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Urteil LG Klagenfurt: unzulässige Klauseln im Heimvertrag AHA Seniorenzentrum Grafendorf

Der VKI ging - im Auftrag der AK Kärnten - gegen die AGB der AHA Seniorenzentrum Grafendorf GmbH vor. Ursprünglich wurden 25 Klauseln abgemahnt. Da nicht bei allen Klauseln die geforderte uneingeschränkte Unterlassungserklärung abgegeben wurde, hat der VKI wegen 7 Klauseln die Klage eingebracht. Hinsichtlich 2 Klauseln kam es im Laufe des Verfahrens zu einem Anerkenntnis der Beklagten. Die restlichen 5 eingeklagten Klauseln hat das LG Klagenfurt nun für gesetzwidrig erklärt. Das Urteil ist rechtskräftig.

Das AHA Seniorenzentrum Grafendorf in Gundersheim gehört zur AHA-Gruppe der AOS-GmbH (Zentrale), ist jedoch rechtlich eigenständig. Die AHA-Gruppe betreibt mehrere Seniorenheime überwiegend in Kärnten. Nach Ansicht des VKI fanden sich mehrere unzulässige Klauseln im Heimvertrag des Seniorenzentrums Grafendorf. Da diese Klauseln zusammengefasst gegen diverse Bestimmungen im Konsumentenschutzgesetz (KSchG) und des ABGB verstoßen, wurde der Heimträger hinsichtlich 25 Klauseln vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) abgemahnt und in weiterer Folge wegen 7 Klauseln geklagt, weil keine uneingeschränkte Unterlassungserklärung zu allen Klauseln abgegeben wurde.

Zu 2 Klauseln gab die Beklagten bereits in der Verhandlung ein Anerkenntnis ab, weshalb hierzu ein Teilanerkenntnisurteil erging. Auch bei den restlichen 5 Klauseln gab das LG Klagenfurt dem VKI recht und erachtete diese als unzulässig. Die Beklagte ging dagegen nicht mit Berufung vor, das Urteil ist daher rechtskräftig.

Folgende 7 Klauseln wurden eingeklagt:
 

  1. [II. 3.] Der Bewohner kann das Vertragsverhältnis jederzeit ohne Angabe von Gründen schriftlich unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist zum jeweiligen Monatsletzten kündigen. Sollte der Bewohner das Heim bereits vor Ablauf der Kündigungsfrist verlassen, ist er hinsichtlich der Zeit ab dem Verlassen des Heimes nur verpflichtet, das Wohnentgelt (verminderter Sockelbetrag plus gesetzlicher Umsatzsteuer von derzeit 10 %) bis zum Ende der Kündigungsfrist zu bezahlen.

    Zu Klausel 1 gab die Beklagte ein Anerkenntnis ab, weshalb hierzu ein Teilanerkenntnisurteil erging.
     
  2. [III.6] […] Bei Nichtübernahme der Kosten durch das Land Kärnten aus welchen Gründen auch immer verpflichtet sich der Bewohner, die Kosten gemäß Punkt 1.3. aus eigenem zu tragen. Sofern im Auftrag des Bewohners ein Antrag auf Kostenübernahme beim Land Kärnten gestellt wird, hat der Bewohner unabhängig vom Ausgang dieses Antrages hierfür an AHA einen Verwaltungskostenbeitrag in Höhe von € 150,00 (inklusive gesetzlicher Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen ab Antragstellung zu bezahlen.

    Diese Klausel erachtete das LG Klagenfurt als intransparent iSd § 27d Abs 4 KSchG. Eine Differenzierung hinsichtlich der Gründe der Nichtübernahme, wie etwa ob es sich um eine unrichtige Antragstellung durch die Beklagte oder die Geltendmachung von Entgeltminderungsansprüchen (§ 27f KSchG) handelt, nimmt die Klausel nicht vor (vgl. 7 Ob 22/20s). Dadurch erhält der Heimbewohner keine klare und verlässliche Information über seine Rechtsposition, sondern wird von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten. Weiters betrachtet das LG die Klausel gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB. Eine sachliche Rechtfertigung für die Verpflichtung zur Kostentragung bei Nichtübernahme durch das Land Kärnten aus welchen Gründen auch immer kann nicht erblickt werden. Auch der Verwaltungskostenbeitrag iHv € 150,- wurde als unzulässig erklärt, weil ihm keine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht.
     
