Zum Inhalt
Eine Hand füllt mit einem Kugelschreiber ein Dokument aus.
Bild: Chinnapong/shutterstock.com

OLG Wien: Ausschlussklauseln in Rechtsschutzversicherung unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die D.A.S. Rechtsschutz AG (D.A.S.) wegen zweier Klauseln geklagt, auf die sich Rechtsschutzversicherer stützen, um Deckungen bei COVID-19-bedingten Rechtsstreitigkeiten abzulehnen. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien bestätigte nun die Gesetzwidrigkeit dieser Klauseln. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Der VKI ging gegen die Ausnahmesituationsklausel und die Katastrophenklausel in den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung der D.A.S. vor. Wie schon das Erstgericht, beurteilte auch das OLG Wien diese Klauseln als unzulässig.

Klausel 1 (Ausnahmesituationsklausel):

Kein Versicherungsschutz besteht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit hoheitsrechtlichen Anordnungen durch Gesetze oder Verordnungen aufgrund einer Ausnahmesituation. (Art 7.1.2.)

Das OLG Wien schloss sich seiner bisherigen Rechtsprechung zu vergleichbaren Klauseln anderer Versicherungsunternehmen an und erachtete die Klausel ebenfalls als intransparent. Nach Auffassung des OLG Wien genügt die Klausel insgesamt nicht den Anforderungen des Transparenzgebots.

Zur Intransparenz trägt laut OLG Wien ua die Verwendung des Begriffs der „Ausnahmesituation“ bei, für welchen es an jeglicher Definition der „Regelsituation“ und der erforderlichen qualitativen und/oder quantitativen Abweichungen davon fehlt.

Das OLG Wien untersagte die Klausel, weil dem Verbraucher damit ein unklares Bild seiner vertraglichen Position vermittelt und er dadurch uU von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird. Laut OLG Wien ist von der D.A.S. sehr wohl zu verlangen, dass sie die Wechselwirkung zwischen der primären Risikoumgrenzung und den Risikoausschlüssen nachvollziehbar regelt.

Klausel 2 (Katastrophenklausel):

Kein Versicherungsschutz besteht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit Katastrophen; Eine Katastrophe liegt vor, wenn durch ein Naturereignis oder ein sonstiges Ereignis dem Umfang nach eine außergewöhnliche Schädigung von Menschen oder Sachen eingetreten ist oder unmittelbar bevorsteht. (Art 7.1.3.)

Auch diese Klausel ist laut OLG Wien intransparent und daher unzulässig. Das OLG Wien hat unlängst zu einer vergleichbaren Klausel eines anderen Rechtsschutzversicherers darauf hingewiesen, dass der Oberste Gerichtshof bereits ausgeführt hat, dass schon der Begriff des nicht näher umschriebenen „Ereignisses“ unbestimmt ist.

D.A.S. beruft sich zudem auf die Übernahme der Begriffsdefinition von „Katastrophe“ aus dem burgenländischen Katastrophenhilfegesetz. Das OLG Wien betont, dass die Übernahme einer Begriffsdefinition aus einem Landesgesetz die Beklagte nicht von ihrer Verpflichtung zur Einhaltung des Transparenzgebots entbindet.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand: 31.08.2022).

OLG Wien 21.07.2022, 3 R 23/22g

Klagsvertreter: Dr. Stefan LANGER, Rechtsanwalt in Wien

Lesen Sie mehr

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Unzulässige Ausschlussklausel der Generali Versicherung AG

Unzulässige Ausschlussklausel der Generali Versicherung AG

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die Generali Versicherung AG wegen einer Klausel geklagt, die den Versicherungsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit Akten der Hoheitsverwaltung ausschließt. Das Handelsgericht Wien gab dem VKI recht und erklärte die eingeklagte Klausel für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig.

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln bei Hapimag

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln bei Hapimag

Der VKI hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Das OLG Wien erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung.

Unterlassungserklärung der HDI Versicherung AG

Der VKI hat – im Auftrag des Sozialministeriums – die HDI Versicherung AG wegen einer Klausel in deren ARB 2018 idF vom 01.05.2021 abgemahnt. Diese Klausel sah zwar eine Anpassung der Versicherungssumme und der Versicherungsprämie an den VPI vor, nahm aber unter anderem die im Vertrag vorgesehenen Höchstentschädigungsleistungen von einer solchen Wertanpassung aus. Die HDI Versicherung AG gab am 15.07.2024 eine Unterlassungserklärung ab.

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

Der VKI klagte im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich die Allianz Elementar Versicherungs AG wegen deren Dauerrabattklausel und deren Kündigungsklausel. Das OLG Wien gab dem VKI Recht und erklärte die Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig. Versicherungsnehmer:innen, die aufgrund der Dauerrabattklausel eine Nachforderung bezahlt haben, können diese nun zurückfordern.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang