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Automatische Vertragsverlängerung bei Parship und Elitepartner unzulässig

Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums die PE Digital GmbH – Anbieterin der Online-Partnervermittlung „Parship“ (www.parship.at) und „Elitepartner“ (www.elitepartner.at). Anlass für die Klage waren zahlreiche Beschwerden von Konsument:innen, deren Premium-Mitgliedschaft bei Parship und Elitepartner automatisch um 12 Monate verlängert wurde. Das Handelsgericht Wien stufte diese Geschäftspraktik als irreführend und aggressiv ein. Zahlreiche mit der automatischen Vertragsverlängerung im Zusammenhang stehende Klauseln wurden für unzulässig erklärt und das betreffende E-Mail, das Konsument:innen vermeintlich vor der automatische Vertragsverlängerung hätte warnen sollen, wurde als unzureichend erachtet. Darüber hinaus hat es das Unternehmen verabsäumt, bei Vertragsverlängerungen auf das Rücktrittsrecht nach § 11 FAGG hinzuweisen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Mit der Anmeldung auf der Website von Parship bzw. Elitepartner entsteht zunächst die kostenlose Mitgliedschaft, um aber die für eine Partnersuche relevanten Leistungen nutzen zu können, müssen Konsument:innen eine kostenpflichtige Mitgliedschaft erwerben – hierzu gibt es die Möglichkeit von 6, 12 oder 24 Monaten. Abhängig von der ausgewählten Laufzeit variieren die Preise aktuell von EUR 29,90 bis 79,90 monatlich. Beispielsweise kostet somit eine 6-monatige Erstlaufzeit bei Parship gesamt EUR 449,40 (EUR 74,90 monatlich). Für jede der auszuwählenden Vertragsdauer (6/12/24 Monate) existieren eigene „produktbezogene Vertragsinhalte“ nebst den allgemein gehaltenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

In den AGB ist die automatische Vertragsverlängerung allgemein angeführt, die nähere Ausgestaltung ist jedoch einem eigenen Klauselwerk, nämlich den produktbezogenen Vertragsinhalten, vorbehalten, wo wiederum eine Kündigungsfrist mit 12 Wochen vor Ablauf der eingegangenen Laufzeit angegeben ist, der diesbezügliche Hinweis erfolgt wiederum in Form eines weiteren E-Mails mit 98 Tagen vor diesem Zeitpunkt.

Wird die Premium-Mitgliedschaft nicht rechtzeitig gekündigt, tritt daher nach Ablauf der Erstlaufzeit eine automatische Vertragsverlängerung von 12 Monaten ein. 98 Kalendertage vor dem Ablauf der 6/12/24 Monate dauernden Mitgliedschaft erhalten Kund:innen vom Kundenservice ein E-Mail mit dem Betreff

„Informationen zu Ihrem aktuellen Profil: Hinweis auf Laufzeit und die automatische Vertragsverlängerung Ihrer Mitgliedschaft“

und nachfolgendem Text

„Nachricht zu Ihrem Profil

Sehr geehrtes Parship- (bzw. ElitePartner-) Mitglied,

wir freuen uns, dass Sie sich für den Service von Parship entschieden haben und hoffen, dass Sie bislang zufrieden waren und bereits interessante Kontakte geknüpft haben.

Wir möchten Sie auf Informationen zur Laufzeit und die automatische Vertragsverlängerung Ihrer Mitgliedschaft hinweisen, sofern Sie diese nicht rechtzeitig kündigen. Alle Informationen dazu finden Sie in Ihrem persönlichen Profil. Klicken Sie einfach hier.“

Wird der Link „Klicken „Sie einfach hier“ angeklickt, wird man nach Eingabe der Benutzerdaten und des Passworts auf die Seite „Profil verwalten“ weitergeleitet. Erst hier findet sich ein Hinweis, bis wann die Kündigung zu erklären ist.

Gesetz- und Wettbewerbswidrigkeit

Das HG Wien urteilte nunmehr, dass das E-Mail bezüglich der automatischen Vertragsverlängerung nicht ausreichend die Warnfunktion erfüllt und damit ein Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 2 KSchG vorliegt.

Erklären Kund:innen nicht ausdrücklich die Kündigung des Vertrags, wird diesem Schweigen die Erklärung beigemessen, Kund:innen wünschen die automatische Vertragsverlängerung (sog. Erklärungsfiktion). Eine wirksame Vereinbarung einer Erklärungsfiktion gemäß § 6 Abs 1 Z 2 KSchG erfordert, dass der zugrundeliegende Vertrag eine Frist für die Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung, also einer Kündigung, ebenso vorsieht wie die Verpflichtung des Unternehmers, die Verbraucher zu Beginn dieser Frist auf die Bedeutung ihres Verhaltens eigens hinzuweisen (beispielsweise mittels E-Mail).

Das betreffende Erinnerungsmail enthält allerdings weder die Vertragsdauer noch die Kündigungsfrist. Kund:innen können diesem E-Mail daher nicht entnehmen, dass und binnen welcher Frist ein Handeln erforderlich ist, um eine automatische Vertragsverlängerung zu verhindern. Diese Informationen können wiederum nur durch ein aktives Tätigwerden der Kund:innen im Profilbereich abgerufen werden, in dem der im Mail enthaltenen Link angeklickt und die Login-Daten eingegeben werden. Laut Handelsgericht Wien ist dies unzureichend. Das E-Mail erfüllt nicht die erforderliche Warnfunktion und ist damit unzulässig im Lichte des § 6 Abs 1 Z 2 KSchG.

Auch der Betreffzeile „Information zu Ihrem aktuellen Profil: Hinweis auf Laufzeit und die automatische Vertragsverlängerung Ihrer Mitgliedschaft“ können Kund:innen nicht entnehmen, dass dieses E-Mail auf die automatische Vertragsverlängerung hinweist. Aufgrund der Länge der Betreffzeile ist es vom verwendeten Gerät der Kund:innen abhängig, ob diesen überhaupt die gesamte Betreffzeile angezeigt wird. Da sich der Hinweis zur „automatischen Vertragsverlängerung“ am Ende der Betreffzeile befindet, ist es durchaus denkbar, dass gerade dieser Teil (durch Punkte ersetzt) bei Kund:innen am Gerät nicht aufscheint.

Das Handelsgericht sieht darin auch eine irreführende sowie aggressive Geschäftspraktik im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Hinzu kommt, dass damit Kund:innen, die die Plattform nicht mehr aktiv benutzen, in den Mitgliederzahlen von Parship bzw. Elitepartner abgebildet werden; damit werden sowohl aktive Mitglieder als auch potentielle Vertragspartner über die Anzahl der tatsächlich aktiven Mitglieder getäuscht.

Unzulässige Klauseln

Auch zahlreiche Klauseln, die mit der automatischen Vertragsverlängerung in Zusammenhang stehen, wurden vom Handelsgericht Wien für unzulässig erklärt. Die unzulässigen Klauseln fanden sich einerseits in den AGB von Elitepartner und Parship (diese wurden in den neueren AGBs nunmehr leicht abgeändert), andererseits in den „produktbezogenen Vertragsinhalten“ der 6/12/24-monatigen Erstlaufzeit. Dort sind die entsprechenden für unzulässig erklärten Klauseln auch nach wie vor unverändert zu finden.

In den AGB fand sich die Formulierung, dass sich der Vertrag über die kostenpflichtige Premium-Mitgliedschaft automatisch um die jeweils vertraglich vereinbarte Laufzeit verlängert. Mit dem Wort „jeweils“ wurde suggeriert, dass es sich hier um die ursprünglich vereinbarte Laufzeit von 6/12/24 Monaten handelt und sich der Vertrag eben um diese jeweilige vereinbarte Laufzeit verlängert. Eine automatische Vertragsverlängerung um 12 Monate in den produktbezogenen Vertragsinhalten ist allerdings auch bei Erstverträgen mit 6-monatiger Laufzeit vorgesehen, was einer Verdoppelung der ursprünglich vereinbarten Vertragslaufzeit entspricht. Aus der Formulierung in den AGB allein war daher nicht erkennbar, dass es sich dabei um eine 12-monatige Verlängerung handelt. Die Bestimmungen in den produktbezogenen Vertragsinhalten und den AGB waren damit widersprüchlich. Das HG Wien sprach hierzu aus, dass Konsument:innen keinesfalls mit einer in den AGB abweichenden Verlängerungsdauer rechnen müssen (§ 864a ABGB). Die Konsument:innen konnten sich aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch nicht zuverlässig und ausreichend über die Dauer der Verlängerung des Vertrags informieren, was die Klausel intransparent macht (§ 6 Abs 3 KSchG).

Auch erachtete das Handelsgericht Wien die den Konsument:innen gewährte Überlegungsfrist von zwei Wochen als nicht ausreichend: Laut den produktbezogenen Vertragsinhalten weist Parship ihre Kund:innen 98 Kalendertage (=14 Wochen) vor Ablauf des kostenpflichtigen Dienstes per E-Mail auf die automatische Verlängerung im Falle des Unterbleibens einer Kündigung hin. Eine ordentliche Kündigung ist jedoch bis spätestens 12 Wochen vor Laufzeitende zu erklären, damit bleibt Kund:innen eine 2-wöchige Frist zur Abgabe der Kündigung, um die automatische Vertragsverlängerung und damit das Eintreten der Erklärungsfiktion zu verhindern. Das HG Wien urteilte, dass diese Frist nicht angemessen im Sinne des § 6 Abs 1 Z 2 KSchG ist.

Bezüglich Elitepartner wiesen weder die produktbezogenen Vertragsinhalt noch die AGB eine Frist auf, innerhalb der sich Elitepartner verpflichtet, Konsument:innen auf die automatische Vertragsverlängerung durch Stillschweigen gesondert hinzuweisen. Allein schon aus diesem Grund war die automatische Vertragsverlängerung bei Elitepartner unzulässig.

Auch zur 12-monatigen Erstvertragslaufzeit sprach das HG Wien die Unzulässigkeit der zugehörigen Klauseln aus, da diese einen unangemessen langen Ausschluss des Kündigungsrechts bewirkt. Kündigen Konsument:innen nach einem Jahr der Vertragsverlängerung nicht, haben sie schließlich wiederum erst eine Kündigungsmöglichkeit nach einem weiteren Jahr. Die Klausel stellt daher sowohl einen Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB als auch einen solchen gemäß § 864a ABGB und § 6 Abs 3 sowie § 6 Abs 1 Z 1 u. Z 2 KSchG dar.

Übermäßig lange ist insbesondere auch die 24-monatige Vertragsbindung ohne Kündigungsmöglichkeit, was ebenso einen Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 1 KSchG darstellt. Darüber hinaus können Verträge über wiederkehrende Leistungen, die für eine ein Jahr übersteigende Zeit abgeschlossen worden sind, gemäß § 15 KSchG unter Einhaltung einer 2-monatigen Kündigungsfrist zum Ablauf des ersten Jahres, danach zum Ablauf jeweils eines halben Jahres gekündigt werden. Die Klausel verstößt damit auch gegen § 15 KSchG, ist gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB sowie intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG.

Rücktrittsrecht - Verstoß gegen § 11 FAGG

Das hinter Elitepartner und Parship stehende Unternehmen verabsäumte es auch, auf das Rücktrittsrecht nach § 11 FAGG hinzuweisen. Gemäß §§ 11, 12 FAGG können Verbraucher:innen von einem im Fernabsatz geschlossenen Vertrag binnen 14 Tagen ab Erhalt der Rücktrittsbelehrung ohne Angabe von Gründen zurücktreten. Über dieses Recht hat der Unternehmer gemäß § 4 Abs 1 Z 8 FAGG vor Abgabe der Vertragserklärung unter Zurverfügungstellung des Musterwiderrufsformulars in klarer und verständlicher Weise zu informieren.

