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Urteile: OGH zu Fehler der Anlageberatung im Zusammenhang mit MEL-Zertifikaten

Oberster Gerichtshof stellt in AK Musterverfahren klar: Anlageberater haften, wenn sie Anleger nicht über die mit MEL verbundenen Risiken informiert haben, und zwar auch dann, wenn sich die Kursverluste aus einem Folgerisiko wie Kursmanipulationen des Wertpapieremittenten ergeben. Anleger, die auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Beratung vertrauen, und den Vertrag mit Risikohinweisen ungelesen unterschreiben, laufen Gefahr, dass sie ein Mitverschulden an dem entstandenen Schaden trifft.

Die Aussagen des OGH in den beiden AK-Musterverfahren zur Haftung für Folgerisiken gehen weit über die der Klage zu Grunde liegenden Einzelfälle hinaus und klären eine in sämtlichen Anlegerverfahren und in der Literatur bisher sehr umstrittene Rechtsfrage. Nämlich, ob Anlageberater, die schuldhaft ihren gesetzlichen Beratungspflichten nicht nachgekommen sind, auch für Schäden haften, die aus Gründen eingetreten sind, über die isoliert betrachtet nicht aufzuklären gewesen wäre wie beispielsweise ein allfälliges Marktrisiko. Der OGH setzt sich mit den bisherigen nicht ganz einheitlichen Entscheidungen ausführlich auseinander und bejaht für jene Fälle, bei denen die Verletzung der Informationspflicht, die Wahrscheinlichkeit des Risikoeintritts erhöht, die Haftung des Aufklärungspflichtigen. Erst durch die unrichtige Beratung, eine Anlage in MEL Zertifikate sei gleich sicher wie jene auf einem Sparbuch, wurden die Anleger zum Kauf der Zertifikate veranlasst, und das Risiko eines Schadens durch Kursmanipulationen - wie behauptet - überhaupt erst begründet.  Damit wird den Anlageberatern der in den Anlegerverfahren gegen die Anlageberater ständig bemühte Einwand abgeschnitten, wonach die Anlageberater zumindest insofern keine Haftung trifft als die Schäden der Anleger aufgrund von Kursmanipulationen und nicht aufgrund von mangelnder Beratung der Anleger entstanden sind. Die Entscheidungen des OGH (4 Ob 62/11p, 8 Ob 132/10k) schaffen die lang erwartete Klärung der bisher heftig umstrittenen Rechtsfrage zu Gunsten der Anleger, so die AK.

In einem der beiden Fälle muss EFS dem Anleger-Ehepaar den gesamten entstandenen Schaden von 12.283,05 Euro bezahlen. Im zweiten Fall muss EFS zwei Drittel der Zertifikate gegen Rückzahlung des Kaufpreises von 16.563,63 Euro zurücknehmen. Die Anlegerin trifft ein Mitverschulden von einem Drittel. Der OGH erachtete ein Mitverschulden von einem Drittel als vertretbar, wenn eine unerfahrene Anlegerin mit akademischer Bildung die Formulare mit den darin enthaltenen Risikohinweisen ungelesen unterschrieben hat. Selbst dann, wenn ihr der Berater erklärt hat, sie müsse das nicht lesen, es sei ohnedies alles besprochen worden und sie sich darauf verlassen hat.

Unerfahrene Anleger verlassen sich auf Berater
Nach Ansicht der AK berücksichtigt die Entscheidung nicht, dass sich unerfahrene Anleger immer auf die Zusicherungen des Beraters verlassen, und zwar unabhängig davon, welche Bildung sie haben und ob sie den Vertrag gelesen haben. Eine, wenn auch nur teilweise Entlassung der Berater aus der Haftung zu Lasten unerfahrener Anleger ist bei Verletzung der Beratungspflichten das falsche Signal an die Berater, die für die Anlageberatung immerhin Provisionen bekommen.

"Mitverschulden": Anleger müssen Verfahrenskosten zahlen
Für Anleger bedeutet das: Bei Mitverschulden müssen sie einen Teil der Verfahrenskosten selbst tragen, der ihnen den erstrittenen Betrag ziemlich auffrisst. So würden im Anlassfall von 16.563,63 Euro nach Abzug der Verfahrenskosten nur mehr 3.582,41 Euro übrigbleiben - das dann, wenn es kein Musterverfahren wäre oder auch, wenn keine Rechtschutzversicherung einspringen würde.

OGH 5.7.2011, 4 Ob 62/2011p
OGH 29.6.2011, 8 Ob 132/10k
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Klagevertreter: Deinhofer-Petri-Wallner Rechtsanwälte in Wien

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