  3. [IV.4.] Nach Beendigung des Betreuungsverhältnisses und Abdeckung der unter Punkt 2. genannten Kosten sowie allfälliger sonstiger Ansprüche ist die verbleibende Kaution samt darauf angefallener Zinsen an den Bewohner bzw. dessen Nachlass zurückzuzahlen.

    Zu Klausel 3 gab die Beklagte ein Anerkenntnis ab, weshalb hierzu ein Teilanerkenntnisurteil erging.
     
  4. [VIII.2.] Beschädigungen jeglicher Art, die vom Heimbewohner an Sachen, die AHA oder Dritten gehören, verursacht werden, sind vom Bewohner umgehend der Heimleitung oder der Pflegeleitung zu melden und sind, sofern die Beschädigung vom Heimbewohner schuldhaft (vorsätzlich oder fahrlässig) verursacht wurde, die Kosten für die Schadensbehebung vom Bewohner zu tragen, wobei die Abdeckung dieser Kosten aus der vom Bewohner erlegten Kaution (Punkt IV.) erfolgen kann.

    Hier folgte das Gericht der Ansicht des VKI und erkannte, dass gemäß § 27g Abs 2 KSchG der Heimträger eine vom Bewohner erlegte Kaution nur zur Abdeckung von Entgelt-, Schadenersatz- oder Bereicherungsansprüchen gegen den Bewohner verwenden darf. Die von der Beklagten hierzu abgegebene Unterlassungserklärung bzw das Vergleichsanbot waren unzureichend, weshalb das Gericht einen Wegfall der Wiederholungsgefahr verneinte.
     
  5. [XI.]  AHA stehen folgende Rechte zu:
    […]
    d) Recht auf Verständigung bei vorübergehender Abwesenheit des Bewohners


    Nach Ansicht des LG Klagenfurt liegt hier ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor. Bei kundenfeindlichster Auslegung der Klausel ergibt sich zudem, dass selbst bei demenzerkrankten Bewohnern, welche ihrer Abmeldungsverpflichtung nicht nachkommen können, dies zu einer Minderung der Abwesenheitsvergütung oder ihnen auferlegten Suchkosten führen würden.
     
  6. [XII.3.] Verletzt der Bewohner die Verpflichtung gemäß Punkt XII.2. oder verwahrt oder trägt der Bewohner Wertsachen selbst, so erfolgt dies auf eigenes Risiko des Bewohners und ist AHA von jeder diesbezüglichen Haftung frei, außer AHA hat einen diesbezüglichen Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldet. [XII.2.] Für die im Punkt 1 hinterlegten Gegenständen wird bei der Aufnahme ein entsprechendes Verzeichnis angelegt. Wenn während der Vertragsdauer Wertsachen hinzukommen, sind diese ebenso von AHA zu verwahren und ist das Verzeichnis entsprechend anzupassen. Wenn umgekehrt vom Bewohner verwahrte Wertsachen zur persönlichen Verwahrung oder zur Übergabe an Dritte entnommen werden, ist dies im Verzeichnis entsprechend zu vermerken.

    Die Klausel normiert einen umfassenden Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit, welcher nach Ansicht des Gerichts gröblich benachteiligend im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB ist. Zudem bejahte das LG Klagenfurt, dass hier die Gastwirtehaftung nach § 970 ff ABGB angenommen werden kann, da die Beherbergung von Personen der wesentliche Zweck des Betriebs ist und nicht etwa eine Heilbehandlung. Die Klausel verstößt auch gegen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG.
     
  7. [XIV.2.] Die vollständige Räumung des Zimmers von den persönlichen Fahrnissen des Bewohners hat innerhalb von 3 Tagen ab dem Ableben des Bewohners zu erfolgen.

