Zum Inhalt

Urteil: Auch künftige Ansprüche sind an VKI abtretbar

Hat ein Kreditnehmer während aufrechten Kreditverhältnisses das Recht, seinen Kreditsaldo berichtigen zu lassen, wenn er meint zu viel Zinsen gezahlt zu haben? Und: Kann er diesen Anspruch an den VKI abtreten? Mit dieser Frage hatte sich der OGH auf Antrag des VKI im Auftrag des BMASK zu beschäftigen.

Ein Ehepaar nahm im Jahr 1989 ein Darlehen zur Finanzierung eines Wohnhauses in der Höhe von ATS 1,3 Mio bei der Vorarlberger Landes- und Hypothekenbank  AG auf. Im Jahr 2000 waren, obwohl die Darlehensnehmer immer pünktlich ihre Ratenzahlung geleistet hatten, nach Angaben der Konsumenten noch immer mehr als ATS 1,3 Mio offen.

Eine vom VKI durchgeführte Kreditnachrechung ergab, dass die Konsumenten wahrscheinlich in zweifacher Hinsicht geschädigt worden waren: Einerseits durch eine nicht-kontokorrente Verrechnung, andererseits durch Nichtanpassung der Zinsen an die Marktbedingungen.

Die Konsumenten traten ihr Recht auf Rückforderung zu viel bezahlter Zinsen und damit einhergehend ihre Ansprüche auf Berichtigung des Saldos und auf gesetzeskonforme Berechnung der Kreditzinsen an den VKI ab, der nun im Auftrag des BMASK einen Musterprozess für die Geschädigten führt.

Die Vorarlberger Landes- und Hypothekenbank  AG wandte im Verfahren mangelnde Passivlegitimation ein. Beide Ansprüche seien Gestaltungsrechte, deren isolierte Abtretung unzulässig sei.  Außerdem handle es sich ohnehin um die bloße (unzulässige) Abtretung des Prozessführungsrechts.

Der OGH ging davon aus, dass eine Abtretung  auch künftiger Ansprüche zulässig sei:
Gemäß § 29 KSchG hat der VKI das Recht, individuelle Ansprüche die ihm abgetreten werden, klagsweise geltend zu machen. Gemeint sind damit alle Ansprüche die abgetreten werden können.

Ist eine Vertragsklausel unzulässig, hat diese Nichtigkeit grundsätzlich der Verbraucher selbst geltend zu machen. Das Recht auf Anfechtung ist nicht übertragbar, ebenso wenig das bloße Recht auf Prozessführung.

In der von den Konsumenten vor Prozessbeginn unterzeichneten Abtretungserklärung wurde dem VKI von den Darlehensnehmern eine Forderung aus dem Titel der Rückforderung zu viel verrechneter Zinsen aus dem Darlehen abgetreten.

Der OGH prüfte nun, ob diese künftige Forderung - das Kreditverhältnis ist ja noch aufrecht und die Bank hat einen Anspruch auf die von den Darlehensnehmern geleisteten Zahlungen aus dem Darlehensvertrag - Gegenstand einer Abtretung sein konnte und ob die eingeklagten Ansprüche auf Richtigstellung des Kreditsaldos und auf marktkonforme Verrechnung der Kreditzinsen als Hilfsansprüche von diesem Rückersatzanspruch umfasst sind.

Der OGH bejahte letztlich beides:

Künftige Forderungen können abgetreten werden, so sie ausreichend bestimmt sind. Die Forderung selbst, erwirbt der Zessionar erst mit Entstehen derselben (in unserem Fall erst mit Entstehen eines Zinsschadens), das Recht an der Forderung geht aber bereits im Zeitpunkt der Zessionsvereinbarung über, also mit der Unterzeichnung der Abtretungsvereinbarung.

Wenn dem VKI die Forderung auf künftigen Zinsschaden rechtswirksam abgetreten wurde, dann hat er als Hilfsanspruch auch das Recht, die Berichtigung des Kreditsaldos und die richtige Berechung der Kreditzinsen zu verlangen.

OGH, 24.2.2009, 4 Ob 208/08d
Volltextservice
Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

Urteil: OGH zum Rücktrittsrecht bei Immobiliengeschäften

§ 30a KSchG gewährt ein Rücktrittsrecht bei Immobiliengeschäften, wenn der Verbraucher am selben Tag der erstmaligen Besichtigung des Vertragsobjekts die Vertragserklärung unterzeichnet. Nach dem OGH gebietet die Interpretation dieser Bestimmung nach Wortlaut und Zweck und unter Berücksichtigung des Ausnahmecharakters eine grundsätzlich restriktive Auslegung im Sinne des Kalendertages.

Urteil: Haftung eines MEL-Vermittlers bejaht

Der VKI führt im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums Musterprozesse gegen Vermittler von MEL-Zertifikaten. Es wird Schadenersatz wegen falscher Anlageberatung verlangt. Nun liegt das erste Urteil vor. Das Gericht verurteilt den Vermittler zum Schadenersatz.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang