Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat - im Auftrag des BMASK - die Volkskreditbank mit Verbandsklage wegen gesetzwidriger Klauseln bei Sparbuchverträgen geklagt.
Hinsichtlich vier der Klauseln hatte die Volkskreditbank - nach Ansicht der Vorinstanzen - mit dem Ersetzen der beanstandeten Klauseln durch neue - bereits eine Unterlassungserklärung abgegeben. Die Vorinstanzen verneinten daher die - für eine Verbandsklage notwendige - Wiederholungsgefahr.
Bezüglich der der Zinsanpassungsklausel hatten die Vorinstanzen die Gesetzwidrigkeit verneint: Sparzinsen seien Schwankungen unterworfen, dies sei der breiten Öffentlichkeit bekannt. Dass dies in Krisenzeiten - gekoppelt an die Entwicklung des Leitzinssatzes der EZB - zu einer "Nullverzinsung" führen könne, sei dem Verbraucher zumutbar, weil jeder Sparer sein Spargeld jederzeit beheben und anderswo veranlagen könne. Es liege somit kein Verstoß gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG vor. Die Klausel sei überdies weder intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, noch ungewöhnlich iSd § 864a oder sittenwidrig iSd § 879 Abs 3 ABGB.
Der OGH distanzierte sich nun von der Rechtsansicht der Vorinstanzen:
Zur Wiederholungsgefahr sprach er aus, dass nur die vollständige Unterwerfung unter den Anspruch einer gem. § 29 KSchG klageberechtigten Einrichtung wie dem VKI, die Wiederholungsgefahr nach stRspr beseitige. Eine vollständige Unterwerfung liege nicht vor, wenn der Unterlassungserklärung Einschränkungen oder Bedingungen beigefügt seien. Vielmehr müsse die Verwendung der Klauseln für die Zukunft "geradezu ausgeschlossen sein", und zwar sowohl für neu abzuschließende Verträge als auch für eine Berufung darauf in bereits bestehenden Verträgen. Rechtssicherheit für beide Seiten sei demnach entscheidendes Kriterium für die Frage der Wiederholungsgefahr. Unter Heranziehung jüngster Entscheidungen zu ähnlichen Fragen (4 Ob 227/06w; 8 Ob 110/08x und 2 Ob 153/08a) befand der OGH für diesen Fall Folgendes: Die Mitteilung der Beklagten müsse so verstanden werden, dass diese die neu formulierten Ersatzklauseln für zulässig hielt. Dies stelle eine die Wiederholungsgefahr nicht beseitigende Einschränkung der Unterlassungserkärung dar, unabhängig davon, ob die Ersatzklauseln mit den beanstandeten Klauseln "sinngleich" sind. Dem Kläger dürfe nicht aufgezwungen werden, die neu formulierten Ersatzklauseln erneut überprüfen zu müssen. Damit liege keine vollständige Unterwerfung unter den Anspruch des VKI vor, und die Wiederholungsgefahr sei damit nicht beseitigt. Dem Unterlassungsbegehren wurde daher stattgegeben.
Zur Zinsanpassungsklausel, die einen variablen - an den Leitzinssatz der EZB gebundenen - Zinssatz vorsah, der in der sog absoluten Berechnungsmethode zu einer "Nullverzinsung" führen kann, sprach der OGH Folgendes aus:
Die Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB beschränkt sich zwar auf vertragliche Nebenbestimmungen. Dass der Begriff der Hauptleistungspflicht nach hL und stRspr möglichst eng zu verstehen ist, und daher Bestimmungen, die die Preisberechnung in allgemeiner Form regeln (z.B. in welcher Form eine Preisanpassung bei geänderten Markverhältnissen erfolgt), nicht unter die Ausnahme fallen, führte zur - vom OGH vorgenommenen - Inhaltskontrolle der Klausel.
Daher war über die mögliche "für den sparenden Verbraucher gröblich benachteiligende Wirkung" der Klausel iSd § 879 Abs 3 ABGB zu entscheiden: Der OGH wies zwar darauf hin, dass der beklagten Bank ein grundsätzliches Interesse zuzubilligen sei, die Zinsen für (va längerfristig laufende) Spareinlagen an ändernde Rahmenbedingungen, insbesondere an die Gegebenheiten auf dem Finanzmarkt anzupassen.
Andererseits sei aus der Sicht der KonsumentInnen deren Interessen bei Spareinlagen mitzubedenken: Eine Spareinlage habe typischerweise Vermögensbildungs- und Gewinnerzielungsfunktion; sie sind durch eine gewisse längerfristige Dauer und den Veranlagungszweck der Verzinsung gekennzeichnet. Eine mögliche "Nullverzinsung" widerspreche daher den elementaren und gesetzlich angelegten Zwecken einer Spareinlage. Auch die - in der betreffenden Klausel festgelegte - Bindung des Zinssatzes an den Leitzinssatz der EZB diene im Ansatz nicht primär den Interessen von SparerInnen, sondern insbesondere der Liquiditätssicherung namentlich der Banken und den Finanzierungsmöglichkeiten von Unternehmen. Das legitime Interesse von SparerInnen bestehe dagegen darin, für ihre Einlagen möglichst hohe Zinsen zu lukrieren und nicht etwa durch niedrige Zinsen die Liquidität der Bank zu erhöhen. Da überdies der/die SparerIn auf eine Nullverzinsung nicht adäquat reagieren könne, weil sie ihre Einlage nur mit zusätzlichen finanziellen Nachteilen (va durch Einbehaltung einer sog Realisierungsgebühr durch die Bank) anderweitig veranlagen könne, sei die Klausel - so das Höchstgericht - für KonsumentInnen gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 und daher nichtig.
OGH 13.10.2009, 5 Ob 138/09v
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer