also abzuwarten, ob Imperial gegen das Urteil des LG Linz Berufung einlegt und es ist damit zu rechnen, dass sich mit dieser Frage letztlich auch noch der OGH beschäftigen wird. Die endgültige rechtliche Klärung wird daher abzuwarten sein.

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