    Das Gericht erachtete die Klausel als intransparent nach § 6 Abs 3 KSchG. Durch die Klausel wird eben nicht über die Vorgangsweise des Heimträgers bei Beendigung des Vertragsverhältnisses informiert. Es verbleibt unklar, wie nach Ablauf der dreitägigen Frist die Räumung der verbliebenen Fahrnisse erfolgt und wo diese sodann gelagert werden. Die Auswirkungen verbleiben auch insofern unklar, als dass nicht hervorgeht, ob für die Räumung oder die von der Beklagten vorgenommenen Lagerung Kosten anfallen.

LG Klagenfurt 31.03.2023, 50 Cg 66/22m

Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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Anmerkung: Zu folgenden Klauseln gab die AHA Seniorenzentrum Grafendorf GmbH in Folge der Abmahnung eine Unterlassungserklärung ab:

[I.5] AHA haftet nicht für die Angemessenheit der Betreuung und Pflegeleistung, wenn nach Maßgabe der Beurteilung des betreuenden Arztes der Bewohner
a) wegen Krankheit oder Leiden in einem Krankenhaus behandelt werden sollte oder
b) eine hochgradige psychische Veränderung vorliegt, deren Behandlungen im Haus Grafendorf nicht vorgesehen und auch nicht möglich ist.

[I. 6.] Nichtinanspruchnahme von vertragsmäßigen Leistungen des Pflege- und Betreuungsbedarfes berechtigen nicht zur Rückforderung anteilsmäßiger Heimkosten.

[1.8] Zum Zwecke der Zuordnung der Wäsche zum Bewohner ist jedes einzelne Wäschestück bei der Aufnahme des Bewohners mit einem dauerhaften Wäsche-Namens-Etikett (,,Patch") zu versehen („Patching"). Sofern bei Aufnahme nicht sämtliche Wäschestücke bereits mit geeigneten Patches versehen sind, werden diese von AHA angebracht, wofür der Bewohner eine Patching-Gebühr in Höhe von € 40,00 (inklusive gesetzlicher Mehrwertsteuer) an AHA binnen 14 Tagen ab Durchführung des Patching zu bezahlen hat.

[II.2.] Das Vertragsverhältnis ist von AHA aus folgenden Gründen kündbar:
a) Unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist jeweils zum Monatsletzten, wenn der Betrieb des Heimes eingestellt, wesentlich eingeschränkt oder in seiner Art grundlegend verändert wird;

[III. 1.] Der Bewohner verpflichtet sich, als Entgelt für die von AHA erbrachten Leistungen zur Zahlung
a) Eines monatlichen Wohn- und Pflegeentgeltes (Basis), welches sich zusammensetzt aus dem jeweiligen Sockelbetrag
b) dem jeweiligen der Pflegestufe des Bewohners entsprechenden Pflegegeld
c) und der gesetzlichen Umsatzsteuer (derzeit 10 %) auf die Beträge gemäß lit.a) und lit.b) zusammensetzt.

Davon ausgehend errechnet sich das derzeit vom Bewohner zu leistende Entgelt wie folgt:

Pflegestufe des Bewohners bei Eintritt:

Wohn- und Pflegeentgelt(Basis) lt. Beiliegender Beilage: […]
Pflegegeld (aktuelle Einstufung): […]
Nettosumme: […]
10% Umsatzsteuer: […]
Gesamtsumme je Monat: […]

[III. 5] Festgehalten wird weiters, dass der vom Bewohner zu leistende Sockelbetrag gemäß Pkt. 1 dem im Falle der Kostentragung durch das Land Kärnten vom Land Kärnten für jeden Heimbewohner zu leistenden Grundentgelt entspricht und sich sohin in dem Maße verändert, wie sich das vom Land Kärnten zu leistenden Grundentgelt verändert. AHA ist für den Fall von Entgelt(Tarif-)Erhöhungen verpflichtet, diese jedenfalls 30 Tage vor dem Zeitpunkt, zu dem sie wirksam werden sollen, dem Bewohner schriftlich bekannt zu geben.

[III.8.] Bei einem Aufenthalt in einer Krankenanstalt wird das Pflegegeld aliquot gegengerechnet.

