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OLG Wien: Ausschlussklauseln in Rechtsschutzversicherung unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die D.A.S. Rechtsschutz AG (D.A.S.) wegen zweier Klauseln geklagt, auf die sich Rechtsschutzversicherer stützen, um Deckungen bei COVID-19-bedingten Rechtsstreitigkeiten abzulehnen. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien bestätigte nun die Gesetzwidrigkeit dieser Klauseln. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Der VKI ging gegen die Ausnahmesituationsklausel und die Katastrophenklausel in den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung der D.A.S. vor. Wie schon das Erstgericht, beurteilte auch das OLG Wien diese Klauseln als unzulässig.

Klausel 1 (Ausnahmesituationsklausel):

Kein Versicherungsschutz besteht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit hoheitsrechtlichen Anordnungen durch Gesetze oder Verordnungen aufgrund einer Ausnahmesituation. (Art 7.1.2.)

Das OLG Wien schloss sich seiner bisherigen Rechtsprechung zu vergleichbaren Klauseln anderer Versicherungsunternehmen an und erachtete die Klausel ebenfalls als intransparent. Nach Auffassung des OLG Wien genügt die Klausel insgesamt nicht den Anforderungen des Transparenzgebots.

Das OLG Wien führt aus, dass zwar ein durchschnittlicher, auch nicht rechtskundiger Verbraucher und Versicherungsnehmer ein Verständnis für den „Begriffskern“ haben werde, allerdings bleibt unklar, ob und welche darüber hinausgehenden Konstellationen vom Ausschluss umfasst sind. Es ist für das OLG Wien nicht eindeutig, ob eine direkte Betroffenheit und ein Kausal- und Adäquanzzusammenhang im Rechtssinn Voraussetzungen für den Ausschluss sind. Umgekehrt werden nicht einfach alle rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen einer hoheitlichen Anordnung ausgeschlossen. Das OLG Wien beanstandet auch, dass auch offen bleibt, was genau eine „Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit hoheitsrechtlichen Anordnungen durch Gesetz oder Verordnung“ ist und ob es einen Unterschied macht, gegen wen Ansprüche verfolgt oder abgewehrt werden sollen (etwa die „anordnende Hoheit“ oder Dritte).

Zur Intransparenz trägt laut OLG Wien schließlich die Verwendung des Begriffs der „Ausnahmesituation“ bei, für welchen es an jeglicher Definition der „Regelsituation“ und der erforderlichen qualitativen und/oder quantitativen Abweichungen davon fehlt.

Das OLG Wien erachtete die Klausel daher als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG und untersagte die Klausel, weil dem Verbraucher damit ein unklares Bild seiner vertraglichen Position vermittelt und er dadurch uU von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird. Laut OLG Wien ist von der Beklagten sehr wohl zu verlangen, dass sie die Wechselwirkung zwischen der primären Risikoumgrenzung und den Risikoausschlüssen nachvollziehbar regelt.

Klausel 2 (Katastrophenklausel):

Kein Versicherungsschutz besteht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit Katastrophen; Eine Katastrophe liegt vor, wenn durch ein Naturereignis oder ein sonstiges Ereignis dem Umfang nach eine außergewöhnliche Schädigung von Menschen oder Sachen eingetreten ist oder unmittelbar bevorsteht. (Art 7.1.3.)

Auch diese Klausel ist laut OLG Wien intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG. Das OLG Wien hat unlängst zu einer vergleichbaren Klausel eines anderen Rechtsschutzversicherers darauf hingewiesen, dass der Oberste Gerichtshof bereits zu 7 Ob 118/20h ausgeführt hat, dass schon der Begriff des nicht näher umschriebenen „Ereignisses“ unbestimmt ist. Eine nähere Bestimmung des „sonstigen Ereignisses“ wird dem Versicherungsnehmer – wie das OLG Wien ausführt – weder durch seine Nennung als Alternative zum Naturereignis ermöglicht noch dadurch, dass es zum Eintritt oder dem unmittelbaren Bevorstehen einer „außergewöhnlichen“ Schädigung von Menschen oder Sachen führen muss, weil damit zweifelhaft bleibt, ob grundsätzlich jedes Schadensereignis vom Risikoausschluss erfasst sein soll, wenn es (etwa aufgrund einer Verkettung unglücklicher Umstände) letztlich zu einem größeren als dem üblicherweise bei vergleichbaren Ereignissen entstehenden Schaden führt, oder ob dafür eine dem Ereignis immanente verheerende Wirkung erforderlich ist und es sich bereits an sich um ein schweres Schadensereignis handeln muss, sodass es auch im allgemeinen Sprachgebrauch als Katastrophe bezeichnet würde.

Die Beklagte beruft sich zudem auf die Übernahme der Begriffsdefinition von „Katastrophe“ aus dem burgenländischen Katastrophenhilfegesetz. Das OLG Wien betont, dass die Übernahme einer Begriffsdefinition aus einem Landesgesetz die Beklagte nicht von ihrer Verpflichtung zur Einhaltung des Transparenzgebots entbindet.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand: 31.08.2022).

OLG Wien 21.07.2022, 3 R 23/22g

Klagsvertreter: Dr. Stefan LANGER, Rechtsanwalt in Wien

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