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Urteil: Fitnessstudio "Fitter Hirsch": Sieben Klauseln unzulässig

Der OGH bestätigte die Entscheidung des OLG Graz, das sieben Klauseln der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Fitnessstudios "Fitter Hirsch" als unzulässig beurteilte.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI ) hat - im Auftrag der Arbeiterkammer Steiermark - die Fit GmbH, die das Fitnessstudio "Fitter Hirsch" betreibt, wegen der Verwendung unzulässiger Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. Da das Unternehmen dieser Forderung nicht nachkam, brachte der VKI Klage ein.

Sowohl das Landesgericht Graz, als auch das über die Berufung der Fit GmbH entscheidende Oberlandesgericht Graz erklärten die vom VKI angefochtenen Klauseln für unzulässig:

1.    Das Studio übernimmt keine Haftung für Gesundheits- oder Sachschäden, die durch unsachgemäßen Gebrauch des Mitglieds entstehen. Ebenso übernimmt die Firma ITDS Computer GmbH - Fitter Hirsch keine Haftung bei Verlust von Bargeld. Der Kunde verpflichtet sich, pfleglich mit der Einrichtung im Fitnessstudio umzugehen. Sachbeschädigungen - auch fahrlässig verursachte - werden auf Kosten des Verursachers instand gesetzt. Der Kunde verpflichtet sich im Falle des Zufügens des Schadens von einem anderen Kunden, das Fitnessstudio klag- und schadlos zu halten.
Eine Haftungsausschluss für Personenschäden ist generell unzulässig (Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG); da die Klausel darüber hinaus auch für sonstige Schäden unabhängig vom Verschulden des Unternehmens einen Haftungsausschluss vorsieht, ist die Klausel zudem gröblich benachteiligend (Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB).
Weiters war die Klausel aus Sicht des OLG Graz auch intransparent, da die Rechtslage nicht korrekt dargestellt werde (Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG).

2.    Die Verhinderung eines Kunden - aus welchen Gründen auch immer - an der Inanspruchnahme des Trainings entbindet den Kunden nicht von der Bezahlung des vereinbarten Leistungsentgelts. Das Studio ist in diesem Fall weder zu einer Nachleistung, noch zu einer Rückzahlung, noch zu einer Duldung einer Aufrechnung verpflichtet.
Da das Entgelt demnach auch dann verlangt werden könnte, wenn das Unternehmen den Hinderungsgrund gesetzt hat, ist die Klausel nachteilig und überraschend bzw. gröblich benachteiligend (Verstoß gegen § 864a und § 879 Abs 3 ABGB). Dass es KundInnen verwehrt sein soll, eigene Verbindlichkeiten durch Aufrechnung mit Gegenforderungen aufzuheben, die in rechtlichem Zusammenhang zueinander stehen, ist ebenfalls unzulässig (Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 8 KSchG).

3.    Bei Zahlungsverzug behält sich das Studio das Recht der Mahnung vor. Pro Mahnschreiben werden Gebühren in Höhe von EUR 19,- geltend gemacht, welche vom Kunden zu übernehmen sind. Spesen für entstandene Rücklastschriften werden ebenfalls mit EUR 19,- angesetzt. Die Firma ITDS Computer GmbH – Fitter Hirsch ist bei tatsächlich angefallenen Spesen von mehr als EUR 19,- berechtigt, seine Forderung entsprechend anzupassen. Nach zweimaliger Rückbuchung in Folge wird dem Kunden der Zutritt zum Studio verwehrt. Bei Zahlungsverzug gelten 12 % Verzugszinsen p.A. als vereinbart.
Die Höhe der hier normierten Gebühren und Spesen ist überhöht, zudem könnten sie auch dann verlangt werden, wenn sie weder notwendig, zweckentsprechend und verhältnismäßig, noch dem Kunden zuzurechnen sind. Überhöht ist auch der vom OLG Graz für exorbitant erklärte Verzugszinssatz, der in Abweichung vom gesetzlichen Zinssatz von 4 % normiert wurde (Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB). Mit der nachteiligen Rechtsfolge, dass KundInnen der Zutritt zum Studio verwehrt werde, müssen diese nicht rechnen, weshalb auch diese Bestimmung unwirksam ist (Verstoß gegen § 864a ABGB).

4.    Der Kunde hat die Umkleiden nach Beendigung des Trainings zu räumen. Für ein allfälliges Abhandenkommen von persönlichem Eigentum wird vom Studio keine Haftung übernommen.
Eine generelle Haftungsfreizeichnung ist unzulässig (Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG).

5.    Für den Fall von Betriebsunterbrechungen (aufgrund von Reinigungs-, Instandsetzungs- oder Instandhaltungsarbeiten, Urlaub, etc.) erwächst dem Kunden kein Anspruch auf Minderung des vertraglich vereinbarten Leistungsentgelts oder auf anteilige Rückerstattung bereits bezahlter Beträge, sofern die Betriebsunterbrechung nicht mehr als 2 Wochen pro Jahr in Anspruch nimmt.
Gewährleistungsrechte von VerbraucherInnen dürfen vorweg nicht ausgeschlossen werden (Verstoß gegen § 9 KSchG). Zudem ist ein Vorbehalt einseitiger Leistungsänderungen, wie des hier normierten, nur in engen Grenzen zulässig, worauf die Klausel jedoch nicht abstellt (Verstoß gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG und § 879 Abs 3 ABGB).

6.    Nebenabreden bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform. Mündliche Nebenabreden sind jedenfalls rechtsunwirksam.
Die Rechtswirksamkeit formloser Erklärungen des Unternehmers oder seiner Vertreter darf zum Nachteil eines Verbrauchers vertraglich nicht ausgeschlossen werden (Verstoß gegen § 10 Abs 3 KSchG).

7.    Pro Quartal sind EUR 25,- Verwaltungsgebühr zu entrichten.
Weder müssen VerbraucherInnen mit einem Zusatzentgelt in dieser Höhe rechnen (Verstoß gegen § 864a ABGB), noch entspricht die Normierung dieser Gebühr den gesetzlichen Vorgaben: Eine Vereinbarung, mit der sich KundInnen neben dem eigentlichen Entgelt zu weiteren Zahlungen verpflichten, kommt nur dann wirksam zu Stande, wenn ihr ausdrücklich zugestimmt wurde; ein Vordruck auf einem Formular ist demnach nicht ausreichend (Verstoß gegen § 6c KSchG).
Das OLG Graz erklärte die Klausel schon aus dem Grund für unzulässig, als unklar sei, ob diese Verwaltungsgebühr bereits im monatlichen Entgelt enthalten oder ob sie zusätzlich zu entrichten wäre (Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG).

Der Oberste Gerichtshof verwarf die außerordentliche Revision der Fit GmbH und bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Fit GmbH darf diese und sinngleiche Klauseln in neuen Verträgen nicht mehr verwenden und sich in bereits geschlossenen Verträgen auf diese nicht berufen.

OGH 18.05.2016, 3 Ob 73/16f
OLG Graz 25.02.2016, 2 R 24/16s
LG für ZRS Graz 31.12.2015, 39 Cg 64/15h
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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