[III.12.] Während für den Sockelbetrag die Regelung des Absatzes 5 dieses Vertragspunktes gelten und sich die jeweilige Höhe des Pflegegeldes aus der aktuellen Fassung des Bundespflegegeldgesetzes (BPGG) ergibt, wird für alle sonstigen, in diesem Vertrag geregelten Beträge ausdrücklich eine jährliche Erhöhung um 3% vereinbart. Diese Erhöhung erfolgt jeweils zum Jahreswechsel unabhängig davon, wann der Bewohner aufgenommen wurde. Der neue, erhöhte Betrag ist sodann jeweils die Basis für die Berechnung der nächsten 3%igen Erhöhung.

[III.14] Sofern dem Bewohner Förderungen, Beihilfe und dgl. aufgrund gesetzlicher Bestimmungen gegen das Land oder Förderstellen zustehen und/oder dritte Personen sich vertraglich verpflichtet haben, die Unterbringungskosten des Bewohners zu übernehmen, tritt dieser hiermit derartige Forderungen an die AOS GmbH, Ringmauergasse 3, 9500 Villach, FN 112553 w, auch zur  Geltendmachung ab und nimmt die AOS GmbH diese Abtretung hiermit an.
In diesem Zusammenhang erteilt der Bewohner der AHA  ausdrücklich die Vollmacht, in seinem Namen gegenüber derartigen Behörden, Förderstellen oder natürlichen Personen aufzutreten, Auskünfte und Akteneinsicht zu verlangen sowie allenfalls erforderlich Anträge zu stellen.

[III.15.] Bei Einzug hat der Bewohner eine Vorauszahlung auf die Eigenleistung in Höhe von € 1000,00 zu leisten. Diese wird dann bei erfolgter Pensionsteilung bei der Gesamtforderung der Eigenleistung in Abzug gebracht. Dies gilt für Bewohner für welche ein Antrag gem. III.6 gestellt wird

[V.2.] Als Sonderleistungen gelten:
 a) Sonderleistungen, die über die vertragsgemäßen Leistungen laut Punkt I. hinausgehen, insbesondere (…) -Pflegeartikel bzw. Spezialprodukte, welche über die für eine Grundpflege unerlässliche Grundausstattung hinausgehen und auf Wunsch des Bewohners von AHA besorgt werden.

[VII.1.] Der Bewohner bzw. der finanzielle Verwalter verpflichtet sich, im Falle eines Antrags auf Kostenübernahme beim Amt der Kärntner Landesregierung oder einer anderen adäquaten Sozialförderungsstelle die Pensionsteile in der Höhe von 80% (Eigenleistung) auf dem Pensionskonto ruhen zu lassen. Diese Eigenleistung wird von AHA an das Amt der Kärntner Landesregierung bzw. die jeweilige Sozialförderungsstelle angewiesen, wobei die erste Anweisung bereits vor Vorliegen der Kostenübernahmeentscheidung zu erfolgen hat.

[VIII.1.] Der Bewohner bestätigt, sein Zimmer in einem ordentlichen, unbeschädigten und sauberen Zustand übernommen zu haben, und verpflichtet sich, bei Beendigung des Vertragsverhältnisses dieses Zimmer im ordentlichen und sauberen Zustand an AHA zu übergeben.

[XI.]  AHA stehen folgende Rechte zu:
b) Recht auf Verständigung von wesentlichen Veränderungen der finanziellen Verhältnisse des Bewohners oder der festgesetzten Pflegestufe binnen 7 Tagen nach Bescheidzustellung;
c) Recht auf Verständigung für den Fall der Beschädigung des Zimmers, dessen Einrichtung oder der allgemeinen Einrichtungen oder behaupteter Mängel in Betreuungs- und Pflegeleistungen, wenn hieraus Ansprüche gegen AHA abgeleitet werden sollen;

[XII.4.] Auch außerhalb der Verwahrung von Wertsachen ist eine Haftung von AHA ausgeschlossen, sofern ein Schaden bloß leicht fahrlässig verschuldet wurde.

[XV.2.] Allfällige mit diesem Vertrag verbundenen Gebühren trägt der Bewohner.

[XV.4.] Für alle Streitigkeiten aus diesem Pflegevertrag wird auch für die Zeit nach der Auflösung desselben die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes Villach ausdrücklich vereinbart.

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