Der VKI führt - im Auftrag des Konsumenten-schutzministeriums - seit Jahren Verbandsklagen gegen überschießende Vereinbarungen von Rückforderungsansprüchen von Versicherern auf gewährte "Dauerrabatte" gegenüber ihren Kunden, wenn diese - wie Verbrauchern gesetzlich ermöglicht - einen Versicherungsvertrag nach Ablauf von drei Jahren vorzeitig kündigen. Wenn solche Klauseln den Verbraucher unangemessen belasten, dann sind sie gröblich benachteiligend; das gilt auch für eine "Ausspannklausel" im Fall der Wiener Städtischen Versicherung. Die Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen erfordert den ersatzlosen Wegfall der nichtigen Klausel; eine ergänzende Vertragsauslegung hat zu unterbleiben. Die Rückforderungen von Dauerrabatten auf Basis einer solchen ergänzenden Vertragsauslegung durch die Allianz Versicherung sind unzulässig.
Versicherungen gewährten bei langen Vertragsbindungen "Dauerrabatte" von zB 20% Prozent auf die jährliche Prämie. Der Gesetzgeber gibt dem Verbraucher aber nach Ablauf von drei Jahren ein gesetzliches Kündigungsrecht. Kündigt nun der Versicherungsnehmer einen langjährig abgeschlossenen Versicherungsvertrag vorzeitig auf, dann verlangen die Versicherer häufig die Rückerstattung der gewährten "Dauerrabatte".
Der OGH hat in der Vergangenheit bereits mehrfach konkrete "Dauerrabatt-Rückforderungsklauseln" von Versicherern als gesetzwidrig und unwirksam angesehen. So etwa auch die Klausel der Allianz Elementar Versicherung, die da lautete: "Die angeführte Jahresprämie beinhaltet die Steuer und einen Rabatt von 20% für eine 10-jährige Vertragsdauer, dessen Rückerstattung der Versicherer bei vorzeitiger Vertragsauflösung verlangen kann." Diese Klausel hatte der OGH bereits vor Jahren als gesetzwidrig erklärt. Klauseln wie diese stellen ein wirtschaftliches Hindernis für den Verbraucher dar, sein gesetzliches Kündigungsrecht in Anspruch zu nehmen.
Nun hat der OGH ähnliche Klauseln der Wiener Städtischen Versicherung ebenfalls als gesetzwidrig angesehen. Dazu auch eine "Ausspannungsklausel" nach der der Versicherungsnehmer - bei vorzeitiger Kündigung - der Wiener Städtischen auch jene Kosten ersetzen müsste, die diese bei der Ausspannung des Versicherungsnehmers aus einem Vorversicherungsvertrag mit einer dritten Versicherung, dieser als Dauerrabatt-Rückforderung zugunsten des Versicherungsnehmers bezahlt hatte.
Für die Praxis wesentlich ist die Konsequenz der Nichtigkeit einer Klausel. Als Strafe für den Unternehmer, der sich einer gesetzwidrigen Klausel bedient hat, fällt diese Klausel zur Gänze weg; es gibt keine "ergänzende Vertragsauslegung" zugunsten des Unternehmers. Das sagt das OLG Wien im Verbandsklageverfahren des VKI gegen die Allianz Elementar Versicherung. Das Gericht ließ aber die ordentliche Revision zu.
Das bedeutet konkret: Die Klausel der Allianz Elementar Versicherung war vom OGH für gesetzwidrig und nichtig erklärt worden. Die Versicherung verlangte dann aber weiterhin - geringere - Beträge als "Dauerrabatt-Rückforderung" und berief sich auf eine ergänzende Vertragsauslegung. Die nun verlangten Beträge hätten mit den Kunden wirksam vereinbart werden können. Diese Form der "ergänzenden Vertragsauslegung" saniert Klauseln und hilft den Unternehmern zu einer Geltung im gesetzlich zulässigen Rahmen. Das OLG Wien beruft sich aber auf eine eindeutige Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), wonach diese Vorgangsweise ebenfalls unzulässig ist. Der Entfall einer gesetzwidrigen Klausel sei eine Strafe für jene Unternehmer, die missbräuchliche Klauseln mit Kunden vereinbaren. Dieser Strafzweck gehe verloren, wenn man eine "ergänzende Vertragsauslegung" zulasse.
OGH 4.9.2013, 7 Ob 118/13y
OLG Wien 17.10.2013, 1 R 142/13d
Volltextservice
Klagevertreter: Kosesnik-Wehrle& Langer, RAe-KG in Wien