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Urteil: Figurella - Irrtumsanfechtung

Wieder ein erfolgreicher Musterprozeß der AK-Salzburg.

Die beklagte Verbraucherin hatte im Juli 1994 eine Filiale von Figurella in Salzburg aufgesucht und nach Beratung mit einer "Figurberaterin" einen Behandlungsvertrag in Höhe von öS 55.000,-- für die Reduktion des Körperumfanges und des Körpergewichtes unterfertigt. Im Zuge der "Figur-Analyse" musste sich die beklagte Verbraucherin ausziehen, sodass der Vertreterin von Figurella - auch als medizinischen Laien - ein Venenleiden der Beklagten erkennbar sein musste. Über dieses Venenleiden wurde auch ausdrücklich gesprochen. Die Vertreterin von Figurella meinte dass das Venenleiden die Behandlung keineswegs hindere. Die beklagte Verbraucherin wurde insbesondere nicht darüber aufgeklärt, dass bei ihrem Leiden die Behandlungsmethoden der Klägerin zu einem gesundheitlichen Risiko führen würde. Es wurde ihr auch nicht empfohlen sich bei einem Arzt über die möglicherweise bestehenden Risken zu erkundigen.

In der Folge nahm die beklagte Verbraucherin die Behandlung nicht in Anspruch. Wegen der mit der Behandlung der Klägerin verbundenen Wärmeanwendung wäre mit einer relativen Gesundheitseinschränkung und einem erhöhten Thromboserisiko der Beklagten zu rechnen gewesen. Die Behandlungsmethode der Klägerin (Kombination von Wärme und gymnastischen Übungen) hätte zu Gesundheitsbeeinträchtigungen der Beklagten geführt, sodass eine Aufnahme dieser Behandlung aus medizinischer Sicht nicht angezeigt war.

Figurella klagte das gesamte Entgelt ein. Die Verbraucherin - unterstützt durch die AK Salzburg - erhob Einwendungen und konnte den Prozess schlussendlich gewinnen.

Das Berufungsgericht verwies auf seine Vorentscheidungen (21 R 421/98, 21 R 119/91, 21 R 211/91, 21 R 137/93, 212 R 224/93, 21 R 439/92 u.a.) und hielt fest, dass Figurella die vorvertragliche Pflicht treffe, den Partner nicht in Irrtum zu führen. Das Veranlassen eines Irrtums im Sinne des § 871 ABGB bedeute lediglich eine adäquate Verursachung. Diese könne auch durch Unterlassung der notwendigen Aufklärung erfolgen. Es genügt daher das objektive Bestehen des Irrtums und ein für die Entstehung des Irrtums ursächliches Verhalten des Vertragspartners. Ein absichtliches oder fahrlässiges Irreführen - also ein Verschulden des Partners am Zustandekommen des Irrtums - ist nicht erforderlich. Die klagende Partei wäre daher verhalten gewesen, die Beklagte auf das gesundheitliche Risiko bei Inanspruchnahme der Werkleistungen der Klägerin unmissverständlich hinzuweisen. Da sie diese vorvertragliche Aufklärungspflicht nicht erfüllt hat, oblag es ihr darzulegen und zu beweisen, dass die Beklagte den Werkvertrag auch dann geschlossen hätte, wenn die Klägerin ihrer Aufklärungs- und Informationspflicht nachgekommen wäre, ihrem Fehlverhalten also keine Relevanz zukäme. Diesen Beweis hat die Klägerin im Verfahren 1.Instanz nicht angetreten. Die Klage war daher abzuweisen.

LG Salzburg 20.4.1998, 53 R 59/98b

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