§ 11 FAGG beschränkt sich dabei nicht nur auf erstmalige Vertragsabschlüsse, sondern ist auch auf Verlängerung eines bestehenden, befristeten Vertragsverhältnisses oder bei inhaltlicher Änderung eines bestehenden Vertragsverhältnisses anzuwenden. Mit der automatischen Vertragsverlängerung tritt nicht nur eine Änderung des Vertrages in Bezug auf die Dauer ein (nämlich Verlängerung um 12 Monate bei ursprünglicher Vertragsdauer von 6 Monaten oder 24 Monaten), sondern wird dadurch auch regelmäßig der Mitgliedschaftspreis erhöht.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand 29.03.2022).

HG Wien 09.03.2022, GZ 57 Cg 32/19k

Klagsvertreterin: Dr. Anne Marie Kosesnik-Wehrle

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Die für unzulässig erklärten Klauseln:

AGB Parship Stand 19.03.2019

Die Frist für die ordentliche Kündigung der kostenpflichtigen Mitgliedschaft (sogenannte Premium-Mitgliedschaft) ergibt sich aus den produktbezogenen Vertragsinhalten, die im Rahmen des Bestellvorganges vom Kunden bestätigt werden. […]Der Vertrag über die kostenpflichtige Mitgliedschaft (Premium-Mitgliedschaft) verlängert sich automatisch um die jeweils vertraglich vereinbarte Laufzeit, sofern der Kunde seinen Vertrag nicht gem. Ziffer 5.2 ordentlich kündigt. Beim erstmaligen Kauf einer Premium-Mitgliedschaft wird der Kunde mit Erhalt der Bestellbestätigung über die jeweilige Laufzeit, das Datum des Vertragsendes und die Dauer der Verlängerung bei nicht rechtzeitiger Kündigung informiert. Parship weist den Kunden vor Ablauf des kostenpflichtigen Dienstes per E-Mail auf die automatische Verlängerung im Falle des Unterbleibens einer Kündigung durch den Kunden hin. Näheres ist den produktbezogenen Vertragsinhalten zu entnehmen.“

 

AGB Elitepartner Stand 19.03.2019:

„Innerhalb unserer produktbezogenen Vertragsinhalte, die Sie während des Bestellvorgangs bestätigen, findet sich die ordentliche Kündigungsfrist für die entgeltpflichtige Mitgliedschaft. […] Erfolgt durch den Kunden keine Kündigung gem. Ziffer 5.2, verlängert sich der Vertrag über die entgeltpflichtige Mitgliedschaft automatisch nach Maßgabe der produktbezogenen Vertragsinhalte, welche Sie während des Bestellvorgangs akzeptiert haben. Innerhalb unserer Bestellbestätigung informieren wir Sie im Übrigen auch über die Dauer einer möglichen Verlängerung bei nicht fristgerechter Kündigung. Wir weisen Sie vor Ablauf des kostenpflichtigen Dienstes per E-Mail auf die automatische Verlängerung im Falle des Unterbleibens einer Kündigung hin. Näheres entnehmen Sie bitte den produktbezogenen Vertragsinhalten.“

 

Geraffter Wortlaut der unzulässigen Klauseln in den „produktbezogenen Vertragsinhalten“:

„Die Premium-Mitgliedschaft ist ordentlich kündbar, und zwar spätestens zwölf Wochen vor Laufzeitende.

[…]

Ihre Premium-Mitgliedschaft verlängert sich künftig automatisch jeweils um weitere zwölf Monate zum Preis von […] EUR pro Monat (insgesamt […] EUR), es sei denn, Sie kündigen ordentlich entsprechend der vorbenannten Kündigungsfrist zum Laufzeitende.

[…]

Parship weist den Kunden 98 Kalendertage vor Ablauf des kostenpflichtigen Dienstes per E-Mail auf die automatische Verlängerung im Falle des Unterbleibens einer Kündigung durch den Kunden hin.“

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